Tyrrell 026

Tyrrell 026
Toranosuke Takagi im Tyrrell 026 beim Goodwood Festival of Speed 1998

Toranosuke Takagi im Tyrrell 026 beim Goodwood Festival of Speed 1998

Konstrukteur: Vereinigtes Konigreich Tyrrell
Designer: Harvey Postlethwaite (techn. Direktor)
Vorgänger: Tyrrell 025
Technische Spezifikationen
Chassis: Wabenkernsandwich-Monocoque aus CFK
Motor: Ford Zetec-R/97 JD 2.998 cm³, 72°-V10-Saugmotor
Radaufhängung vorn: Doppelquerlenkerachse mit innenliegenden Federn und Stoßdämpfern, betätigt über Schubstangen
Radaufhängung hinten: Doppelquerlenkerachse mit innenliegenden Federn und Stoßdämpfern, betätigt über Schubstangen
Gewicht: 0595 kg
Reifen: Goodyear
Benzin: Elf
Statistik
Fahrer: Brasilien Ricardo Rosset
Japan Toranosuke Takagi
Erster Start: Großer Preis von Australien 1998
Letzter Start: Großer Preis von Japan 1998
Starts Siege Poles SR
16
WM-Punkte:
Podestplätze:
Führungsrunden:
Stand: Saisonende 1998
Vorlage:Infobox Rennwagen/Wartung/Alte Parameter

Der Tyrrell 026 war der letzte Formel-1-Rennwagen des britischen Motorsportteams Tyrrell. Er wurde in der Formel-1-Saison 1998 eingesetzt. Er war neben dem 020C der einzige Tyrrell, der keine Weltmeisterschaftspunkte erzielte.

Technik und Entwicklung

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Tyrrells Box beim Großen Preis von Großbritannien 1998

Der Tyrrell 026 war wie seine Vorgänger eine Konstruktion von Harvey Postlethwaite. Die Aerodynamik wurde von Mike Gascoyne entwickelt. Die einzige Besonderheit des 026 war die Gestaltung der Fahrzeugnase: An ihrer Spitze waren oberhalb des Frontflügels zwei horizontale Leitbleche angebracht, die den Luftstrom zu den Seitenkästen leiteten. Die Fahrzeugnase war an ihrer Oberseite nicht glattflächig gestaltet; sie wies vielmehr in der Mitte eine Vertiefung auf.[1] Zudem war das Auto bei einigen Rennen mit den sogenannten Twin- oder Tyrrell-Towers ausgestattet, d. h. mit zusätzlichen Flügeln, die auf hohen Stützen auf den beiden Seitenkästen befestigt waren. Tyrrell hatte sie 1997 beim 025 eingeführt. Nachdem in der Folgezeit auch Jordan, Prost, Sauber und Ferrari ähnliche Konstruktionen einsetzten, verbot die FIA sie im Laufe der Saison 1998 aus Sicherheitsgründen.[2]

Der Tyrrell 026 wurde von einem Zehnzylindermotor vom Typ Ford Zetec-R/97 JD angetrieben. Es handelte sich dabei um eine Konstruktion, die 1997 exklusiv bei Stewart Grand Prix eingesetzt worden war. Seine Höchstleistung belief sich auf etwa 720 PS, ca. 80 PS weniger als die Leistung der stärksten Motoren.[3] Als Kraftübertragung diente ein halbautomatisches Sechsganggetriebe von Tyrrell.

Die Reifen bezog das Team von Goodyear, der Treibstoff kam von Elf.

Toranosuke Takagi beim Großen Preis von Spanien 1998

Die 1960 von Ken Tyrrell gegründete Tyrrell Racing Organisation nahm ab 1968 an der Formel-1-Weltmeisterschaft teil. Nachdem das Team bis 1973 drei Fahrer- und einen Konstrukteurstitel gewonnen hatte, begann ein sportlicher Niedergang. Zwar konnte Tyrrell den Rennbetrieb bis in die 1990er-Jahre hinein aufrechterhalten, allerdings war das Team finanziell angeschlagen und konnte vor allem deshalb überleben, weil es jahrelang kostenlos von Yamaha mit Motoren beliefert wurde.[4] Nach dem Ende der Beziehung zu Yamaha setzte Tyrrell ab 1997 kostenpflichtige Kundenmotoren von Ford ein, die das Budget erheblich belasteten.

Als die Saison 1997 abgelaufen war, verkaufte Ken Tyrrell seinen Rennstall an den Zigarettenhersteller British American Tobacco, der unter Mitwirkung von Adrian Reynard, Craig Pollock und Jacques Villeneuve den Aufbau eines eigenen Rennstalls plante. Dieses BAR genannte Team sollte die Startberechtigung Tyrrells nutzen, abgesehen davon aber völlig neue Strukturen aufweisen, die erst 1999 einsatzbereit waren. Bis dahin sollte Tyrrell weitergeführt werden. Die Saison 1998 war daher von vornherein als Übergangssaison geplant.[5] Ken Tyrrell verließ sein Team noch vor dem ersten Rennen. Die Leitung übernahm Villeneuves Manager Pollock, der das Team mit wenig Aufwand führte und „nur das Nötigste machte“.[4]

Für diese Übergangssaison entstand der Tyrrell 026, ein „ausgesprochen einfaches Auto“, das von Beobachtern als „Durchschnittsware“[6] und „typisch konventionell ohne jegliche Besonderheit“[3] eingeschätzt wurde.

Vor Saisonbeginn nahm Tyrrell an dem FIA-Testfahrten auf dem spanischen Circuit de Catalunya teil. An einem der Testtage erreicht Takagi die Tagesbestzeit; sie war zugleich die viertbeste der gesamten Testwoche.[7]

Im Laufe der Saison agierte das Team ohne Erfolge. Nach Ansicht von Beobachtern schränkte das bevorstehende Ende des Teams den Elan der Mitarbeiter spürbar ein.[5] Es gab auch Spekulationen dahingehend, dass Craig Pollock kein Interesse am sportlichen Erfolg des Teams gehabt habe, um keinen zu hohen Vergleichsmaßstab für das ab 1999 startende Nachfolgeteam BAR zu setzen. Einige Beobachter meinten, dass die Verpflichtung Rossets unter anderem auf diese Motivation zurückzuführen gewesen sei.[4][8]

Der Newcomer Takagi war der erfolgreichere der beiden Tyrrell-Fahrer. Er qualifizierte sich zu jedem Rennen und erreichte wiederholt Startplätze im Mittelfeld. Sein bestes Ergebnis war der 13. Startplatz, auf dem er bei den Großen Preisen von Australien und Argentinien stand. In den Rennen fiel Takagi achtmal aus. Viermal waren Fahrfehler die Ursache hierfür, die anderen Ausfälle waren auf Motorendefekte zurückzuführen. Takagis bestes Rennergebnis war Platz neun bei den Großen Preisen von Großbritannien und Italien.

Ricardo Rosset verpasste im Laufe der Saison fünfmal die Qualifikation. Er war der einzige Fahrer, der in diesem Jahr an der 107-Prozent-Regel scheiterte. Er kam viermal ins Ziel, sein bestes Ergebnis war Platz acht beim Großen Preis von Kanada. Am Rennen in Belgien nahm Rosset letztlich nicht teil. Bei einem Startunfall, in den zahlreiche Autos verwickelt waren, zerstörten beide Tyrrell-Fahrer ihre Autos. Das Team hatte nur ein Ersatzfahrzeug in den Boxen, das es für den Neustart an Takagi gab.

Tyrrell beendete die Saison 1998 ohne Punkte auf dem letzten Platz der Konstrukteurswertung. Das den gleichen Motor verwendende italienische Minardi-Team erreichte zwar ebenfalls keine Meisterschaftspunkte; durch bessere Positionen in einzelnen Rennen wurde es aber besser als Tyrrell gewertet. Tyrrells Nachfolger BAR erzielte 1999 ebenfalls keine Weltmeisterschaftspunkte und war das schwächste Team dieser Saison.

Tyrrells Testteam führte im Laufe der Saison im Wesentlichen Vorbereitungen für BAR durch. Dazu gehörten auch Testfahrten mit einem modifizierten 026, der versuchsweise mit einem Supertec-Motor – dem 1999er Motor des BAR-Teams, ausgestattet war.

Lackierung und Sponsoring

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Grundfarbe des Wagens war eine Kombination aus den Farben Schwarz und Weiß mit grünen und silbernen Akzenten auf der Seite des Wagens, der Nase und der Airbox. Sponsoren waren das japanische Investmentunternehmen PIAA mit Werbeflächen auf den Seitenkühlern und der Nase, der Computerhändler Morse am Heckflügel, Brother auf der Nase und der Reißverschlusshersteller YKK seitlich am Heckflügel. British American Tobacco, der Eigentümer des Teams, warb nicht großflächig auf den Autos. Lediglich ein handtellergroßer Aufkleber auf der Fahrzeugnase wies auf BAT hin.[1]

Erster Stammfahrer war Toranosuke Takagi, Tyrrells letztjähriger Testpilot. Das zweite Cockpit blieb bis in den Februar 1998 hinein frei. Ken Tyrrell setzte sich nachdrücklich für Jos Verstappen ein, Craig Pollock, der auch den Einsatz von Tarso Marques und Jean-Christophe Boullion erwogen hatte,[5] entschied sich allerdings kurzfristig für den Brasilianer Ricardo Rosset, den Ken Tyrrell für ungeeignet hielt.[3]

Weitere Verwendung der Chassis

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Paul Stoddart, ab 2001 neuer Teamchef und Besitzer des Formel-1-Teams Minardi, kaufte über den neuen Besitzer von Tyrrell, British American Racing, alle Materialien des Teams, dabei unter anderem auch funktionstüchtige Tyrrell 026.

Der niederländische Unternehmer und Rennfahrer Frits van Eerd startete unter anderem 2011 in der BOSS-GP-Rennserie mit einem Tyrrell 026.

Fahrer Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 Punkte Rang
Formel-1-Weltmeisterschaft 1998 0 −.
Brasilien Ricardo Rosset 20 DNF DNF 14 DNF DNQ DNQ 8 DNF DNF 12 DNQ DNQ DNS 12 DNF DNQ
Japan Toranosuke Takagi 21 DNF DNF 12 DNF 13 11 DNF DNF 9 DNF 13 14 DNF 9 16 DNF
Legende
Farbe Abkürzung Bedeutung
Gold Sieg
Silber 2. Platz
Bronze 3. Platz
Grün Platzierung in den Punkten
Blau Klassifiziert außerhalb der Punkteränge
Violett DNF Rennen nicht beendet (did not finish)
NC nicht klassifiziert (not classified)
Rot DNQ nicht qualifiziert (did not qualify)
DNPQ in Vorqualifikation gescheitert (did not pre-qualify)
Schwarz DSQ disqualifiziert (disqualified)
Weiß DNS nicht am Start (did not start)
WD zurückgezogen (withdrawn)
Hellblau PO nur am Training teilgenommen (practiced only)
TD Freitags-Testfahrer (test driver)
ohne DNP nicht am Training teilgenommen (did not practice)
INJ verletzt oder krank (injured)
EX ausgeschlossen (excluded)
DNA nicht erschienen (did not arrive)
C Rennen abgesagt (cancelled)
  keine WM-Teilnahme
sonstige P/fett Pole-Position
1/2/3/4/5/6/7/8 Punktplatzierung im Sprint-/Qualifikationsrennen
SR/kursiv Schnellste Rennrunde
* nicht im Ziel, aufgrund der zurückgelegten
Distanz aber gewertet
() Streichresultate
unterstrichen Führender in der Gesamtwertung
  • Roberto Boccafogli, Brynn Williams: Formel 1 – Das Duell der Giganten. Die Formel-1-Saison 1998. 1. Auflage Naumann und Göbel, Köln 1998, ISBN 3-625-10751-1.
  • Adriano Cimarosti: Das Jahrhundert des Rennsports, Stuttgart 1997, ISBN 3-613-01848-9
  • David Hodges: A–Z of Grand Prix Cars 1906–2001, 2001 (Crowood Press), ISBN 1-86126-339-2 (englisch)
  • David Hodges: Rennwagen von A–Z nach 1945, Stuttgart 1993, ISBN 3-613-01477-7
  • Pierre Ménard: La Grande Encyclopédie de la Formule 1, 2. Auflage, St. Sulpice, 2000, ISBN 2-940125-45-7 (französisch)
Commons: Tyrrell 026 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b Roberto Boccafogli, Brynn Williams: Formel 1 – Das Duell der Giganten. Die Formel-1-Saison 1998. 1. Auflage Naumann und Göbel, Köln 1998, ISBN 3-625-10751-1, S. 143.
  2. Roberto Boccafogli, Brynn Williams: Formel 1 – Das Duell der Giganten. Die Formel-1-Saison 1998. 1. Auflage Naumann und Göbel, Köln 1998, ISBN 3-625-10751-1, S. 20.
  3. a b c David Hodges: A-Z of Grand Prix Cars, S. 234.
  4. a b c Pierre Ménard: La Grande Encyclopédie de la Formule 1, S. 543.
  5. a b c Das Rennsportmagazin. Formel 1 Sonderheft 1998, S. 38.
  6. Auto Motor und Sport Formel 1 Extra 1998, S. 38.
  7. Motorsport aktuell, Heft 8/1998, S: 13.
  8. Ähnlich David Hodges: A-Z of Grand Prix Cars, S. 234.