Siamotyrannus | ||||||||||||
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Lebendrekonstruktion von Siamotyrannus am Sirindhorn Museum in Non Buri, Thailand | ||||||||||||
Zeitliches Auftreten | ||||||||||||
Unterkreide (Barremium) | ||||||||||||
130,7 bis 126,3 Mio. Jahre | ||||||||||||
Fundorte | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Siamotyrannus | ||||||||||||
Buffetaut, Suteethorn & Tong, 1996 | ||||||||||||
Art | ||||||||||||
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Siamotyrannus ist eine ausgestorbene Gattung der Allosauroidea aus der Gruppe der Theropoden. Die einzige bekannte Art der bislang monotypischen Gattung ist Siamotyrannus isanensis aus der Sao-Khua-Formation (Barremium; vor ca. 130,7 bis 126,3 Millionen Jahren) von Thailand.[1]
Der Gattungsname leitet sich ab vom bis 1939 im Westen gebräuchlichen Namen Thailands (Siam) und dem lateinischen Wort „tyrannus“ („Alleinherrscher“, „Gewaltherrscher“, „Despot“). Der Artzusatz „isanensis“ bezieht sich auf Isan (Thai: อีสาน), die nordöstliche Region Thailands.
1976 wurden in der Sao-Khua-Formation des Verwaltungs-Distriktes Phu Wiang in der Provinz Khon Kaen der Region Isan im Zuge einer Kampagne zur Uran-Prospektion erstmals Dinosaurier-Fossilien entdeckt.[2] Eine genauere Untersuchung des Gebietes durch ein Thailändisch-Französisches Forschungsteam im Jahr 1981 ergab eine reichhaltige Fossillagerstätte und das Fundgebiet wurde im Dezember 1991 als Nationalpark Phu Wiang unter Schutz gestellt.[3]
1993 entdeckte der thailändische Geologe Somchai Triamwichanon an der sogenannten Fundstelle Phu Wiang 9 (kurz „PW.9“ oder einfach „Site No. 9“) die Überreste eines großen Theropoden.[3] Nach der Fundbergung wurden die Fossilien durch Repliken ersetzt und die ursprüngliche Fundsituation originalgetreu wieder hergestellt. Die Fundstelle wurde überdacht und ist heute für Besucher des Nationalparks zugänglich.[2]
Die Erstbeschreibung erfolgte 1996 durch Buffetaut, Suteethorn & Tong. Die Autoren beschrieben Siamotyrannus isanensis zunächst als basalen Vertreter der Tyrannosauroidea.[4]
Ein einzelnes, isoliert gefundenes Schienbein sowie mehrere, ebenfalls isolierte, große Theropodenzähne wurden 1998 von Buffetaut & Suteethorn ebenfalls dieser Art zugeordnet. Ein stichhaltiger Beleg für die Zugehörigkeit zu Siamotyrannus isanensis konnte jedoch nicht erbracht werden.[5]
2001 vermerkt Holtz ebenfalls mehrere Synapomorphien mit den Tyrannosauridae, verweist jedoch gleichzeitig auch auf das Fehlen des, diagnostisch bedeutsamen, Schädels und sieht Siamotyrannus als möglichen Vertreter einer Vorläuferlinie, außerhalb der eigentlichen Tyrannosauridae.[6]
2003 widerspricht Rauhut dieser Befundung, findet keine Synapomorphien mit den Tyrannosauridae und wertet Siamotyrannus in seiner phylogenetischen Analyse der basalen Theropoden als eigenständige „operatonale taxonomische Einheit“ („Operational Taxonomic Unit“; OTU).[7] Dieser Einschätzung folgen 2004 schließlich auch Holtz et al.[8]
2012 stellen Carrano et al. Siamotyrannus gemeinsam mit Metriacanthosaurus (Typusgattung) und Sinraptor in die Gruppe der Metriacanthosaurinae.[9]
Nachdem das isolierte Schienbein und die Theropodenzähne aus der Sao-Khua-Formation nicht eindeutig zuordenbar sind, ist von Siamotyrannus isanensis dementsprechend bislang nur der Holotypus (PW.9-1) von Phu Wiang 9 gesichert bekannt. Dieser besteht aus einem artikulierten Teilskelett mit der linken Hälfte des Beckens, dem Kreuzbein, fünf Rückenwirbeln und 13 zum Rumpf hin gelegenen Schwanzwirbeln mit einigen Chevronknochen.[4]
Die gefundenen Knochen lassen auf einen Theropoden mit einer Länge von etwa 6,5 Metern schließen.[8]
Als hauptsächliches gattungs- und artbestimmendes, anatomisches Merkmal gelten zwei parallel verlaufende, vertikale Knochenrücken an der Außenseite des Iliums oberhalb der Hüftgelenksöffnung (Acetabulum). Diesem Merkmal kommt auch eine zentrale Rolle bei der systematischen Einordnung von Siamotyrannus zu.[5][7][9]
Siamotyrannus wurde zunächst als primitiver Tyrannosauroide beschrieben. Ein wesentliches Argument für die Zuordnung war der oben beschriebene doppelte Knochenkamm an der Außenseite des Iliums. Ein ähnliches Merkmal weisen zwar auch die Vertreter der Tyrannosauroidea auf, bei diesen ist allerdings nur ein einfacher, dafür aber kräftiger ausgebildeter Kamm vorhanden. Das Merkmal ist zudem nicht nur auf die Tyrannosauroidea beschränkt, sondern insbesondere bei den basalen Vertretern der Tetanurae weit verbreitet.[7][9]
Andere Eigenschaften von Siamotyrannus, wie etwa ein spornartiger Fortsatz anterior zum eigentlichen Dornfortsatz der Schwanzwirbel, treten bei den Tyrannosauroidea überhaupt nicht auf, dafür aber zum Beispiel bei Allosaurus oder Sinraptor und einigen anderen Theropoden. Rauhut ordnete 2003 Siamotyrannus deshalb als basalen Carnosaurier ein.[7] Dieser Ansicht folgten 2004 im Wesentlichen auch Holtz et al. die in Fukuiraptor den nächsten bekannten Verwandten von Siamotyrannus sahen und beide gemeinsam in eine Klade stellten.[8]
2012 ergab eine umfassende phylogenetische Analyse der Tetanurae durch Carrano et al. einige in Bezug auf die systematische Stellung von Siamotyrannus wesentliche Ergebnisse:[9]
Siamotyrannus ist damit nicht einer der ältesten Vertreter der Tyrannosauroidea, sondern vielmehr einer der jüngsten Vertreter der Metriacanthosauridae.[12]
Systematische Stellung von Siamotyrannus innerhalb der Allosauroidea (nach Carrano et al., 2012[9]):
Allosauroidea |
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*) Juniorsynonym: Sinraptoridae
Allerdings ist auch diese systematische Zuordnung von Siamotyrannus nicht ganz unumstritten und einige Autoren halten es für möglich, dass es sich bei dieser Gattung eventuell auch um einen Vertreter der basalen Coelurosauria handeln könnte.[13]
Trotz des nur bruchstückhaften Fossilmaterials kann für Siamotyrannus von einer rein carnivoren Ernährungsweise ausgegangen werden. Siamotyrannus lebte annähernd zeitgleich in derselben Region mit dem Sauropoden Phuwiangosaurus, dem zumindest teilweise aquatisch lebenden Megalosauroiden Siamosaurus und dem Ornithomimosaurier Kinnareemimus.[14] Fossile Reste von Süßwasser-Haien, Knochenfischen, Schildkröten, Krokodilen und eines nicht näher bestimmten Vogels vervollständigen das Bild der Fauna der Sao-Khua-Formation.[15]
Die Sedimente der Sao-Khua-Formation wurden in einem niedrig-energetischen fluviatilen System mit mäandrierenden Flussläufen und ausgedehnten Schwemmebenen abgelagert. Als Liefergebiet der Sedimente wird das Qin-Ling-Gebirge (im heutigen Zentralchina) vermutet, das erst später im Zuge der Kollision des Indischen Subkontinents mit Eurasien räumlich abgetrennt wurde. Stabile Sauerstoffisotope aus Wirbeltierzähnen und Fischschuppen deuten auf ein wechselfeuchtes Tropenklima mit saisonal starken Niederschlägen bis zu mehreren tausend Millimetern pro Jahr hin.[16]
Pollenanalysen aus der Sao-Khua-Formation deuten auf einen Bewuchs aus häufigen Koniferen aus der Gruppe der Cheirolepidiaceae, Farnen aus der Ordnung der Schizaeales und anderen Vertretern der Echten Farne sowie untergeordnet auch Laubmoosen, Baumfarnen aus den Familien der Cyatheaceae oder der Dicksoniaceae, Königsfarngewächsen, Vertretern der Bärlappartigen und der Bennettitales, sowie Araukariengewächsen hin.[17]