Thomas Stangl (* 21. Dezember 1854 in Aufhausen bei Regensburg; † 4. August 1921 in Würzburg)[1] war ein deutscher Klassischer Philologe, insbesondere Latinist. Bleibende Verdienste sind seine Texteditionen und Studien zur handschriftlichen Überlieferung und antiken Kommentierung der rhetorischen Schriften Ciceros.
Thomas Stangl, der Sohn eines Rotgerbermeisters, besuchte das königliche Lyzeum in Regensburg und studierte anschließend Klassische Philologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Bereits als Student unternahm er ausgedehnte Handschriftenstudien in den bayerischen Bibliotheken. In seiner Dissertation (erschienen in Gotha 1882) behandelte er den spätantiken Kommentar des Rhetors Boethius zu Ciceros Topica. Nach seiner Promotion zum Dr. phil. folgte im Juni 1883 die Habilitation und Ernennung zum Privatdozenten an der Universität, an der Stangl jedoch keine feste Anstellung fand. Er unterrichtete am Ludwigsgymnasium und ab dem 21. August 1887 am Luitpold-Gymnasium, wo er den Professorentitel erhielt.
Auch während dieser Zeit setzte Stangl seine wissenschaftlichen Studien fort. Seine in kurzer Folge erschienenen Veröffentlichungen, die teils selbständig, teils als Beilage zum Schulprogramm des Luitpold-Gymnasiums erschienen, wurden von den Fachkollegen wohlwollend aufgenommen. Als Stangl schon im fortgeschrittenen Alter war, eröffnete sich ihm schließlich auch die Universitätslaufbahn: Zum 1. Oktober 1900 wurde er als außerordentlicher Professor für Klassische Philologie an die Universität Würzburg berufen, wo er das neu eingerichtete philologische Proseminar leitete. 1908 erhielt er Titel und Rang eines ordentlichen Professors, 1919 auch die vollen Rechte. Nach seinem Tod im 67. Lebensjahr wurde er in seinem Geburtsort Aufhausen beigesetzt.
Stangl war Ehrenmitglied der katholischen Studentenverbindungen KDStV Cheruscia Würzburg (1896) und KDStV Gothia Würzburg (1908), beide im CV,[2] sowie der Katholischen Bayerischen Studentenverbindung Rhaetia München-Würzburg (1911).[3]
Stangls wissenschaftliche Arbeit galt der lateinischen Literatur der gesamten Antike. Schwerpunkte setzte er methodisch auf die Überlieferungsgeschichte und Textkritik, inhaltlich (seit dem Studium) auf Ciceros rhetorische Schriften und deren antike Erklärer; dazu kamen in späteren Jahren der Grammatiker Virgilius Maro und der Alexanderhistoriker Quintus Curtius Rufus. Stangls wichtigste Leistungen liegen in seinen Beiträgen zur genauen Kenntnis der handschriftlichen Überlieferung Ciceros: Er verglich mehrere Handschriften, wofür er gelegentlich weite Reisen unternahm (beispielsweise 1889 nach Sizilien), und schuf so die Grundlage für die Editionsarbeit.
Seine Forschungsergebnisse schlugen sich nicht nur in zahllosen Einzelpublikationen (Aufsätze, Miszellen, Programmabhandlungen und Rezensionen) nieder, sondern auch in Editionen: Stangl veröffentlichte kritische Editionen von Ciceros Schriften Orator (1885), Brutus de claris oratoribus (1886) und De oratore (1893) und vom sogenannten Gronov-Scholiasten (1884). Für die Cicero-Kommentatoren (Scholiasten) bereitete er eine zusammenfassende Edition vor, von der er nur einen Band abschloss (1912) mit den Scholien des Asconius Pedianus und zahlreichen anonymen oder pseudonymen Scholien älterer und jüngerer Zeit. Die Bände 1 und 3 (Überlieferungsgeschichte und Indizes) erschienen nicht. Die Ausgabe ist bis heute maßgeblich geblieben und wurde zuletzt 2013 nachgedruckt. Die Alexandergeschichte des Quintus Curtius Rufus gab Stangl 1902 für den Schulgebrauch heraus. Er bereitete auch eine größere kritische Edition vor, die er jedoch bis zu seinem Tod nicht abschloss.
Stangl beteiligte sich auch an der Arbeit des Thesaurus Linguae Latinae, für den er in der Anfangszeit die Cicero-Scholien exzerpierte und die Auszüge zu Cicero De oratore prüfte.[4] Ab 1914 war er Fahnenleser.[5]
Personendaten | |
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NAME | Stangl, Thomas |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Klassischer Philologe |
GEBURTSDATUM | 21. Dezember 1854 |
GEBURTSORT | Aufhausen |
STERBEDATUM | 4. August 1921 |
STERBEORT | Würzburg |