Milford H. Wolpoff (* 1942 in Chicago) ist ein US-amerikanischer Paläoanthropologe. Er wurde international bekannt durch eine spezielle Interpretation der Stammesgeschichte des Menschen.
Wolpoff schloss sein Studium der Anthropologie und der Mathematik an der University of Illinois at Urbana-Champaign zunächst mit dem Bachelor-Grad (1964) und danach – mit den Nebenfächern Zoologie und Archäologie – mit dem Doktor-Grad (1969) ab; für seine Dissertation befasste er sich mit dem Thema „Metric Trends in Hominid Dental Evolution“.[1][2] Seit 1977 ist Wolpoff Professor für Anthropologie an der University of Michigan. Einer seiner ersten Doktoranden war Tim White.
In den 1970er-Jahren begann Wolpoff, die in amerikanischen, afrikanischen und europäischen Museen verwahrten Hominiden-Fossilien – speziell aus dem Übergang vom Mittelpleistozän zum Jungpleistozän – zu sichten, seit 1979 auch am Institut für Wirbeltierpaläontologie und Paläoanthropologie der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking. Hieraus erwuchs eine enge Zusammenarbeit mit chinesischen Forschern sowie eine Ablehnung der Theorie des Punktualismus und eine Anlehnung an die Theorie des Gradualismus in der Evolution der Hominini. Bereits zuvor hatte er gemeinsam mit dem US-amerikanischen Anthropologen Charles Loring Brace die von ihnen so genannte Single Species Hypothesis formuliert, der zufolge alle homininen Werkzeughersteller der Gattung Homo zuzuordnen seien und dass zu jeder Zeit nur eine einzige Art der Gattung existiert habe, da sie andernfalls um die gleichen Ressourcen konkurriert hätten („competitive exclusion“);[3] diese Hypothese wurde durch zahlreiche zusätzliche Fossilienfunde widerlegt.
Abweichend von der Mehrheitsmeinung der internationalen Paläoanthropologen-Gemeinschaft, die aufgrund von Fossilienfunden und genetischen Analysen („Mitochondriale Eva“) von einem Entstehen des modernen Menschen (Homo sapiens) vor 100.000 bis 200.000 in Afrika und einer erst danach folgenden Ausbreitung des Menschen ausgeht, vertritt Wolpoff die Hypothese, der afrikanische, asiatische und europäische Typus des Homo sapiens habe sich in allen drei Kontinenten – weitgehend unabhängig voneinander – aus dem Jahrhunderttausende zuvor aus Afrika nach Asien und Europa eingewanderten Homo erectus entwickelt. Diese Hypothese vom multiregionalen Ursprung des modernen Menschen publizierte er 1984 gemeinsam mit Wu Xinzhi;[4] sie bildet den Gegenpol zur Out-of-Africa-Theorie und wird „von einer kleinen Gruppe leidenschaftlicher Befürworter“ vertreten.[5]
Bereits 1971 hatte Wolpoff die in Europa gefundenen Steinwerkzeuge in Beziehung zu den bis dahin bekannten Homo-Fossilien gesetzt und angezweifelt, dass die Neandertaler durch Homo sapiens ersetzt wurden.[6] 2004 forderte Wolpoff erneut – im Sinne des von ihm vertretenen Gradualismus in Bezug auf die Evolution der Hominini – für den europäischen Typus des Homo sapiens „die Neandertaler als Vorfahren anzuerkennen“.[7]
Milford H. Wolpoff ist u. a. Mitglied der American Association for the Advancement of Science, der American Anthropological Association, der American Association of Physical Anthropologists, der Paleoanthropology Society und von Sigma Xi. Er ist mit der Anthropologin Rachel Caspari verheiratet, die ebenfalls an der University of Michigan lehrt.
Personendaten | |
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NAME | Wolpoff, Milford H. |
KURZBESCHREIBUNG | US-amerikanischer Paläoanthropologe |
GEBURTSDATUM | 1942 |
GEBURTSORT | Chicago |