Leskow (mit Betonung auf der zweiten Silbe) wurde als Sohn eines Beamten, der erst kurz zuvor geadelt worden war, geboren. Seine Ausbildung erfolgte anfangs durch Privatlehrer, später besuchte er das Gymnasium von Orjol, das er ohne Abschluss verließ. Nach dem finanziellen Ruin der Familie begann er 1847 als Kanzleibeamter beim Kriminalgericht von Orjol zu arbeiten. 1850 ging er nach Kiew, wo er als Sekretär für die Rekrutierungsbehörde der Armee arbeitete. In Kiew förderte ein angeheirateter schottischer Onkel, der Professor für Medizin war, Leskows weitere Ausbildung.
1853 heiratete Leskow Olga Smirnowa. Aus der Ehe gingen zwei Kinder, ein Sohn und eine Tochter, hervor. Ab 1857 arbeitete er für ein englisches Handelsunternehmen, in dessen Auftrag er viel reisen musste, wobei er weite Teile Russlands kennenlernte. 1860 kündigte er seine Stellung, verließ seine Frau und ließ sich in Petersburg als Journalist nieder. In dieser Zeit begann er auch zu schreiben und erste Erzählungen erschienen in Zeitschriften. Zwischen 1862 und 1863 bereiste er Osteuropa und Frankreich. Ab 1865 lebte er mit Katerina Bubnowa zusammen; der gemeinsame Sohn, Andrei Leskow, schrieb später die erste Biografie des Autors.
1874 nahm Leskow eine Anstellung im Kultusministerium an. 1883 wurde er dort entlassen, nachdem er sich kritisch über Kirche und Staat geäußert hatte. Auch mit seinen literarischen Arbeiten kam er in den Folgejahren immer häufiger in Konflikt mit der staatlichen Zensur. Leskow starb 1895 an den Folgen einer Krebserkrankung und wurde auf dem Petersburger Wolkowo-Friedhof beigesetzt.
Mit seinen Romanen Ohne Ausweg und Bis aufs Messer geriet Leskow früh in Gegensatz zu den tonangebenden, liberalen literarischen Kreisen. Durch seine Erzählungen und Novellen erlangte er schließlich Anerkennung und galt zu Lebzeiten, neben Dostojewski und Tolstoi, als der bedeutendste russische Prosaautor. Leskow war ein kenntnisreicher und durchaus kritischer Beobachter Russlands. Er trat für Reformen ein, lehnte jedoch jede Art von umstürzlerischer Bewegung ab. Die Problematik der meisten Werke Leskows ergibt sich aus der Aufdeckung des Widerspruchs zwischen einem unverfälschten natürlichen Wesen des Menschen und einem verzerrten, wie es im alltäglichen gesellschaftlichen Handeln hervortritt. Der Dichter stellte demnach nicht die Befreiung des Menschen durch eine Befreiung der Gesellschaft dar, sondern durch eine Abwendung von ihr, weshalb er in einen unversöhnlichen Gegensatz zur revolutionären russischen Bewegung geriet.
Viele seiner Figuren handeln aus einem russisch-patriotischen oder christlichen Selbstverständnis heraus moralisch (und verwickeln sich folglich in zahlreiche Widersprüche). Das besondere Interesse Leskows galt der im Russischen Kaiserreich verbotenen, jedoch weit verbreiteten Sekte der Altgläubigen, die in mehreren Erzählungen eine bedeutende Rolle spielt.
Seine Erzählungen und Romane sind einerseits realistisch und oft volkstümlich, haben anderseits auch einen starken symbolistischen Einschlag, was sich gerade dadurch zeigt, dass Leskow traditionelle religiöse Erzählformen wie die Legende aufgriff und auch sonst gerne mystische oder märchenhafte Elemente in seine Stoffe verwob. Leskows Werk, das schwer zu übersetzen ist (besonders gelungen sind die Übersetzungen von Johannes von Guenther), zeichnet sich durch Umgangssprache und Dialektfärbung aus, wodurch es ihm gelang, zum einen die russische Literatursprache zu erweitern und gleichzeitig neue Aspekte des Alltagslebens gerade der einfachen Menschen einzufangen. Eine besondere Qualität erblickt die Literaturwissenschaft in seinem Stil der mündlichen Erzählung in bäuerlicher Sprache (im russischen Skaz genannt) mit ihren Verdrehungen „gelehrter“ Wörter.
„Ljeskow ist immer zuträglich.“ (Thomas Mann, Tagebücher 1935–1936, 9.7.1935)
Walter Benjamin: Der Erzähler. Betrachtungen zum Werk Nikolai Lesskows. In: ders.: Gesammelte Schriften, Bd. II. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1991, S. 438–465.[3]
Martina Fuchs: ‚Ledi Makbet Mcenskogo uezda‘: vergleichende Analyse der Erzählung N. S. Leskovs und der gleichnamigen Oper D. D. Šostakovičs. Groos, Heidelberg 1992, ISBN 3-87276-661-9 (= Sammlung Groos; 45; Mannheimer Beiträge zur slavischen Philologie; 4).
Wolfgang Girke: Studien zur Sprache N. S. Leskovs. Sagner, München 1969 (= Slavistische Beiträge; 39).
Johannes Harder: Kampf um den Menschen. Eine Deutung Nikolai Leskovs. Jugenddienst, Wuppertal 1959 (= Das Gespräch; 22).
Robert Hodel: Betrachtungen zum skaz bei N. S. Leskov und Dragoslav Mihailović. Peter Lang, Bern 1994, ISBN 3-906751-77-5 (= Slavica Helvetica; 44).
Sang-Hun Lee: Die Legendendichtung N. S. Leskovs als Verfahren der Dekanonisierung. Biblion, München 2004, ISBN 3-932331-44-3.
Inès Muller de Morogues: ‚Le problème féminin‘ et les portraits de femmes dans l’oeuvre de Nikolaj Leskov. Peter Lang, Bern 1991, ISBN 3-261-04378-4 (= Slavica Helvetica; 38).
Marie Luise Rößler: Nikolai Leskov und seine Darstellung des religiösen Menschen. Böhlau, Weimar 1939.
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Bodo Zelinsky: Roman und Romanchronik. Strukturuntersuchungen zur Erzählkunst Nikolaj Leskovs. Böhlau, Köln 1970, ISBN 3-412-10970-3 (= Slavistische Forschungen; 10).
Lieskow, Nikolai Semjonowitsch; Ljesskow, Nikolai Semjonowitsch; Lesskow, Nikolai Semjonowitsch; Лесков, Николай Семёнович (russisch); Leskov, Nikolaj Semënovič (russisch-lateinisch)