Albert Londres studierte in Lyon und begab sich im Jahre 1903 nach Paris. Im Jahre 1906 begann er seine Journalistenkarriere beim Matin. Mit Beginn des Ersten Weltkriegs arbeitete Albert Londres als Kriegsberichterstatter. Sein erster großer Artikel über das Feuer in der Kathedrale von Reims am 19. September 1914 wurde zwei Tage danach veröffentlicht.
Londres Wunsch nach Versetzung in den Orient wurde von der Redaktion des Le Matin abgelehnt. Es folgten Auslandsreportagen für andere Tageszeitungen, eine der meistgelesenen in Frankreich: Le Petit Journal. Im Jahre 1915 schrieb er über die Kämpfe in Serbien, Griechenland, der Türkei und in Albanien. Nach seiner Rückkehr berichtete er in Frankreich über die letzten Kriegsmonate. Im Jahre 1919 wurde er für seine Italien-Reportagen bei Le Petit Journal auf Intervenieren Clemenceaus entlassen. Er hatte darüber berichtet, dass die Italiener sehr unzufrieden mit den Friedensbedingungen durch Clemenceau, Lloyd George und Wilson seien. Er arbeitete von nun an für die Illustrierte Excelsior.
1920 unternahm er eine Reise in die UdSSR, von wo er über das neu entstandene bolschewistische Regime berichtete, Lebensbilder von Lenin und Trotzki zeichnete und Reportagen über die Leiden des russischen Volkes schrieb.
1922 ging er als Journalist nach Asien. Er berichtete auch über Nehru, Gandhi und Tagore in Indien. Von 1923 an wuchs sein Bekanntheitsgrad stetig, seine Reportagen erschienen im Verlag Éditions Albin Michel und wurden von Henri Béraud (1885–1958) betreut. Von nun an arbeitete er als Chefredakteur bei Le Petit Parisien. 1923 begab er sich nach Guyana und berichtete unter anderem über den dort herrschenden Rassismus.
Londres interessierte sich auch für die Tour de France und berichtete von den Qualen, die die Fahrer erleiden müssen (Les Forçats de la route und Tour de France, tour de souffrance). Er veröffentlichte, was ihm die Brüder Henri und Francis Pélissier über das Doping bei der Tour berichtet hatten.[1]
1929, während der Antisemitismus sich in Europa immer mehr ausbreitete, ging er nach Palästina. Er begegnete der jüdischen Gemeinschaft und war von ihr eingenommen. Er sprach sich für die Schaffung eines israelischen Staates aus, aber zweifelte ernsthaft an einem möglichen Abkommen zwischen Juden und Arabern. „Die Bevölkerungsunausgewogenheit lässt dunkle Tage erahnen: 700.000 Araber gegen 150.000 Juden.“ („Le déséquilibre démographique laisse présager des jours sombres : 700 000 Arabes contre 150 000 Juifs.“)
In seiner letzten veröffentlichten Reportage untersuchte er die Hintergründe des Terrorismus der makedonischen Nationalisten.
Londres starb 1932, als der französische Luxusdampfer Georges Philippar auf seiner Jungfernfahrt im Golf von Aden in Flammen aufging und ausbrannte. Er war auf dem Heimweg von Shanghai, wo er unter anderem im Bereich der organisierten Kriminalität recherchiert hatte. Durch das Schiffsunglück gingen auch die Ergebnisse seiner Recherchen verloren.
Die Edition Die Andere Bibliothek brachte 2013 einen repräsentativen Werkquerschnitt unter dem Titel Ein Reporter und nichts als das heraus.[2]
La Chine en folie (Arléa-Poche; Bd. 178). Arléa, Paris 2001, ISBN 978-2-86959-944-4 (EA Paris 1925).
„China aus den Fugen“ (übersetzt von Petra Bail) in Albert Londres: Ein Reporter und nichts als das. Mit einem Nachwort von Marko Martin. Andere Bibliothek, Berlin 2013, ISBN 978-3-8477-0348-8, S. 7–124.
Au bagne (Arléa-Poche; Bd. 125). Arléa, Paris 2008, ISBN 978-2-86959-816-4 (EA Le Petit Parisien, August/September 1923).
Bagno. Die Hölle der Sträflinge. E. Laub’sche Verlagshandlung, Berlin 1924 (mit einem Vorwort von Paul Block).
Dante n’avait rien vu (Coll. „Motifs“). Le serpent à plumes, Paris 1999, ISBN 2-84261-100-4 (EA Paris 1924).
Jude wohin? Ein Reisebericht aus den Ghettos der Welt. Phaidon-Verlag, Wien 1931 (übersetzt von Alexander Benzion).
Ahasver ist angekommen. Eine Reise zu den Juden im Jahre 1929.Deutscher Taschenbuchverlag, München 1998, ISBN 3-423-08445-6 (übersetzt von Dirk Hemjeoltmanns). Erneut in Albert Londres: Ein Reporter und nichts als das. Mit einem Nachwort von Marko Martin. Andere Bibliothek, Berlin 2013, ISBN 978-3-8477-0348-8, S. 127–300.
Les Comitadjis ou le terrorisme dans les Balkans (Arléa-Poche; Bd. 60). Arléa, Paris 1999, ISBN 2-86959-463-1 (EA Paris 1932).
Terror auf dem Balkan. Phaidon-Verlag, Wien 1932 (übersetzt von Alexander Benzion).
Pêcheurs de perles (Collection „Motifs“). Le serpent à plumes, Paris 2001, ISBN 2-84261-257-4 (EA Paris 1931).
„Perlenfischer“ (übersetzt von Petra Bail) in Albert Londres: Ein Reporter und nichts als das. Mit einem Nachwort von Marko Martin. Andere Bibliothek, Berlin 2013, ISBN 978-3-8477-0348-8, S. 303–433.
Visions orientales (Collection „Motifs“). Le serpent à plumes, Paris 2002, ISBN 2-84261-382-1.
Ein Reporter und nichts als das. Aus dem Französischen übersetzt von Petra Bail und Dirk Hemjeoltmanns. Die Andere Bibliothek, Berlin 2013, ISBN 978-3-8477-0348-8.
Afrika in Ketten. Reportagen aus den Kolonien. Aus dem Französischen übersetzt von Petra Bail und Yvan Goll. Die Andere Bibliothek, Berlin 2020, ISBN 978-3-8477-0424-9.