Die Martin-Baker Aircraft Company ist ein Pionier und heute Weltmarktführer bei der Entwicklung und Herstellung von Schleudersitzen und ehemaliger Flugzeugbauer. Der Unternehmenssitz befindet sich in Higher Denham (Buckinghamshire, Vereinigtes Königreich). Nach Unternehmensangaben retteten Schleudersitze von Martin-Baker über 7700 Piloten das Leben.[1]
Heute stellt die Firma außer Schleudersitzen noch Sitze für Hubschrauber sowie Hitzeschilde und Fallschirme für Raumfahrzeuge her.
Die Martin Baker Aircraft Company Limited wurde 1934 von James Martin (1893–1981) (ab 1965: Sir James Martin[2]) und Captain Valentine Baker (MC, DFC) (1888–1942) als Martin's Aircraft Works gegründet und stellte damals noch Flugzeuge her. Valentine Baker starb am 12. September 1942 beim Testflug mit dem Prototyp der Martin-Baker M.B.3.
Seit 1944 beschäftigte sich das Unternehmen auch mit der Entwicklung von Schleudersitzen. Bald stellte sich heraus, dass Federsysteme nicht ausreichen und nur Raketen- oder Explosionssysteme eine entsprechende Leistung liefern. Der erste Schleudersitz der Firma wurde am 24. Juli 1946 an Bord einer Gloster Meteor bei 510 km/h in 2.500 m Höhe durch Bert Lynch getestet.
Der erste Einsatz in einer Notfallsituation erfolge durch einen britischen Piloten in einem Armstrong Whitworth A.W.52-Experimentalflugzeug im Mai 1949.
Die heute von Martin-Baker für alle amerikanischen Kampfflugzeuge hergestellten Schleudersitze sind 0/0-fähig, das heißt, sie sind bei einer Geschwindigkeit und Höhe von Null vollkommen funktionsfähig.
Da ab den 1990ern auch Frauen an Kampfeinsätzen teilnehmen dürfen, wurde es notwendig, die Schleudersitze an deren körperliche Konstitution anzupassen.[3][4]
Mark 1 – eingebaut in E.E. Canberra, Gloster Meteor, Hawker Hunter, Hawker Sea Hawk, Supermarine Attacker, Westland Wyvern, Avro Canada CF-100 Canuck und Supermarine Swift
Die Mitgliedschaft im Ejection Tie Club ist Piloten vorbehalten, deren Leben durch einen Martin-Baker-Schleudersitz gerettet wurde.[6] Jedes Clubmitglied erhält ein Zertifikat, eine Mitgliedskarte, ein Abzeichen, Krawatte, Anstecknadel oder bei Frauen eine Brosche. Alle diese Erinnerungsstücke sind mit dem internationalen Warnzeichen für Schleudersitze, einem roten Dreieck, versehen.
Der erste Pilot, der in den Ejection Tie Club aufgenommen wurde, war ein Pilot der Royal Air Force, der 1957 über dem damaligen Rhodesien abstürzte. Der Club hat heute über 6000 Mitglieder.
Am 8. November 2011 wurde ein Pilot des Red Arrows Kunstflugteams der Royal Air Force bei der Überprüfung seines Hawk T1 Jets vor einem Flug auf der Luftwaffenbasis RAF Scampton über 60 m in die Luft geschleudert und getötet, als sich sein Schleudersitz vom Typ Mark 10B löste, der Fallschirm sich jedoch nicht öffnete. Eine gerichtliche Untersuchung stellte die Schuld des Herstellers am Tod fest, da eine Schraube zu fest angezogen worden war und so das Öffnen des Fallschirms verhindert wurde. Die Fehlauslösung wurde nicht durch einen Fehler des Herstellers ausgelöst, wie eine weitere Untersuchung vorher ergeben hatte. Der Hersteller erkannte seine Verantwortung für den Tod des Piloten an und erklärte sich bereit die Prozesskosten von 550.000 £ zusätzlich zur Geldstrafe von 1,1 Millionen £ zu übernehmen.[7]
↑Lebenslauf von James Martin. Martin-Baker Aircraft Company, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 18. Juni 2012; abgerufen am 27. März 2014 (englisch).
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Stefan Schmitt: Dem Himmel so nah. Wie moderne Schleudersitze technische Meisterleistungen vollbringen. In: Zeit Wissen. Nr.1, 10. Dezember 2008, S.68–71: „In dem Moment, in dem das Rohr in der Rückenlehne und das am Cockpitboden getrennt sind, lässt der Schub schlagartig nach. Für die Ingenieure war dies lange ein Problem: Verwendeten sie eine zu schwache Treibladung, kam der Pilot nicht sicher aus dem Flugzeug. War sie zu stark, riskierten sie Verletzungen am Rückgrat. Das Problem verschärfte sich zusätzlich, als die ersten Frauen Kampfjets bestiegen. Schließlich muss ein Schleudersitz seitdem ihre im Durchschnitt zarteren Körper ebenso unbeschadet in Sicherheit bringen können wie den eines viel schwereren und deutlich größeren Mannes.“
↑Ejection Seats. Martin-Baker Aircraft Company, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 28. März 2014; abgerufen am 27. März 2014 (englisch).