Nicolas George Hayek (* 19. Februar 1928 in Beirut, Libanon; † 28. Juni 2010 in Biel/Bienne) war ein Schweizer Unternehmer. Er war Gründer der Swatch Group sowie Präsident und Delegierter des Verwaltungsrates.
Hayek wuchs in Beirut weitgehend in der Obhut seiner libanesischen Mutter Linda Hayek, geborene Tamer, auf. Sein Vater George Nicolas Hayek arbeitete als Zahnchirurg und war libanesisch-US-amerikanischer Doppelbürger.[1] Seine Familie gehörte zur griechisch-orthodoxen Oberschicht im Libanon.[2] Die Familie zog 1949[1] in die Schweiz.
In der Schweiz heiratete er 1951 Marianne Mezger (1930–2023), die aus einer Industriellenfamilie stammt und als Au-pair-Mädchen bei seiner libanesischen Familie gearbeitet hatte.[1] 1964 wurde Hayek nach fünf Jahren Ehe Schweizer Bürger, heimatberechtigt in Meisterschwanden, wo er auch mit der Familie wohnte.
Der gemeinsame Sohn Nick Hayek ist Präsident der Konzernleitung und die gemeinsame Tochter Nayla Hayek ist nach dem Tod ihres Vaters zur Präsidentin des Verwaltungsrates der Swatch Group gewählt worden.
Hayek starb am 28. Juni 2010 im Alter von 82 Jahren an Herzversagen in seinem Unternehmen in Biel. Die Beerdigung fand im engsten Familienkreis statt. Bei der öffentlichen Gedenkfeier im Berner Kursaal nahmen mehr als tausend Menschen Abschied.[3]
Hayek besuchte zunächst die französische Jesuitenschule und anschliessend die Oberschule. Er studierte Mathematik, Physik und Chemie.
Ab 1950 begann Hayeks eigentliche berufliche Karriere: Er arbeitete in der Mathematikabteilung einer Schweizer Rückversicherung, übernahm ab 1951 verschiedene Posten in der Industrie, wo er erste Management-Erfahrungen sammelte, darunter vor allem in der Maschinenbaufirma seines Schwiegervaters Eduard Mezger.[4] Diese Firma leitete er einige Zeit, weil sein Schwiegervater krankheitsbedingt ausgefallen war. Der unkonventionell auftretende Hayek räumte bald wieder diesen Posten und suchte eine Beschäftigung, die ihm die Möglichkeit bot, «jeden Tag etwas dazuzulernen» und seine Erfahrung und das aufgebaute Beziehungsnetz besser zu nutzen.
1957 gründete er mit einem Kredit von CHF 4'000 eine Unternehmensberatung in Zürich.[5] Industrieaufträge von grossen deutschen Konzernen folgten. 1963 liess er sein Unternehmen „Hayek Engineering“ in das Schweizer Handelsregister eintragen.[6] Bis 1979 gelang es Hayek, mehr als 300 Grosskunden aus mehr als 30 Ländern zu gewinnen, wobei er insbesondere mit seinem Management-Credo sehr erfolgreich war: «Die rarste Ressource, die wir haben, sind Unternehmertypen im Top-Management.»
Hayek Engineering hat rund 150 Mitarbeiter (Stand 2009). Neben dem Hauptsitz Hayek Engineering AG in Zürich bestanden bis zu ihrer Auflösung Niederlassungen in Deutschland und Frankreich: die Hayek Engineering (Deutschland) GmbH in Eschborn und die Hayek France S.A. in Paris.[6][7][8]
Nicolas G. Hayek war Mitbegründer und ab 1986 Chairman und Delegierter des Verwaltungsrates der Swatch Group mit Sitz in Biel.[9]
Ab 1980 war Hayek als strategischer Berater für die Uhrenfirma SSIH (Société Suisse pour l’Industrie Horlogère)[10] und ab 1982 auch für den wichtigsten Schweizer Uhrenbestandteil- und Uhrwerkhersteller ASUAG tätig. Diese waren, wie fast die gesamte Schweizer und auch die internationale traditionelle Uhrenindustrie, durch den ausserordentlich starken Wertverlust des US-Dollars gegenüber den europäischen Währungen und durch die mit dem Markterfolg der Quarzuhr entstandene Quarzkrise in massive wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Er empfahl die Fusion der beiden Unternehmen, legte dafür die Richtlinien fest und entwickelte die künftige Unternehmensstrategie.[11] Beim 1983 vollzogenen Zusammenschluss beteiligte er sich auch finanziell. So entstand das neue Unternehmen SMH (Société de Microélectronique et d’Horlogerie / Schweizerische Gesellschaft für Mikroelektronik und Uhrenindustrie), das 1998 in The Swatch Group AG umbenannt wurde.
Mit grossem Selbstbewusstsein begann Hayek das für die Schweiz revolutionäre Konzept der elektronischen Qualitätsuhr und die 1983 lancierte Marke Swatch durchzusetzen. Das Erfolgsgeheimnis der Swatch-Uhren bestand darin, dass deren Komponenten von bisher 151 Einzelteilen für herkömmliche Quarzuhren auf 51 genormte Teile verringert wurden, der Mechanismus in einen gespritzten Plastikkörper eingeschweisst und ein Verkaufspreis von 80 bis 100 Schweizer Franken anvisiert wurde. 1981 erfolgte die Vorstellung der ersten Uhren, deren Markenname von Second Watch, Swiss Watch, S-Watch endgültig zu Swatch mutiert war. Diese wurden zunächst in den USA vermarktet. Immer neue, von Künstlern kreierte Kollektionen wurden lanciert. 1984 waren bereits 800'000 Exemplare verkauft.
Hayek ging seinen unternehmerischen Weg konsequent weiter. Er platzierte Uhren-Nobelmarken wie Tissot, Blancpain, Omega, Longines, Rado, Certina, Hamilton, aber auch Billigprodukte wie die Kinderuhr Flik Flak präzise im Markt. 1994 betrug der Anteil der Schweizer Uhren im Weltmarkt 53 Prozent.
Eines der Lieblingsprojekte Hayeks war das Konzept des Smart-Autos (Swatch-Mobil), ein Mikrokompaktfahrzeug mit umweltverträglichem Elektroantrieb oder Hybridantrieb. Das Konzept wurde zunächst mit VW und ab 1994 in Kooperation mit Daimler-Benz entwickelt. Bis Anfang 1994 entstanden lediglich zwei Designstudien.[12] 1997 wurde das Fahrzeug dann erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt – allerdings ohne Elektro- oder Hybridantrieb. Helmut Kohl hielt die Eröffnungsrede zum Produktionsbeginn in Hambach (Lothringen).[13] In der Folge stieg Hayek aus dem Projekt aus, weil es nicht mehr seinen ursprünglichen Vorstellungen entsprach. Am 1. November 1998 verkaufte er seine Anteile an die Firma Mercedes, die das Fahrzeug zunächst als smart City-Coupé bzw. Cabrio, ab 2004 als Smart Fortwo produzierte und verkaufte.
Hayek engagierte sich für die Entwicklung nachhaltiger Energiegewinnungs- und Energieverwendungstechnologien. Zu diesem Zweck gründete er 2007 die Belenos Clean Power, welche zusammen mit dem Paul Scherrer Institut (PSI) Forschungen zu Autos mit Alternativantrieben vorantreibt.
1984 erwog die Militärkommission des Schweizer Nationalrats den Kauf deutscher Leopard-Panzer. Die Schweizer Rüstungsindustrie und ihre Vertreter in der Politik propagierten den Eigenbau. Als hinzugezogener Experte stellte Hayek fest, dass der Lizenzbau in der Schweiz 300–400 Prozent teurer gekommen wäre als der Kauf beim deutschen Hersteller. Zuerst als «Vaterlandsverräter» verleumdet, bekam Hayek schliesslich Recht und wurde von der Presse zum Unternehmer des Jahres erklärt.[14]
1985 trug Hayek dazu bei, die ETH Zürich neu auszurichten und den Personalstopp zu beenden, den der Bund Mitte der 1970er Jahre über die zwei bundeseigenen Schweizer Hochschulen ETH Zürich und ETH Lausanne (EPFL) verhängt hatte. Damit hatte er «ein Tabu gebrochen» – «Die ETH muss sich total frei von Einflüssen entwickeln», sagte er.[15][16]
2007 übernahm Hayek gemeinsam mit Johann Schneider-Ammann und anderen die Sicherheitskosten der Rütlifeier (Grössenordnung CHF 100'000–200'000), «aus Sorge um den Ruf der Schweiz im Ausland». Damit hatten die Geldgeber die Bedenken der öffentlichen Verwaltung überwunden und «die Rütlifeier gerettet».[17][18]
Im September 2009 forderte Hayek anlässlich einer Pressekonferenz in Bern gemeinsam mit den Politikern Christoph Blocher (SVP) und Christian Levrat (SP), die seiner Einladung gefolgt waren, dass Schweizer Grossbanken wie UBS und Credit Suisse künftig nicht mehr so gross sein dürfen, dass der Staat sie nicht scheitern lassen kann («Too Big to Fail»). Staatliche Regeln müssten daher den Banken «die Flügel stutzen». Gemeinsam stemmten sie sich dagegen, dass es nach der Krise so weitergehe wie bis dahin.[19][20]
1995 berief ihn Bundeskanzler Helmut Kohl in den „Rat für Forschung, Technologie und Wissenschaft“. Auch vom französischen Präsidenten Chirac wurde er 1996 zum Präsidenten des Innovationsrats für Frankreich ernannt.[21]
Nach Nicolas Hayek wurde in Biel am Seeufer an der Mündung der Schüss ein Park benannt.
Personendaten | |
---|---|
NAME | Hayek, Nicolas |
ALTERNATIVNAMEN | Hayek, Nicolas George |
KURZBESCHREIBUNG | Schweizer Unternehmer |
GEBURTSDATUM | 19. Februar 1928 |
GEBURTSORT | Beirut |
STERBEDATUM | 28. Juni 2010 |
STERBEORT | Biel |