Als Turners bezeichnet man die Vertreter der Turnbewegung in den Vereinigten Staaten, die in deutschamerikanischen Turnvereinen organisiert sind. Ihren Höhepunkt erlebte die Bewegung im 19. Jahrhundert. Sie förderten die deutsche Kultur, die Körperkultur sowie die liberale Politik und unterstützten die Kriegsanstrengungen der Union während des amerikanischen Bürgerkriegs. Turner wie Francis Lieber (1798–1872), waren die führende Proponenten des Turnens in den USA als Breitensport sowie als Universitätssport.
In Deutschland wurde im frühen 19. Jahrhundert, als Deutschland von Napoleon besetzt war, die Turnbewegung von Turnvater Friedrich Ludwig Jahn ins Leben gerufen. Die Turnvereine verstanden sich nicht nur sportlich, sondern auch politisch und entsprachen damit dem Zeitgeist ähnlicher nationalistischer Turnorganisationen in Europa. Die Turnbewegung in Deutschland stand dem Liberalismus nahe, und viele deutsche Turner hatten an der Deutschen Revolution von 1848 teilgenommen.[1]
Nach deren Niederschlagung wurde die Bewegung in den deutschen Staaten unterdrückt und viele Turner verließen Deutschland. Einige wanderten in die USA aus, insbesondere in das Ohio Valley. Viele dieser Forty-Eighters wurden später Unionssoldaten, und einige wurden Politiker der Republikanischen Partei.[2] Die Turnvereine dienten nicht nur der sportlichen Ertüchtigung: Sie waren auch soziale, kulturelle und politische Sammelpunkte für deutsche Einwanderer, und schließlich engagierten sie sich in der Volksbildung und in der Arbeiterbewegung.[3][4][5] Sie waren führende Proponenten des Turnens als Breitensport und Schulfach in den USA.[6] Die Bewegung verlor jedoch ab etwa 1900 an Zulauf, und drastisch ab dem Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg 1917.[7] Bis heute bestehen etwa 50 Turnvereine im Dachverband der American Turners.
Die Turnvereine leisteten für die Deutschamerikaner Integrationsarbeit in der neuen Heimat. Bis heute bestehen Turnvereine in Gebieten mit starker deutscher Einwanderung, wie Iowa, Texas, Wisconsin, Indiana, Ohio, Minnesota, Missouri, Syracuse, NY, Kentucky, New York City und Los Angeles.
Während des Bürgerkrieges dienten ungefähr 1000 Turner als Unionssoldaten. Ein verbindendes Element war der Abolitionismus. Vielfach waren republikanische Vertreter in deutschen Communities Turner, mit Carl Schurz als führendem Beispiel. Die Mehrheit der Deutschamerikaner im 19. Jahrhundert stand jedoch der demokratischen Partei nahe. Die Turnvereine stellten Leibwächter bei der Amtseinführung Abraham Lincolns am 4. März 1861 und bei seiner Beerdigung im April 1865. In der Camp Jackson Affair halfen zahlreiche deutsche Freiwillige, die Besetzung des Bundesarsenals in St. Louis durch Konföderierte unmittelbar vor Kriegsausbruch zu vereiteln.[8] Nach dem Bürgerkrieg nahm der Dachverband den Namen Nordamerikanischer Turnerbund an und förderte den Deutschunterricht und den Turnunterricht an öffentlichen Schulen. Frauenturnvereine entstanden vornehmlich in den 1850er- und 1860er-Jahren. Die größte Mitgliederzahl bestand 1894 mit 317 Vereinen und etwa 40.000 erwachsenen männlichen Mitgliedern sowie 25.000 Kindern und 3000 Frauen.[9]
Wie andere deutschamerikanische Gruppen standen die Turner im Ersten Weltkrieg unter Generalverdacht, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt nur sehr wenig Kontakt zu Deutschland hatten. Der Deutschunterricht wurde an vielen Schulen und Universitäten eingestellt, und die Bundesregierung schränkte deutschsprachige Veröffentlichungen stark ein. Die jüngere Generation forderte die ausschließliche Verwendung der englischen Sprache bei gesellschaftlichen Anlässen ein. Auf dieser Grundlage konnten viele Turnvereine fortbestehen.[3] Assimilation und die beiden Weltkriege mit Deutschland bewirkten einen allmählichen Mitgliederrückgang. Viele Turnhallen wurden geschlossen oder wurden zu Tanzsälen, Kneipen oder Bowlinghallen umgenutzt.[5] 2011 bestanden noch 54 Turnvereine. Der derzeitige Hauptsitz des amerikanischen Turnverbandes befindet sich in Louisville, Kentucky.[10]
1948 gab die US-Post anlässlich des 100. Jahrestages der Bewegung in den Vereinigten Staaten eine 3-Cent-Gedenkmarke heraus.
Der 1854 gegründete Turnverein in Sacramento gilt als der älteste bestehende in den USA.[11] Der Turnverein Vorwärts in Fort Wayne besaß von 1906 bis 1966 das Hugh McCulloch House.[12]:2 Dieses wurde 1980 in das National Register of Historic Places aufgenommen.[13]