Zither ist ein organologischer (instrumentenkundlicher) Begriff für Saiteninstrumente (Chordophone), die aus einer oder mehreren Saiten bestehen, die zwischen festen Punkten über einem Saitenträger gespannt sind, der zugleich als Resonanzverstärker dient oder an dem ein ablösbarer Resonanzkörper befestigt ist. In der Hornbostel-Sachs-Systematik werden Zithern von zusammengesetzten Saiteninstrumenten unterschieden, bei denen Saitenträger und Resonanzkörper in einer ohne Zerstörung des Klangapparats unlösbaren Verbindung zusammengefügt sind. Zu dieser zweiten Gruppe gehören Lauteninstrumente und Harfen. Die meisten der weltweit vorkommenden Stabzithern, Röhrenzithern, Floßzithern, Schalenzithern, Brettzithern und Kastenzithern sind Zupfinstrumente.
Im engeren Sinn ist mit „Zither“ die in vielen Varianten hergestellte Alpenländische Zither gemeint, eine Kastenzither, die im 19. Jahrhundert aus einfacheren Vorläufern der bäuerlichen Tanzmusik als Volksmusikinstrument der alpenländischen Volksmusik entstand und mit zahlreichen anderen europäischen Zithern in Verbindung steht. Im ausgehenden 19. Jahrhundert hielt die Alpenländische Zither Einzug in die Salons des europäischen Bürgertums. Nach den Weltkriegen wurde ihre Bauweise bis zum heutigen Konzertinstrument in historischen Aufführungen und in der zeitgenössischen Musik weiterentwickelt.
Mit „Waldzither“, „Harzzither“, „Bergmannszither“ und weiteren regionalen Bezeichnungen sind keine Zithern gemeint, sondern zu den Lauteninstrumenten gehörende Cistern.
Der Ausdruck Zither geht auf das griechische Wort Kithara zurück. Im Deutschen tritt es im 17. Jahrhundert in den Formen Cyther und Zitter auf, dies bezeichnete aber zunächst die lautenartige Cister (oder auch Cyster). Die antiken Griechen kannten einen Vorgänger der Zither, das Monochord. Aus dem europäischen Raum gelten das mittelalterliche Scheitholt und das Psalterium als Vorläufer der Zither. Ebenso sind viele Formen dieses Instruments in ganz Asien zu finden, so zum Beispiel in Ostasien die Wölbbrettzithern Guzheng in China, Koto und Wagon in Japan, Đàn tranh in Vietnam und Ajaeng in Korea. Die Kannel in Estland und die Kantele in Finnland sind Kastenzithern. Das Hackbrett und die Santur in Iran und Nordindien sind ebenfalls Kastenzithern, die nicht wie die meisten Zithern mit den Fingern oder einem Plektrum gezupft, sondern mit Klöppeln geschlagen werden.
Eine der frühesten Beschreibungen eines Zither-Instruments im Alpenraum stammt von dem Schweizer Thomas Platter (1499–1582). Er berichtet, er habe sich in seiner Jugend Saiten auf eine Schindel gezogen, einen Steg darunter gemacht und die Saiten mit den Fingern angerissen. In „Syntagma musicum“ (1619) von Michael Praetorius wird ein Instrument dieser Art unter dem Begriff Scheit- oder Stückeholz erwähnt. Ein auf das Jahr 1675 datiertes Instrument aus Brixen hat die Form eines langen Rechtecks, zwei Spiel- und zwei Begleitsaiten und ein Griffbrett mit 14 Bünden. Erst zum Ende des 18. Jahrhunderts setzen lebhafte Anstrengungen zur Modernisierung des Instrumententypus ein, schwerpunktmäßig im Salzburger Raum und in Mittenwald.
Entscheidend für die Erfolgsgeschichte des Instruments im 19. Jahrhundert wurde Johann Petzmayer. 1803 in Zistersdorf geboren, wuchs er in Wien als Sohn eines Gastwirts auf und erlernte zuerst das Spiel auf der Violine, mit 16 Jahren dann auch auf der Zither. Seine Zither umfasste drei Melodie- und 15 Begleitsaiten und war das bevorzugte Instrument auf seinen ausgedehnten Konzertreisen. Auf seiner zweiten Deutschlandtournee 1836/37 hörte ihn der bayerische Herzog Max in Bayern, der Petzmayer daraufhin als Privatlehrer anstellte und ihm 1838 den Titel Kammervirtuose verlieh. Im selben Jahr veröffentlichte Nikolaus Weigel (aus Giesing bei München) seine Theoretisch-practische Zitherschule. 1838 begleitete Petzmayer Herzog Max auf einer Orientreise über Italien und Griechenland, um König Otto zu besuchen. In Ägypten musizierte er am Fuße der Pyramiden und komponierte auf einer Schiffsreise nach Assuan den Walzer Nilfahrt. Die Liebe zum Folkloristischen während der Biedermeier-Zeit bewirkte eine Blüte der Zither in Mitteleuropa, mit Entwicklung hin zu einem bürgerlichen Saloninstrument („Das Klavier des kleinen Mannes“). Schließlich wurden im ausgehenden 19. Jahrhundert Instrumente in hohen Stückzahlen hergestellt und weltweit exportiert, während sich in ganz Deutschland „Zither-Vereine“ gründeten, von denen einige noch heute bestehen.
Instrumententechnisch wurde der bisherigen Diskantzither 1851 durch Georg Tiefenbrunner eine sogenannte Alt- oder „Elegie“-Zither zur Seite gestellt, ein Instrument mit verlängerter Mensur und veränderter Stimmung (1 Quarte tiefer). Die erste Konzertzither der heutigen Bauform mit verlängerter Mensur wurde 1862 von Max Amberger in München gebaut. Um 1930 schuf Adolf Meinel sen. (1872–1953) in Markneukirchen eine Quintzither (1 Quinte höher) und eine Basszither (1 Oktave tiefer), die große Tradition des Zitherbaus wurde von seinem Sohn Adolf Richard Meinel (1910–2009) und wird von dessen Tochter Ulrike Meinel (* 1952) fortgesetzt.[1]
Die letzten großen Neuerungen des Zitherbaus fanden im 20. Jahrhundert statt, vor allem durch die Entwicklung einer Zither „in Psalterform“ von Ernst Volkmann (Ingolstadt). Volkmann ließ seine Kenntnisse vom Geigenbau einfließen. Durch eine gespannte Decke für den Korpus, sowie durch die teils enorme Verlängerung der Mensuren verlieh er seinen Instrumenten einen kräftigen, sich durchsetzenden Klang, der vor allem für die Interpretation von barocken Transkriptionen und zeitgenössischer Musik von Vorteil ist. Ernst Volkmann reagierte mit seinen Veränderungen auf die Weiterentwicklung der Spieltechnik, der Literatur und auf die veränderten Bedürfnisse professioneller Spieler. Zahlreiche Instrumentenbauer griffen seine Bauweise auf und entwickelten sie auf ihre Art weiter.
Die Familie der Konzertzithern beinhaltet vier Instrumente, die sich bezüglich Tonlage und Bauweise voneinander unterscheiden. Die allgemein übliche Zither wird als Diskantzither bezeichnet. Davon abgeleitet sind die Alt- (eine Quarte tiefer) und Basszither (eine Oktave tiefer). Die seltenere Quintzither ist eine Quinte höher gestimmt als die Diskantzither. Die verschiedenen Typen werden oft zusammen im Ensemble (als Kammermusik oder in größeren Besetzungen) gespielt, wobei jedes Instrument als solches auch solistisch verwendet wird. Bis auf die Diskantzither werden die Instrumente transponierend notiert: Altzither in g (tief), Basszither oktavierend in c (tief), Quintzither in g (hoch). Dabei wird der gesamte Tonvorrat transponiert, wobei der jeweilige Tonumfang der Instrumente im Bereich von fünfeinhalb bis viereinhalb Oktaven variiert.
Die Grundform der Konzertzither besteht aus einem flachen Kasten, auf dem parallel zur Längsseite 5 Griffbrettsaiten und 27 bis 37 Freisaiten gespannt sind. Unter den Freisaiten befindet sich ein Schallloch. Unter den Griffbrett- oder Melodiesaiten liegt das Griffbrett, das mit chromatischen Bünden unterteilt ist. Neben der am häufigsten gespielten Diskantzither gehören auch die Quint-, Alt- und Basszither zur Familie der Konzertzithern. Letztere sind transponierende Instrumente.
Eine der verbreitetsten historischen Zitherformen ist die Salzburger Form, die eine Ausbuchtung an der dem Spieler abgewandten Seite des Instruments aufweist. Eine andere Bauvariante ist die Zither in Mittenwalder Form, die sich an der Symmetrie der Gitarre oder Leier orientiert: sie hat zwei Ausbuchtungen. Eine moderne Zitherform ist die Psalterzither, die um 1970 vom Instrumentenbauer Ernst Volkmann (* 1921) entwickelt wurde. Diese innovative Bauweise ist eine verbreitete Vorlage für viele heutige Konzertinstrumente, etwa die Modelle der Instrumentenbauer Kleitsch, Meinel, Wünsche und Ziegler.
Die Konzertzither hat zwei Spielbereiche: Die Griffbrett- oder Melodiesaiten und die Freisaiten (umgangssprachlich auch Begleitsaiten). Die Griffbrettsaiten werden mit einem Zitherring (Plektron) am Daumen der rechten Hand angerissen, während sie von den Fingern der linken Hand gegriffen werden. Die Freisaiten werden mit den Fingern der rechten Hand angezupft.
Für die Konzertzither gibt es bis heute zwei weit verbreitete Besaitungen, die sich sowohl in der Stimmung der Griffbrettsaiten, als auch in der Stimmung der Freisaiten (früher „Begleit“- oder „Akkordsaiten“, „Bass“- und „Kontrasaiten“) unterscheiden: Die Standardbesaitung („Normalstimmung“, früher umgangssprachlich auch „Münchner Stimmung“) ist die entwicklungsgeschichtlich jüngere und heute gebräuchlichste Anordnung der Saiten.
Die Griffbrettsaiten sind auf a’, a’, d’, g, und c gestimmt. Die Freisaiten (ursprünglich Begleit- und Basssaiten) sind in Quart-Quint-Folge nach einem System von Nikolaus Weigel (1811–1878) angeordnet und decken den Tonraum von f’ bis Kontra F lückenlos (vollchromatisch) ab. Die Kontrasaiten sind von F abwärts in chromatischer Folge gestimmt (die Anzahl der Kontrasaiten und damit der Tonumfang kann je nach Instrumentenmodell variieren). Die Anordnung im Quintenzirkel bewirkt, dass die Grundakkorde einer Tonart nahe beieinanderliegen und als Einzelklang oder Kadenzfolge bequem und schnell zu greifen sind. Die Abfolge der Griffbrettsaiten orientiert sich an der Quinten-Stimmung der Streichinstrumente, wobei die zusätzliche a-Saite ein bequemes Greifen von Akkorden in hoher Lage ermöglicht. Die Notation erfolgt üblicherweise in zwei Systemen (ähnlich dem Klavier): das Griffbrett im oberen (Violinschlüssel), die Freisaiten im unteren (Bassschlüssel).
Die Standardbesaitung wurde 1878 beim Kongress des Verbandes deutscher Zithervereine als Normalstimmung eingeführt. Damit verfolgten ihre Protagonisten auch das Ziel, auf der Zither das Spiel von klassischer Literatur zu erleichtern. Verbreitung fand die Normalstimmung durch namhafte Komponisten und Zitherspieler wie Johannes Pugh, Josef Haustein (1849–1926), Richard Grünwald (1877–1963) und viele andere.
Die Wiener Besaitung wird heutzutage nur noch selten verwendet, meist für traditionelle Interpretationen der Wiener Salon- und der Schrammelmusik.
Die Griffbrettsaiten sind auf a’, d’, g’, g, und c gestimmt. Ein Merkmal der Wiener Besaitung ist die Hilfssaite g’ in der Mitte der Griffbrettsaiten. Der Freisaitenbereich der Wiener Besaitung unterscheidet sich von dem der Standardbesaitung in der Hauptsache durch den Umstand, dass sechs Saiten im Bassbereich (f, d, e, fis bzw. es und cis) eine Oktave tiefer gestimmt werden. Das teilt den Freisaitenbereich in zwei Tonbereiche (as’ bis gis und c bis Cis) und lässt ein Lücke von g bis cis. Die Kontrasaiten beginnen mit dem C und sind chromatisch abwärts gestimmt. Der gesamte Freisaitenbereich wird im Bassschlüssel notiert.
Die Wiener Stimmung wurde von Carl I. F. Umlauf (1824–1902) in seiner „Neuesten vollständigen theoretisch-praktischen Wiener Zitherschule“ (Wien 1859 bei Glöggl)[2] festgehalten und propagiert. Er schreibt über die Griffbrettbesaitung, wie sie später in der Normalstimmung eingesetzt wurde: „Es giebt auch Zithern, wo die Griffbrettstimmung a’–a’–d’–g–c ist; diese Stimmung jedoch verwerfe ich ganz aus dem Grunde, weil nicht mehr Effekt damit erzielt werden kann als mit 4 Saiten, und dann gewöhnlich auf dem zweiten a’ gespielt wird, welches nie den schönen und kräftigen Ton hat, wie am Platze des ersten a’.“
Die Scherrzither, auch Kratzzither oder Schlagzither ist eine bäuerliche Zither mit diatonisch angeordneten Bünden, die in der alpenländischen Volksmusik auch heute noch verwendet wird. Insbesondere wird das Spiel mit der Scherrzither im Allgäu, im benachbarten Vorarlberger und Tiroler Raum, sowie in Oberbayern gepflegt. Typologisch entspricht der Scherrzither die ungarische citera.
Abweichend zu Bau- und Funktionsweise der Konzertzither sind die Gitarren- oder Akkordzithern. Als Laieninstrumente konzipiert und industriell gefertigt, haben sie kein Griffbrett, sondern ausschließlich frei schwingende, bzw. in Akkordgruppen angeordnete Saiten. Ein spezielles Notenblatt (Tabulatur als Unterlegnoten) wird unter diese gelegt, so dass das auch Unterleg-Zither[3] genannte Instrument auch ohne Notenkenntnisse gespielt werden kann.
Eine E-Zither ist eine Diskantzither mit eingebauten elektrischen Tonabnehmern wie bei einer E-Gitarre.
Der Moodswinger ist eine elektrisch verstärkte Flachbrettzither. Der Moodswinger hat daneben einen zusätzlichen dritten, beweglichen Steg. Der dritte Steg teilt die Saiten in zwei Teile mit unterschiedlichen Tonhöhen. Je nachdem, wo die Saite gezupft wird, erklingt zusätzlich ein Flageolettton.
In traditionellen Volksmusikensembles des Alpenraums (zum Beispiel in der sogenannten Stubenmusik) nimmt die Zither seit langem einen zentralen Platz ein. Gemeinsam mit der Gitarre dient sie oftmals auch als Begleitinstrument für den Gesang.
Vor allem im Zuge der Weiterentwicklung des Instruments nach dem Zweiten Weltkrieg wurden zahlreiche Bearbeitungen für Zither allein oder Zitherensembles aus allen Epochen der Musikgeschichte geschaffen. Die hohe klangliche Affinität zu den historischen Zupf- und Lauteninstrumenten beförderte diese Bewegung.
Besonders seit den 1980er Jahren erregte das Instrument mit seinen unverbrauchten Klangmöglichkeiten und erweiterten Spieltechniken auch das Interesse namhafter zeitgenössischer Komponisten, wie zum Beispiel Violeta Dinescu, Georg Friedrich Haas, Leopold Hurt, Mauricio Kagel, Peter Kiesewetter, Bernhard Lang, Dieter Schnebel, Christian Wolff und Walter Zimmermann.
Die Hochschule für Musik und Theater München bietet als einzige Hochschule in Deutschland einen Studiengang Zither sowie den Abschluss Bachelor of Music an. Weiterhin gibt es eine Ausbildung an der Zither an mehreren Berufsfachschulen. Auch in Österreich und Südtirol bieten Hochschulen einen entsprechenden Studiengang an.[4]
Sonderformen zwischen Zither und Harfe, bei denen hinter den freien Saiten einer Harfe ein flacher Resonanzkörper hinzugefügt wird, sind in Europa seit dem 10./11. Jahrhundert auf Abbildungen überliefert. Die in der Neuzeit Spitzharfe oder Zwitscherharfe genannten Instrumente besaßen seit dem 13. Jahrhundert doppelt bezogene Saiten mit einem Schallkasten zwischen beiden Saitenebenen. Sie standen senkrecht auf dem Tisch und wurden wie eine Harfe mit den Händen von beiden Seiten gezupft. Spitzharfen waren noch einmal im 17. und 18. Jahrhundert beliebt.[5]