Sherry Beth Ortner (* 19. September 1941 in New Jersey) ist eine feministische Anthropologin und Professorin US-amerikanischer Herkunft.
Ortner wuchs in einer jüdischen Mittelschichtsfamilie auf und studierte an der Universität von Colorado Anthropologie. 1966–68 beendete sie ihre erste Feldforschung in Nepal. Ortner hatte an den sozialen Protesten der 1960er Jahre teilgenommen und war in der Anti-Kriegs- und Bürgerrechtsbewegung aktiv. Dann machte sie Bekanntschaft mit der damals aufkeimenden Frauenbewegung. In den 1970ern waren Frauenthemen innerhalb der Anthropologie noch sehr marginalisiert.
1992 wurde Ortner in die American Academy of Arts and Sciences gewählt,[1] 2023 in die British Academy.[2] Außerdem erhielt sie 1990 ein MacArthur-Stipendium[3] und 2001 die Anders-Retzius-Medaille.[4] Heute ist sie eine der führenden Persönlichkeiten der feministischen Anthropologie, sie arbeitet und lehrt an der University of California, Los Angeles.
Sherpas Through Their Rituals ist Ortners publizierte Form ihrer Dissertationsarbeit in Nepal. Sie beschäftigt sich darin mit Ritualen und zeigt, wie einzelne Symbole in der Sozialstruktur verhaftet sind. Sie beschreibt das Leben der Sherpas, deren Beziehungen und Lebenswege durch Analyse ihrer religiösen Riten. Ortners Frühwerk war beeinflusst von Clifford Geertz Ideen. Das Werk ist sehr dicht gefüllt mit ethnographischen Beschreibungen, enthält aber auch schon einige Hinweise auf Ortners spätere Theorien.
Is Female to Male as Nature is to Culture war das Werk, mit dem sie sich ausdrücklich der feministische Forschung zuwendete. Hier machte sie die heute berühmt gewordene Aussage, dass die Frau immer mit Natur, der Mann mit Kultur assoziiert wird und darin sah sie den Grund für die universale Unterdrückung der Frau durch den Mann, so wie die Kultur die Natur zähmt. Als empirisches Beispiel gab Ortner die Crow-Indianer an, die auf den ersten Blick sehr matrilinear organisiert wirken und bei denen die Frauen im Mittelpunkt zu stehen scheinen. Doch Ortner zeigt auf, dass auch in dieser Gruppe die Frau unterdrückt und abgewertet wird, nämlich wenn sie ihre Menstruation hat. Dann ist sie von wichtigen Zeremonien ausgeschlossen und darf wichtige Kultgegenstände nicht berühren.
Ortner hinterfragt warum Frauen mit Natur gleichgesetzt werden und ortet drei Aspekte, die aufeinander aufbauen:
Die Anfänge feministischer Theoriebildung liegen in der Auseinandersetzung mit dem Strukturalismus nach Claude Lévi-Strauss, der auf der Annahme eines Natur-Kultur-Gegensatzes als universell geltender gesellschaftlicher Konstante aufbaute. Sherry Ortner war stark vom Strukturalismus beeinflusst, denn sie stellte eine für alle Gesellschaften gleichermaßen, also universell gültige symbolische Dichotomie von Natur und Kultur fest, die mit den Begriffen von "Weiblichkeit" und "Männlichkeit" korrespondierte.
Einige Autoren kritisierten dieses Dichotomiedenken des Strukturalismus und auch diesen Universalitätsanspruch bei Ortner. Sind Frauen wirklich überall universal auf der Welt unterdrückt? Diese Kritik regte die Frauenforschung zu weiteren Diskussionen an und die als universell angenommenen Oppositionspaare erwiesen sich in den 1980er Jahren als spezifische, historisch gewachsene westliche Einstellung.
Siehe auch: Feldforschung, Ethnologie, Kulturanthropologie, Sozialanthropologie
Personendaten | |
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NAME | Ortner, Sherry B. |
ALTERNATIVNAMEN | Ortner, Sherry Beth (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | US-amerikanische feministische Anthropologin und Hochschullehrerin |
GEBURTSDATUM | 19. September 1941 |
GEBURTSORT | New Jersey |