Carvedilol

Strukturformel
Strukturformel ohne Stereochemie
Allgemeines
Freiname Carvedilol
Andere Namen
  • (RS)-1-(4-Carbazolyloxy)-3-[2-(2-methoxyphenoxy)-ethylamino]-2-propanol
  • (±)-1-(4-Carbazolyloxy)-3-[2-(2-methoxyphenoxy)-ethylamino]-2-propanol
  • rac-1-(4-Carbazolyloxy)-3-[2-(2-methoxyphenoxy)-ethylamino]-2-propanol
Summenformel C24H26N2O4
Kurzbeschreibung

weißes bis fast weißes, kristallines und polymorphes Pulver[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 72956-09-3
EG-Nummer (Listennummer) 615-871-8
ECHA-InfoCard 100.117.236
PubChem 2585
ChemSpider 2487
DrugBank DB01136
Wikidata Q412534
Arzneistoffangaben
ATC-Code

C07AG02

Wirkstoffklasse

Alphablocker, Betablocker

Wirkmechanismus

Kompetitiver Antagonist an α1-, β1- und β2-Adrenozeptoren

Eigenschaften
Molare Masse 406,47 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

114,5 °C[2]

pKS-Wert

7,6[3]

Löslichkeit

praktisch unlöslich in Wasser (0,583 mg·l−1 bei 25 °C),[2] schwer löslich in Ethanol, praktisch unlöslich in verdünnten Säuren[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[4]

H- und P-Sätze H: 411
P: 273​‐​391​‐​501[4]
Toxikologische Daten

25 mg·kg−1 (LD50Rattei.v.)[2]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Carvedilol ist ein chiraler Arzneistoff aus der Gruppe der Betablocker, der als Racemat zur Behandlung des Bluthochdrucks (arterielle Hypertonie), der Angina pectoris und der chronischen Herzinsuffizienz eingesetzt wird. Er unterscheidet sich von anderen Betablockern durch zusätzliche Wirkungen als Alphablocker bzw. Vasodilatator. Carvedilol unterliegt der ärztlichen Verschreibungspflicht.

Klinische Angaben

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Anwendungsgebiete (Indikationen)

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Carvedilol wird zur Behandlung der essentiellen Hypertonie und der koronaren Herzkrankheit mit Angina pectoris eingesetzt. Carvedilol ist ebenfalls in Kombination mit Diuretika und ACE-Hemmern zur Behandlung der chronischen Herzinsuffizienz zugelassen.

Gegenanzeigen (Kontraindikationen)

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Absolute Kontraindikationen sind die dekompensierte Herzinsuffizienz, Herzinsuffizienz mit einer Ruheherzfrequenz < 50 min−1, akute Lungenembolie, Prinzmetal-Angina, Cor pulmonale, Asthma bronchiale, unbehandeltes Phäochromozytom, klinisch relevante Leberfunktionsstörungen, intravenöse Therapie mit Antiarrhythmika, kompletter Links- oder Rechtsschenkelblock, akute entzündliche Herzerkrankungen, hämodynamisch wirksame Herzklappenfehler, Personen unter 18 Jahren.

Relative Kontraindikationen sind die instabile Angina pectoris, AV-Block 1. Grades, periphere Gefäßerkrankungen und die Hypothyreose.

Unerwünschte Wirkungen (Nebenwirkungen)

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Als unerwünschte Arzneimittelwirkung kann es zu einer Verstärkung einer Prinzmetal-Angina (einer Form der Angina pectoris), zu Luftnot durch Bronchospasmus, verstopfter Nase, Gliederschmerzen, Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Verstärkung von Claudicatio intermittens und Raynaud-Syndrom kommen. Bei Patienten mit einer Herzinsuffizienz oder eingeschränkter Nierenfunktion kann eine Verschlechterung der Nierenfunktion eintreten, selten auch Nierenversagen. Weitere mögliche Nebenwirkungen sind Bradykardie, AV-Blockierungen, orthostatische Hypotonie mit Schwindelanfällen, Synkopen, Übelkeit und Durchfall. Selten können Sehstörungen und Augenreizungen, Verwirrtheit, Schlafstörungen, Psychose (Depressionen), Ödeme, Veränderungen der Leberwerte, allergische Reaktionen, Verstärkung einer Herzinsuffizienz, Thrombopenie und Leukopenie auftreten.[5]

Pharmakologische Eigenschaften

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Wirkungsmechanismus (Pharmakodynamik)

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Carvedilol ist ein kompetitiver Rezeptorantagonist für β- und α1-Adrenozeptoren. Die beobachtete Vasodilatation erfolgt hauptsächlich durch eine Blockade von α1-Adrenozeptoren. Carvedilol besitzt keine intrinsische sympathikomimetische Aktivität. Aufgrund der vasodilatierenden Eigenschaft senkt Carvedilol den peripheren Gefäßwiderstand, und aufgrund der β-Blockade wird die Plasma-Renin-Aktivität vermindert. Carvedilol wirkt zudem als FIASMA (funktioneller Hemmer der sauren Sphingomyelinase).[6]

Aufnahme und Verteilung im Körper (Pharmakokinetik)

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Carvedilol wird schnell resorbiert, der maximale Wirkspiegel wird nach etwa einer Stunde erreicht. Die absolute Bioverfügbarkeit liegt beim Menschen um 25 %. Die Plasmahalbwertszeit nach oraler Einnahme (Tabletten zu 6,25 bis 25 mg, verabreicht in einer Dosis von ein bis zweimal 3,125 bis 25 mg pro Tag[7]) beträgt etwa sechs bis zehn Stunden. Die Ausscheidung erfolgt überwiegend biliär über die Leber, ein geringer Anteil wird in Form von Metaboliten über die Niere ausgeschieden.

Klinische Studien

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Nachweis bei Herzinsuffizienz

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COPERNIKUS (Carvedilol Prospective Randomized Survival Trail) war eine Studie bei der Carvedilol versus Placebo eingesetzt wurde. Eingeschlossen waren Patienten mit Herzinsuffizienz NYHA IV. Carvedilol senkte die Gesamtsterblichkeit gegenüber dem Placebo um 35 %. Eingeschlossen waren Patienten mit Trinkmengenbegrenzung und unter Zusatzmedikation von ACE-Hemmern, Diuretika und Digitalisglykosiden. Diese Studie zeigte erstmals den Nutzen von Betablockern bei diesem Stadium der Herzinsuffizienz. Weiterhin besteht eine Kontraindikation von Betablockern bei der akut dekompensierten Herzinsuffizienz.

Vergleich mit Metoprolol

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Die 1996 begonnene und 2003 in The Lancet publizierte COMET-Studie mit 3029 Patienten zeigte eine Überlegenheit von 2 × 25 mg Carvedilol (die tägliche Maximaldosis[8]) im Vergleich zu 2 × 50 mg Metoprolol in nicht retardierter Form bei Patienten mit Herzinsuffizienz. Unter Carvedilol starben während der durchschnittlich fünf Studienjahre 88 Patienten weniger als unter Metoprolol, was einer statistisch signifikanten Senkung der Mortalität um 17 % entsprach. Die Relevanz dieser Studienergebnisse wird bis heute kontrovers diskutiert, da das Metoprolol in geringerer Dosis und in einer anderen Galenik verabreicht wurde, als es der heutigen Standardtherapie bei Herzinsuffizienz entspricht. Kritiker werfen den Leitern der von den Carvedilol-Anbietern Hoffmann-La Roche und GlaxoSmithKline finanzierten Studie vor, dass sie aufgrund dieser Erkenntnisse spätestens 1999 hätte abgebrochen werden müssen. In den aktuellen Leitlinien für die Behandlung der Herzinsuffizienz in Europa und den USA werden die Betablocker Bisoprolol, Carvedilol und Metoprolol als in adäquater Dosierung vermutlich gleichwertig angesehen.

Carvedilol ist chiral, enthält also ein Stereozentrum. Es gibt somit zwei Enantiomere, die (R)-Form und die (S)-Form. Die Handelspräparate enthalten den Arzneistoff als Racemat (1:1-Gemisch der Enantiomere). Das aktive Stereoisomer (Eutomer) ist die (S)-Form von Carvedilol.[9]

(R)-Enantiomer (oben) und (S)-Enantiomer von Carvedilol.

Monopräparate
CarLich (D), Carvedigamma (D), Dilatrend (D, A, CH), Dimetil (D), Querto (D), zahlreiche Generika (D, A, CH)[10][11][12]

Kombinationspräparate
Co-Dilatrend (A)

  • PA Poole-Wilson, K Swedberg, JG Cleland et al.: Comparison of Carvedilol and metoprolol on clinical outcomes in patients with chronic heart failure in the Carvedilol Or Metoprolol European Trial (COMET): randomised controlled trial. In: The Lancet, 2003, 362, S. 7–13. PMID 12853193.

Einzelnachweise

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  1. a b Europäische Arzneibuch-Kommission (Hrsg.): Europäische Pharmakopöe, 5. Ausgabe. Band 5.0–5.8, 2006.
  2. a b c Eintrag zu Carvedilol in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM) (Seite nicht mehr abrufbar)
  3. Eintrag zu Carvedilol. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 25. Juni 2019.
  4. a b Datenblatt Carvedilol bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 26. März 2024 (PDF).Vorlage:Sigma-Aldrich/Name nicht angegeben
  5. Anne Paschen: Herz. 2016, S. 262.
  6. J Kornhuber, M Muehlbacher, S Trapp, S Pechmann, A Friedl, M Reichel, C Mühle, L Terfloth, T Groemer, G Spitzer, K Liedl, E Gulbins, P Tripal: Identification of novel functional inhibitors of acid sphingomyelinase. In: PLoS ONE. Band 6, Nr. 8, 2011, S. e23852, doi:10.1371/journal.pone.0023852 (englisch).
  7. Anne Paschen: Herz. In: Jörg Braun, Roland Preuss (Hrsg.): Klinikleitfaden Intensivmedizin. 9. Auflage. Elsevier, München 2016, ISBN 978-3-437-23763-8, S. 185–283, hier: S. 262 f. (Carvedilol).
  8. Anne Paschen: Herz. In: Jörg Braun, Roland Preuss (Hrsg.): Klinikleitfaden Intensivmedizin. 9. Auflage. Elsevier, München 2016, ISBN 978-3-437-23763-8, S. 185–283, hier: S. 262 f. (Carvedilol).
  9. Joni Agustiana, Azlina Harun Kamaruddina, Subhash Bhatiaa: Single enantiomeric β-blockers – The existing technologies. In: Process Biochemistry, 2010, 45, S. 1587–1604.
  10. Rote Liste online, Stand: Oktober 2009.
  11. AM-Komp. d. Schweiz, Stand: Oktober 2009.
  12. AGES-PharmMed, Stand: Oktober 2009.