Dieser Artikel befasst sich mit der von der PCA ausgerichteten klassischen Schachweltmeisterschaft. Für den vom Weltschachbund FIDE ausgerichteten Titelkampf siehe FIDE-Weltmeisterschaft 1993.
Die Schachweltmeisterschaft 1993 war ein vom Schachverband PCA organisierter Zweikampf zur Ermittlung des Schachweltmeisters. Er fand vom 7. September 1993 bis 21. Oktober 1993 in London zwischen Garry Kasparow und Nigel Short statt. Es war die erste Weltmeisterschaft, die von der PCA organisiert wurde und damit die erste seit der Schachweltmeisterschaft 1937, die nicht vom Weltschachbund FIDE organisiert wurde. Die FIDE richtete ihre eigene Weltmeisterschaft aus.
Nach 20 der 24 angesetzten Partien ging Kasparow uneinholbar in Führung und verteidigte seinen Titel.
Im Achtel- und Viertelfinale waren die Zweikämpfe auf acht Partien angesetzt, im Halbfinale auf zehn Partien und im Finale auf 14 Partien. Bei einem Unentschieden wurden Schnellschachpartien als Stichkampf gespielt. Bei einer vorzeitigen Entscheidung wurden fehlende Partien nicht mehr ausgespielt.
Nigel Short konnte das Kandidatenturnier gewinnen und wurde Herausforderer Kasparows. Dieser äußerte sich vor Wettkampfbeginn herablassend über seinen Kontrahenten: My opponent is Short and the match will be short.[1]
Es kam zu Zerwürfnissen mit dem Weltschachbund FIDE um die Preisgelder, besonders den Anspruch der FIDE auf 20 Prozent des Preisfonds. Kasparow und Short antworteten mit der Gründung der PCA und Ausrichtung eines eigenen Weltmeisterschaftszweikampfs. Die FIDE entzog daraufhin Kasparow im März 1993 den offiziellen Weltmeistertitel und hielt eigene Schachweltmeisterschaften ohne Kasparow ab. Die Mehrheit der Schachwelt akzeptierte jedoch weiterhin Kasparow als einzigen echten Schachweltmeister. Die englische Tageszeitung The Times wurde Sponsor des Duells zwischen Kasparow und Short und bezeichnete es als The Times World Chess Championship.
Der Zweikampf war auf 24 Partien angesetzt. Im Gegensatz zu anderen Weltmeisterschaften sollten auch bei frühzeitiger Entscheidung alle Partien ausgetragen werden.[2] Die Bedenkzeit betrug 2 Stunden für die ersten 40 Züge, dann jeweils 1 Stunde für weitere 20 Züge. Hängepartien waren nach sechs Stunden Spielzeit vorgesehen.[1]
Die Farben für die erste Partie wurden am 3. September 1993 in einer Zeremonie ausgelost.[2] Danach wechselten die Farben in jeder Partie.
Der Preisfonds betrug 1,7 Millionen Pfund Sterling, von dem der Sieger des Zweikampfs fünf Achtel erhielt. Als Sponsor wurde die Zeitung The Times gewonnen.[1]
Die erste Partie wurde symbolisch von SchachgroßmeisterRaymond Keene eröffnet. Nach 25 Zügen war die Zeitnotphase erreicht, in der Kasparow im 36. Zug einen Fehler beging. Ein Remisangebot Kasparows wurde von Short abgelehnt. Kurz darauf hielt Awerbach die Uhr an: In ausgeglichener Stellung hatte Short bei seinem 39. Zug die Bedenkzeit überschritten.
Die zweite Partie endete nach einer weiteren Zeitnotschlacht remis. In der dritten Partie startete Short einen Königsangriff, den Kasparow abwehrte und selbst gewann. Die vierte Partie gewann Kasparow ebenfalls. In der fünften Partie wechselte Kasparow die Eröffnung, aber ging in eine vorbereitete Remisvariante Shorts. Die sechste Partie endete nach einem Figurenopfer Shorts ebenfalls remis. In der siebten Partie gelang Kasparow ein weiterer Sieg durch einen Königsangriff. Die achte Partie wurde zu einem taktischen Kampf. Nach mehreren taktischen Operationen und einem gefährlichen Angriff Shorts gab Kasparow ein remisbringendes Dauerschach. In der neunten Partie gelang Kasparow ein Endspiel, das er gewinnen konnte, aber stattdessen durch einen Fehlzug vergab. Short verpasste jedoch das Remis, wodurch Kasparow doch gewann. In der zehnten Partie verpasste Kasparow zunächst einen Gewinn. Short opferte seine Dame strategisch, vergab jedoch später den Sieg, den sein starker Freibauer sicherstellen konnte, wodurch Kasparow in ein Remis entkam. Durch ein Bauernopfer in der elften Partie wurde Shorts Bauernstruktur aufgebrochen, jedoch reichte der Materialvorteil zum Remis. Nach einem Läuferopfer Kasparows in der zwölften Partie sicherte sich Short durch Gegenspiel erneut ein Remis. Es folgten zwei weitere Remispartien, bis Kasparow in der fünfzehnten Partie mit einer Familienschachdrohung gewann. Shorts einziger Sieg folgte in der sechzehnten Partie. Nach einem Bauerngewinn in der siebzehnten Partie reichte Shorts Vorteil nicht zum Sieg, und nach drei weiteren Remispartien, in denen Kasparow zweimal die bessere Stellung hatte, lag Kasparow uneinholbar in Führung.
Die verbliebenen vier Spieltage wurden mit Schaupartien aufgefüllt. Dabei handelte es sich jeweils um eine 20-Minuten-Partie und eine Partie mit ausgeloster Eröffnung. Am letzten Tag spielten Kasparow und Short gegen fünf Organisationskomiteemitglieder.
Beobachter kritisierten später, dass der Zweikampf nicht die Spannung der Weltmeisterschaftskämpfe Kasparows gegen Karpow erreichte.
Da die Weltmeisterschaft vorzeitig entschieden war, wurde an den verbleibenden Tagen ein Zweikampf im Schnellschach mit vier Partien gespielt, den Kasparow mit 4:0 für sich entschied. Außerdem wurde ein Themazweikampf mit drei Partien gespielt, in dem die ersten vier Züge vor jeder Partie ausgelost wurden. Short gewann diesen mit 2:1.
Die PCA organisierte für die nächste Schachweltmeisterschaft 1995 einen eigenen Qualifikationszyklus. Der Inder Viswanathan Anand konnte sich als Herausforderer Kasparows qualifizieren. Kasparow verteidigte den Titel gegen Anand mit 10½:7½ Punkten.
Wolfgang Uhlmann, Gerd Treppner: Schachweltmeisterschaft 1993: Anatoli Karpow – Jan Timman, Garri Kasparow – Nigel Short. Beyer, Hollfeld 1993, ISBN 3-89168-042-2.
↑Der oben genannte Spieler hatte in der ersten Partie Weiß. Danach wechselten sich die Farben ab. In den Zeitraum der Qualifikation fallen die Auflösung der Sowjetunion sowie Jugoslawiens. Hier wurde die Zugehörigkeit zu den neu entstandenen Staaten verwendet.
↑ abJussupow konnte sich in den 60-Minuten-Partien mit 1½:½ durchsetzen. In der ersten Schnellpartie gelang ihm eine berühmte Kombination.
↑ abJussupow konnte sich in vier 45-Minuten-Partien mit 2½:1½ durchsetzen.
↑ abKortschnoi konnte sich in zwei 45-Minuten-Partien mit 1½:½ durchsetzen.
↑ abShort konnte sich in zwei 45-Minuten-Partien mit 1½:½ durchsetzen.
↑ abGelfand konnte sich in zwei 45-Minuten-Partien mit 1½:½ durchsetzen.