Strukturformel | ||||||||||||||||||||||
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Allgemeines | ||||||||||||||||||||||
Freiname | Ulipristalacetat | |||||||||||||||||||||
Andere Namen |
(8S,11S,13S,14R,17R)-17-Acetoxy-11-[4-(dimethylamino)phenyl]-19-norpregna-4,9-dien-3,20-dion (IUPAC) | |||||||||||||||||||||
Summenformel | C30H37NO4 | |||||||||||||||||||||
Kurzbeschreibung |
weißer bis gelber Feststoff[1] | |||||||||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | ||||||||||||||||||||||
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Arzneistoffangaben | ||||||||||||||||||||||
ATC-Code | ||||||||||||||||||||||
Wirkstoffklasse |
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Wirkmechanismus |
Progesteron-Rezeptormodulator | |||||||||||||||||||||
Eigenschaften | ||||||||||||||||||||||
Molare Masse | 475,62 g·mol−1 | |||||||||||||||||||||
Aggregatzustand |
fest[1] | |||||||||||||||||||||
Löslichkeit | ||||||||||||||||||||||
Sicherheitshinweise | ||||||||||||||||||||||
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Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). |
Ulipristalacetat wird in der Gynäkologie als Pille danach zur Notfallkontrazeption eingesetzt. In niedrigerer Dosisstärke wird es zur Behandlung von gutartigen Tumoren der Gebärmutter verwendet (Handelsname Esmya).[3]
In den Ländern der EU ist Ulipristalacetat zur Notfallverhütung seit 2009 als ellaOne zugelassen.[4] Esmya wurde 2012 zugelassen; wegen des Risikos für schwere Leberschäden darf dieses Arzneimittel nur noch sehr eingeschränkt zur Anwendung kommen.
Die erwünschte Wirkung von Ulipristalacetat beruht auf der Hemmung der Bindung des körpereigenen Gestagens Progesteron an den zugehörigen Rezeptoren. Dadurch kann sowohl der Eisprung bei der Frau verhindert oder verzögert als auch die tumorfördernde Wirkung von Progesteron auf Uterusmyome unterdrückt werden.[1][3]
Der Verdacht auf eine zusätzliche kontrazeptive Wirkung durch Hemmung der Einnistung der befruchteten Eizelle in die Gebärmutterschleimhaut wurde Anfang 2014 diskutiert.[5]
Ulipristalacetat kann bis zu 120 Stunden nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr oder dem Versagen angewandter Verhütungsmittel zur Notfallkontrazeption eingesetzt werden. Zur Vermeidung einer ungewollten Schwangerschaft wird eine Tablette EllaOne bzw. Ella zu 30 mg Ulipristalacetat frühestmöglich als Einmaldosis verabreicht. Die Wirksamkeit des Präparats ist unabhängig von der Einnahme zu oder außerhalb einer Mahlzeit gegeben. Kommt es innerhalb von drei Stunden nach der Einnahme zum Erbrechen, muss das Präparat nochmals eingenommen werden. Ulipristalacetat ist nicht zur routinemäßigen Schwangerschaftsverhütung zu verwenden.[6] Es ist für alle Frauen im gebärfähigen Alter einschließlich Jugendlicher geeignet. Hinsichtlich der Wirksamkeit und Sicherheit gegenüber der Anwendung durch Erwachsene wurden keine Unterschiede festgestellt.[6]
Zur Myombehandlung wird erwachsenen Frauen vor der Menopause während einer Frist bis zu drei Monaten täglich eine Tablette Esmya zu fünf Milligramm Ulipristalacetat verabreicht; die Behandlung beginnt in der ersten Woche des Menstruationszyklus. Bei unzureichender Wirkung kann die Behandlung einmal wiederholt werden. Durch die Abschirmung der Progesteronaktivität werden die Tumorzellen abgetötet, was zur Schrumpfung des Myoms und einem Rückgang seiner Auswirkungen führt.[7] In entsprechenden Studien wurde Ulipristalacetat eine ähnlich hohe Wirksamkeit wie Leuprorelin bescheinigt.[3]
Die am häufigsten berichteten Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen, Übelkeit mit und ohne Erbrechen, Unterleibsschmerzen, Muskel- und Rückenschmerzen, Müdigkeit und Menstruationsbeschwerden. Seltener traten unter der Behandlung mit Ulipristalacetat Stimmungsschwankungen, Appetitstörungen, Migräne, Sehstörungen, Akne, Juckreiz, Fieber oder Hitzewallungen auf.[6]
Die bisherigen Erfahrungen mit Überdosen von Ulipristalacetat sind begrenzt. In der Vergangenheit wurden Einzeldosen bis zu 200 mg ohne ernsthafte Folgen überstanden.[6]
Die gleichzeitige Anwendung mit Rifampicin, Phenytoin, Carbamazepin, Phenobarbital, Efavirenz, Phosphenytoin, Nevirapin, Oxcarbazepin, Primidon, Rifabutin, Ritanovir, Johanniskrautpräparaten und dem gleichfalls als Pille danach geeigneten Levonorgestrel wird nicht empfohlen. Ulipristalacetat kann die Wirkung anderer hormoneller Verhütungsmittel auf alleiniger Gestagen- und/oder Gestagen-Estrogen-Basis abschwächen.[6]
Die Substanz darf nicht bei bekannter Allergie gegen Ulipristalacetat angewendet werden. Ein Übertritt in die Muttermilch mit der Gefahr des Auftretens von Wirkungen beim Säugling findet statt, weshalb die Notfallverhütung mit Ulipristalacetat in der Stillzeit nicht empfohlen ist. In der Therapie gutartiger Gebärmuttertumoren ist Ulipristalacetat in der Schwangerschaft und Stillzeit kontraindiziert. Vorsichtshalber sollten während der Behandlung Kraftfahrzeuge nicht geführt und Maschinen nicht bedient werden, auch wenn die Auswirkung auf die Reaktionsfähigkeit als geringfügig bis moderat eingeschätzt wird und nur selten über Sehstörungen berichtet wurde.[6]
Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) hatte im Dezember 2017 ein Risikobewertungsverfahren für das Medikament Esmya eingeleitet, um vier Berichte über schwere Leberschäden bei Patientinnen, die mit Ulipristalacetat behandelt wurden, und mögliche Konsequenzen für den Einsatz des Medikaments zu prüfen. Ab Februar 2018 wurde eine regelmäßige engmaschige laborchemische Überwachung der Patientinnen empfohlen. Nachdem trotz Einhaltung dieser eingeführten Maßnahmen zur Risikominimierung im Dezember 2019 ein neuer Fall einer schweren Leberschädigung nach Behandlung mit Esmya berichtet wurde, ordnete das BfArM übergangsweise ein Ruhen der Zulassung an.[8] Nach einem weiteren Bewertungsverfahren darf das Medikament seit Januar 2021 nur noch äußerst eingeschränkt angewendet werden. Zulässig ist es nur noch, um Gebärmuttermyome bei prämenopausalen Frauen zu behandeln, bei denen chirurgische Eingriffe nicht geeignet sind oder nicht erfolgreich waren. Die Patientinnen sind umfassend über die Risiken zu informieren, um ihnen eine informierte Entscheidung zu ermöglichen.[9]
Hingegen gab es keine Berichte über Leberschäden durch die Einnahme von Ulipristalacetat als Notfall-Empfängnisverhütungsmittels, weshalb dieses Medikament auch nicht auf dem Prüfstand stand.[10][11] Es bestehen keine Bedenken bezüglich des Auftretens von Leberschäden bei der Verwendung von Ulipristal als Pille danach.[9]
Seit Ende Mai 2020 ist der Patentschutz für EllaOne abgelaufen.[12]
In den Ländern der Europäischen Union unterlag Ulipristalacetat seit seiner Einführung der Verschreibungspflicht. Der Europäischen Arzneimittelbehörde lag im Februar 2014 ein Antrag auf die EU-weite Entlassung des Ulipristalacetat-haltigen Medikamentes EllaOne aus der Rezeptpflicht vor.[13] Eine Rezeptfreistellung von neueren Präparaten durch die EU ist auch gegen den Willen der einzelnen Mitgliedsstaaten möglich, da die Zulassung (anders als im Fall Levonorgestrel) auf gesamteuropäischer Ebene erfolgt ist.[14] In Großbritannien und Nordirland war Ulipristalacetat im Rahmen eines Versuchs als apothekenpflichtiges Arzneimittel rezeptfrei abgegeben worden (Stand vom 25. Juli 2014).[15]
Am 8. Januar 2015 beschloss die EU-Kommission die EU-weite Aufhebung der Rezeptpflicht für die Pille danach.
Mit Entlassung aus der Rezeptpflicht[16] zum 14. März 2015 wurde auch die Kostenübernahme durch die Krankenkasse für Patientinnen unter 20 Jahren verordnet.[17] Die Abgabe im Versandhandel ist nicht erlaubt. Die direkte Bewerbung des Präparats ist verboten.[18] Die Abgabe an Jugendliche ab 14 Jahren ist in Deutschland auch ohne Einwilligung der Erziehungsberechtigten zugelassen.[19]
In Form des Präparats Esmya bleibt Ulipristalacetat weiterhin verschreibungspflichtig.
Nachdem die Rezeptpflicht 2015 EU-weit weggefallen war, war ellaOne in Polen nach kurzer Zeit ausverkauft.[20] 2017 wurde es auf Bestreben der rechtsgerichteten Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit im Juni 2017 nach einer entsprechenden Gesetzesänderung wieder der Rezeptpflicht unterstellt.[21] Die Regierung plant eine einfache Verordnung, die Apotheken ab dem 1. Mai 2024 erlaubt, Patientinnen ab 15 Jahren das Rezept selbst auszustellen und das Medikament auszuhändigen. Gegen Verordnungen besitzt der Staatspräsident kein Vetorecht.[22]
In den Vereinigten Staaten sind Apotheken rechtlich zur Abgabe ärztlich verordneten Ulipristalacetats als Notfallkontrazeptivum verpflichtet. Einzelne Apotheker, deren religiöse Überzeugungen der Abgabe widersprechen, dürfen letztere nur dann verweigern, wenn ein anderer Mitarbeiter derselben Apotheke das Präparat zeitnah an die Patientin aushändigt. Dies entschied der Oberste Gerichtshof verbindlich im Juli 2016. In den meisten anderen Fällen können Apotheker in den USA selbst entscheiden, welche Produkte sie führen.[23]
Die Anwendung von Ulipristalacetat gilt nach deutschem Recht nicht als Schwangerschaftsabbruch (§ 218 Abs. 1 Satz 2 StGB), da kein nachweislicher Ausstoß der befruchteten Eizelle aus der Gebärmutterschleimhaut stattfindet und die Schwangerschaft rechtlich erst mit der Einnistung der Eizelle in der Gebärmutter beginnt. Dementsprechend ist ein Sondervertriebsweg nach § 47a AMG nicht vorgesehen und das Präparat wird in der Apotheke direkt an die Patientin abgegeben.
Zum Zeitpunkt der Zulassung waren normale Lebendgeburten nach Gabe unterschiedlicher Dosen Ulipristalacetat bekannt, insgesamt war die Datenlage zur Auswirkung einer Exposition auf die Schwangerschaft aber sehr begrenzt.[1] Unter Berufung auf die Behauptung, dass „aktuellen Forschungen zufolge“ Ulipristalacetat die Einnistung befruchteter Eizellen in der Gebärmutter verhindere oder zur Abstoßung bereits eingenisteter Eizellen führe, schrieben im Jahr 2014 Teile der Lebensrechtsbewegung und der römisch-katholischen Kirche dem Mittel eine „frühabtreibende Wirkung“ und ein der „Abtreibungspille“ Mifepriston ähnliches Wirkprinzip zu (siehe hierzu auch behauptete Wirkung) und warnten vor der Freigabe.[24] Den Angaben in den Zulassungsunterlagen zufolge führt Ulipristalacetat nicht zum Abbruch einer bestehenden Schwangerschaft.[6]