Er kam als Sohn des deutschen Kaufmanns Johann Wilhelm Auernheimer und dessen ungarischer Ehefrau Charlotte (Jenny) Büchler zur Welt. Nach Abschluss eines Jurastudiums arbeitete er zunächst als Gerichtsassessor an einem Wiener Gericht. 1906 heiratete er Irene Guttmann (geb. 6. März 1880 in Budapest, gestorben 1967), mit der er eine Tochter bekam. Als Großcousin des kurz zuvor verstorbenen Theodor Herzl wurde ihm noch im selben Jahr eine Stelle als Redakteur der Neuen Freien Presse angeboten. Er bekleidete sie bis 1933, war er doch binnen kurzer Zeit zu einem angesehenen Feuilletonisten und Kritiker geworden. Nebenbei debütierte er auch mit Dramen – zumeist Lustspielen – und Erzählungen, allerdings ohne den „Durchbruch“ zu schaffen. Er verkehrte in Wien in Kreisen von Hugo von Hofmannsthal, Stefan Zweig, Jakob Wassermann und Arthur Schnitzler. Der Letztere urteilt über ein Werk: „Fein, fleißig, aber doch schmächtig“.[1] Ab 1923 wurde Auernheimer zunächst Präsident, dann Vizepräsident des österreichischen PEN-Clubs. Zudem war er Mitglied des Journalisten- und Schriftstellervereins Concordia.[2] Obwohl er weder ein reicher noch ein „bolschewistisch“ gestimmter Jude war, wurde Auernheimer im März 1938 verhaftet und im Prominententransport von Wien ins Konzentrationslager nach Dachau deportiert. Bald darauf intervenierte der Generalkonsul der USA, Raymund Geist, aufgrund einer Bittschrift des Schriftstellers Emil Ludwig gegen Auernheimers Verschleppung. Ende 1938 freigelassen, konnte Auernheimer Anfang 1939 mit seiner Familie über Venedig nach New York emigrieren. Er starb 1948 im Alter von 71 Jahren in Oakland, Kalifornien.
1960 wurde die Wiener Auernheimergasse (im 22. Bezirk) nach ihm benannt.
Sein Nachlass findet sich teilweise in der Wienbibliothek im Rathaus, an der Universität Riverside in Kalifornien und im Familienbesitz. Die einzige lebende Enkelin hat diesen Teil wiederum dem Wiener Thomas-Sessler-Verlag zur Verwertung überantwortet.[3]
Für Alfred Zohner stand der „unechte“ Wiener gleichwohl ganz „im Banne des Traditionalismus“; die treffendste Bezeichnung für sein Schaffen sei liebenswürdig. Seine Stärke als Autor habe auf dem Gebiet der Novelle und der Komödie gelegen.[4]
Rosen, die wir nicht erreichen, Novellen und Skizzen, 1901
Renée. Sieben Capitel eines Frauenlebens, 1902
Lebemänner, Novelle, 1903
Die Verliebten, Novellen und Skizzen, 1904
Die große Leidenschaft, Lustspiel, 1904
Die Dame mit der Maske, Dialoge, 1905
Die ängstliche Dodo, Novellen, 1907
Die man nicht heiratet, Novellen, 1908
Die glücklichste Zeit, Lustspiel, 1909
Der gußeiserne Herrgott, Novellen, 1911
Das Paar nach der Mode, Lustspiel, 1913
Laurenz Hallers Praterfahrt, Erzählung, 1913
Die verbündeten Mächte, Lustspiel, 1915
Herzen in Schwebe. Novellen, 1916
Das wahre Gesicht, Novellen, 1916
Der Geheimniskrämer, Erzählung, 1918
Das ältere Wien, Essay, 1919
Maskenball. Novelle im Kostüm, 1920
Das Kapital, Roman, 1923
Casanova in Wien, Lustspiel, 1924
Josef-Kainz-Gedenkbuch, Wien 1924
Die linke und die rechte Hand, Roman, 1927 (Wiederauflage: Graz 1985)
Die Wienerin im Spiegel der Jahrhunderte (Hrsg. und Vorwort), 1927
Die Feuerglocke, Lustspiel, 1929
Evarist und Leander, Erzählung, 1931
Geist und Gemeinschaft, Reden, 1932
Der gefährliche Augenblick. Abenteuer und Verwandlungen, Erzählungen, 1932
Gottlieb Weniger dient der Gerechtigkeit, Roman, 1934
Wien. Bild und Schicksal, 1938
Metternich. Staatsmann und Kavalier, 1947 (Wiederauflagen: Wien 1973, München 1977, 1981) ISBN 9783453550339
Franz Grillparzer. Der Dichter Österreichs, 1948 (Wiederauflage: Wien/München 1972)
Das Wirtshaus zur verlorenen Zeit, Autobiographie, 1948
Wiener Klatsch: sechs Einakter, Wien/München 1974
Aus unserer verlorenen Zeit. Autobiographische Notizen 1890–1938 (mit einem Nachwort von Patricia Ann Andres), Wien 2004 ISBN 978-3854851066
Erzählen heißt, der Wahrheit verschworen sein. Kommentierte Edition (Patricia Ann Andres) der deutsch- und englischsprachigen Fassung des bisher unveröffentlichten KZ-Berichts „Die Zeit im Lager – Through Work to Freedom“, Frankfurt/Main – Berlin 2010 ISBN 978-3-631-58824-6
Donald G. Daviau, Jorun B. Johns (Hrsg.): The correspondence of Arthur Schnitzler and Raoul Auernheimer: with Raoul Auernheimer's aphorisms, Chapel Hill: University of North Carolina Press, 1972
Donald G. Daviau, Jorun B. Johns, Jeffrey B. Berlin (Hrsg.): The Correspondence from Stefan Zweig with Raoul Auernheimer, Columbia/South Carolina: Camden House, 1983
Lennart Weiss: In Wien kann man zwar nicht leben, aber anderswo kann man nicht l e b e n. Kontinuität und Veränderung bei Raoul Auernheimer, Acta Universitatis Upsaliensis, Studia Germanistica Upsaliensia 54, 293 S., Uppsala University 2010, ISBN 978-91-554-7659-5 (diva-portal.org PDF).
↑Peter Eppel: "Concordia soll ihr Name sein..." 125 Jahre Journalisten- und Schriftstellerverein. Böhlau, Wien / Köln / Graz 1984, ISBN 3-205-07250-2, S.355.
↑Patricia Ann Andres: „Erzählen heisst, der Wahrheit verschworen sein“: kommentierte Edition der deutsch- und englischsprachigen Fassung des bisher unveröffentlichten KZ-Berichts Die Zeit im Lager – Through Work to Freedom von Raoul Auernheimer. Peter Lang, 2010, ISBN 978-3-631-58824-6 (books.google.at [abgerufen am 19. Juni 2018]).
↑Alfred Zohner: Auernheimer, Raoul Othmar (PS. Raoul Heimern, Raoul Othmar). In: Otto zu Stolberg-Wernigerode (Hrsg.): Neue deutsche Biographie. Band 1: Aachen–Behaim. Duncker & Humblot, Berlin, 1953, S. 435 (digitale-sammlungen.de).