Dagmar Berghoff

Dagmar Berghoff (2004)

Dagmar Berghoff (* 25. Januar 1943 in Berlin) ist eine deutsche Hörfunk- und Fernsehmoderatorin. Große Bekanntheit erlangte sie ab 1976 als erste Tagesschau-Sprecherin.[1]

Beruflicher Werdegang

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dagmar Berghoff wurde als Tochter des Kaufmanns Gerhard Berghoff und seiner Frau Irene, geborene Sell, in Berlin geboren.[2] Wegen einer Missbildung an der linken Hand fehlen ihr seit der Geburt zwei Finger,[3][4][5] weswegen sie von ihrer Mutter nicht akzeptiert wurde. Sie wuchs von 1944 bis 1947 bei einer Tante in Nürnberg auf und kam dann zurück zu den Eltern und ihrem ein Jahr jüngeren Bruder nach Frankfurt an der Oder.[6] Die Familie zog später nach Ahrensburg bei Hamburg, wo sich die manisch-depressive Mutter 1950 selbst tötete.[6] 1957 zogen der Vater und die Kinder nach Hamburg-Marmstorf. Berghoff erlangte 1962 das Abitur am Lyzeum am Soldatenfriedhof.[7] Anschließend verbrachte sie je ein Jahr zum Sprachenstudium in London und Paris und studierte von 1964 bis 1967 Schauspiel an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Nach ihrer Tätigkeit als Fernsehansagerin, Hörfunksprecherin und Moderatorin beim Südwestfunk in Baden-Baden von 1967 bis 1976 kehrte sie 1976 nach Hamburg zurück und arbeitete für den Norddeutschen Rundfunk.

Am 16. Juni 1976 verlas Berghoff erstmals die Meldungen der Tagesschau in der ARD. Damit war sie die erste Tagesschau-Sprecherin.[1] Nachdem Chefsprecher Werner Veigel seine Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen aufgab, war sie vom 25. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 1999 Chefsprecherin der Nachrichtensendung.

Während ihrer Tätigkeit beim SWF trat Berghoff auch in Fernsehserien und am Theater auf. 1972 spielte sie eine Nebenrolle in Dieter Wedels dreiteiligem Fernsehfilm Einmal im Leben – Geschichte eines Eigenheims.

Während ihrer Zeit als Tagesschau-Sprecherin moderierte sie Musiksendungen wie das ARD-Wunschkonzert (1984–1992) sowie die NDR Talk Show. Sie wurde zweimal (1980 und 1990) mit dem Bambi und 1987 mit der Goldenen Kamera ausgezeichnet.

1983 sprach sie die Kassette Programmieren leicht gemacht – Ein BASIC-Einführungskurs mit Dagmar Berghoff. Seither lieh sie mehreren Hörbuch-Produktionen ihre Stimme. Sie war außerdem als Synchronsprecherin tätig.[8] Daneben war sie über Jahrzehnte Sprecherin der Philips Jahres-Chronik.

Dass sie für die ab Mitte der 1990er Jahre aufkommenden Auto-Navigationssysteme Fahrtrichtungshinweise gesprochen habe, trifft nicht zu. Allerdings nutzen manche Navigationssysteme die Stimme einer sogenannten Sprachdatenbank, die eine gewisse Ähnlichkeit mit der Stimme Berghoffs aufweist.

Nach dem Ausscheiden aus der Tagesschau moderierte sie noch Medienveranstaltungen sowie Sendungen des Hörfunkprogramms NDR 90,3.

Im Jahr 2013 war sie in einer Gastrolle in Riskante Entscheidung, einer Folge der ZDF-Fernsehserie Notruf Hafenkante, zu sehen.

Aus Anlass des 40. Jahrestages ihres ersten Auftretens in der Tagesschau verlas Dagmar Berghoff am 16. Juni 2016 noch einmal die Nachrichten in der ARD-Sendung Tagesthemen. 2019 trat sie in der Jubiläumssendung 40 Jahre NDR-Talkshow auf.

„Miss Tagesschau“

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als erste Sprecherin der Tagesschau der ARD wurde Dagmar Berghoff in den Medien oft als „Miss Tagesschau“ tituliert.[9] Im DDR-Fernsehen hatte bereits 1963 erstmals eine Frau die Nachrichten verlesen: Anne-Rose Neumann in der Sendung Aktuelle Kamera. Im ZDF las als erste Frau Wibke Bruhns 1971 in einer Spätausgabe von heute die Nachrichten. Trotzdem ist vor allem Berghoffs Tätigkeit als wegweisend in Erinnerung geblieben.[10][11]

Als Berghoff sich als Nachrichtensprecherin bewarb, herrschte, wie sie später berichtete, nicht nur bei Tagesschau-Chefsprecher Karl-Heinz Köpcke, sondern auch in Teilen der Öffentlichkeit die Ansicht vor, Frauen könnten keine Nachrichten sprechen, da sie nichts von Politik verstünden und bei Unglücksmeldungen emotional reagierten.[12] Als Feministin sieht sich Berghoff dennoch nicht, „obwohl ich […] eine ziemliche Verantwortung hatte, für diesen Beruf und für die Frauen. Wenn ich versagt hätte, wären wieder jahrelang nur noch Männer […] eingesetzt worden.“[13]

Die Tradition des stets emotionslosen, gleichmäßigen Vortrags Köpckes und Veigels setzte Berghoff nicht fort. Bei traurigen Meldungen empfand sie es als legitim, beispielsweise durch ein kurzes Verzögern eine Gefühlsregung anzudeuten. Eine auf das reine Vorlesen der Nachricht konzentrierte Präsentation ohne Spürenlassen von Betroffenheit und Anteilnahme verhindere, so sagt sie, das Entstehen einer, wenn auch nur sehr kurzen emotionalen Verbindung zwischen dem Berichtenden und den Zuschauern.[14]

Sie galt als professionell agierende, zuverlässige Sprecherin. Ein in einen Lachkrampf mündender Versprecher, bei dem sie 1988 in einer Meldung über ein Match des Tennisspielers Boris Becker statt vom WTC-Turnier von einem WC-Turnier sprach, wurde als Fernsehpanne berühmt.[15]

Berghoff gibt am 19. Oktober 2008 nach der Premiere des Disney-Musicals „Tarzan“ in Hamburg Autogramme

Als 18-Jährige war Dagmar Berghoff mit dem späteren CDU-Politiker Volker Rühe liiert.[16] Später führte sie über dreieinhalb Jahre eine Beziehung mit dem Regisseur Dieter Wedel.[17] Am 16. Mai 1991 heiratete sie Peter Matthaes, Privatdozent am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und von 1972 bis 1998 Chefarzt der chirurgischen Abteilung des Israelitischen Krankenhauses Hamburg, der im Jahr 2001 starb.

1972 trat Berghoff aus ihrer Kirche aus.[18]

Seit 1997 ist sie Schirmherrin des Kinderhilfswerks terre des hommes. 2008 wurde sie „Senderpatin“ des privaten Thüringer Regionalfernsehenprogramms salve.tv.

Sie lebt in Hamburg-Winterhude[19] und ist Anhängerin des Fußballklubs Hamburger SV.[20][21]

Auszeichnungen (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Commons: Dagmar Berghoff – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b Als „Miss Tagesschau“ auf Sendung ging. NDR, 6. September 2016, abgerufen am 22. Oktober 2016.
  2. Who's Who in the Arts and Literature, Vol. III: Literature, Zürich 1982, S. 37.
  3. Wie Berghoff ihre fehlgebildete Hand verbarg, Die Welt, 10. Januar 2013
  4. Als Sprecherin der Tagesschau bedeckte sie später die betreffende Hand mit den Sprechzetteln. Anfang 2013 thematisierte sie erstmals die Fehlbildung öffentlich.
  5. WELT: „Miss Tagesschau“: Wie Berghoff ihre fehlgebildete Hand verbarg. 10. Januar 2013 (welt.de [abgerufen am 3. November 2019]).
  6. a b Ich wollte mir das Leben nehmen. In: bunte.de. 2. November 2022, abgerufen am 16. November 2022.
  7. Helms-Museum Nr 37 Aktuell. (PDF) Abgerufen am 18. August 2023.
  8. Dagmar Berghoff in der Deutschen Synchronkartei
  9. Salzburger Nachrichten: Dagmar Berghoff - eine der ersten Nachrichtensprecherinnen wird 75. Abgerufen am 3. November 2019.
  10. Was Japan und die DDR der Welt voraus hatten. Abgerufen am 3. November 2019.
  11. Cornelia Wystrichowski: Einbruch in Männerdomäne: Vor 40 Jahren: Dagmar Berghoff erste Tagesschau-Sprecherin. Abgerufen am 3. November 2019.
  12. Salzburger Nachrichten: Dagmar Berghoff - eine der ersten Nachrichtensprecherinnen wird 75. Abgerufen am 3. November 2019.
  13. Salzburger Nachrichten: Dagmar Berghoff - eine der ersten Nachrichtensprecherinnen wird 75. Abgerufen am 3. November 2019.
  14. tagesschau.de: Berghoff-Interview: „Ich hatte Verantwortung für die Frauen“. Abgerufen am 3. November 2019.
  15. Tagesschau: Das WC T Turnier. Abgerufen am 23. März 2023.
  16. welt-des-wissens.com oder tischtennis.tuwa-abteilungen.de (Memento vom 16. September 2013 im Internet Archive)
  17. FOCUS Online: Mit Rühe war nur Händchenhalten. Abgerufen am 3. November 2019.
  18. NDR: DAS! - Gäste auf dem Roten Sofa. Abgerufen am 3. November 2019.
  19. Das Hamburger Allgemeine Rundschau - Promi-Radar. hamburger-allgemeine.de, 6. April 2021.
  20. Promis singen neue Fußball-Hymne: Wir sind die HS-VIPs! Abgerufen am 17. Oktober 2022.
  21. Abschlach! mit neuer HSV-Hymne – Video voller Promis! In: mopop.de. 21. Juli 2021, abgerufen am 17. Oktober 2022 (deutsch).