Enrique Lihn Carrasco (* 3. September1929 in Santiago de Chile; † 10. Juli1988 ebenda) war ein chilenischer Dichter und Autor. Bekannt wurde er für seine Gedichte, aber er schrieb ebenfalls Erzählungen, Romane, Essays und Theaterstücke.
1929 als Sohn von Enrique Lihn Doll und María Carrasco Delano geboren, besuchte Lihn zuerst das Saint George’s College und später das Liceo Alemán in Santiago de Chile.[1] Mit nur 13 Jahren wechselte er 1942 an die Escuela de Bellas Artes der Universidad de Chile, um dort Bildende Kunst zu studieren. Das Studium schloss er jedoch nicht ab und begann stattdessen zu schreiben. 1949 veröffentlichte er seinen ersten Gedichtband Nada se escurre. 1952 sorgte er zusammen mit Nicanor Parra und Alejandro Jodorowsky für Aufsehen, als sie an verschiedenen öffentlichen Orten Santiagos die poetische Collage „Quebrantahuesos“ aushängten.[2]
1965 erhielt er ein Stipendium der UNESCO, um in Europa Museologie zu studieren, und reiste nach Frankreich. Für seinen in Europa entstandenen Gedichtband Poesía de paso wurde Lihn 1966 mit einem Premio Casa de las Américas ausgezeichnet und verbrachte anschließend zwei Jahre in Santiago de Cuba. Später, vor allem nach der „Padilla Affäre“ um den kubanischen Dichter Heberto Padilla, distanzierte Lihn sich von Kuba. Von 1970 bis 1973 leitete Lihn die taller de poesía der Universidad Católica de Chile. Dank eines Guggenheim Stipendiums verbrachte er 1978 einige Monate in New York. Während dieses Aufenthalts entstand der Gedichtband A partir de Manhattan.[3] Während der chilenischen Militärdiktatur äußerte Lihn mit Werken wie El Paseo Ahumada und mit seiner sozialen und poetischen Maske des Gerardo de Pompier, die er öffentlich in Happenings auftreten ließ, seine Kritik an der sozialen und politischen Situation seines Landes.
Im Juli 1988 starb Enrique Lihn im Alter von 58 Jahren in Santiago de Chile an Krebs. Die Zeit seiner Krankheit dokumentierte er in Gedichtform; bis kurz vor seinem Tod hörte er nicht auf zu schreiben. Diese Gedichte erschienen postum unter dem Titel Diario de muerte und geben einen tiefen Einblick in die Konfrontation des Dichters mit seinem eigenen Tod.
Enrique Lihn zählt zu der sogenannten generación del 50 in Chile. Nach den großen chilenischen Dichtern der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts (Gabriela Mistral, Pablo Neruda, Vicente Huidobro) musste die jüngere Generation die Lyrik für sich neu erfinden und erobern. Allen voran distanzierte sich Nicanor Parra von der erhabenen lyrischen Stimme Nerudas und machte eine weitaus kolloquialere und alltäglichere Sprache für die Lyrik fruchtbar. Durchaus beeinflusst von Parra entwickelte Lihn eine ganz eigene lyrische Stimme und einen unverwechselbaren Stil. Seine Verse erinnern in ihrer Länge oft an poetische Prosa und nähern sich auch in ihren Themen bisweilen dem Essay an, ohne dabei aber je ihre poetische Tiefe aufzugeben. Immer wiederkehrende Themen seiner Gedichte sind die Kindheit und die Reise. Das übergeordnete Thema von Lihns Lyrik sind allerdings die Sprache und die Lyrik selber. Die Reflexion über das eigene Schreiben und über die Diskrepanz zwischen Welt und Gedicht zieht sich durch sein gesamtes Werk.
1949 – Nada se escurre, colección Orfeo, Talleres Gráficos Casa Nacional del Niño, Santiago
1955 – Poemas de este tiempo y de otro, Ediciones Renovación, Santiago
1963 – La pieza oscura, Editorial Universitaria, Santiago; online verfügbar über das Portal Memoria Chilena. 1972 erschien in París eine zweisprachige Ausgabe —La chambre noire— übersetzt von Jean-Michel Fossey gestaltet von Roberto Matta
1966 – Poesía de paso, Casa de las Américas, La Habana
1969 – Escrito en Cuba, Alacena / Era, México D.F.
1969 – La musiquilla de las pobres esferas, Universitaria, Santiago; online verfügbar über das Portal Memoria Chilena
1972 – Algunos poemas, colección OCNOS, Barral Editores, Barcelona
1975 – Por fuerza mayor, colección OCNOS, Barral Editores, Barcelona
1977 – París, situación irregular, Vorwort von Carmen Foxley; Ediciones Aconcagua
1978 – Lihn y Pompier, Ediciones del Departamento de Estudios Humanísticos, Santiago
1978 – The Dark Room and Other Poems, herausgegeben von P.Lerzundi, übersetzt von J. Felstiner, J. Cohen, D. Unger; New Directions, Nueva York
1979 – A partir de Manhattan, Universitaria, Santiago; online verfügbar über das Portal Memoria Chilena
1981 – Noticias del extranjero
1981 – Antología al azar, Ruray, Lima
1982 – Estación de los desamparados, Premia Editora, México D.F.
1983 – Al bello aparecer de este lucero, Ediciones del Norte, Hannover, USA
1983 – El Paseo Ahumada, mit Fotos von Paz Errázuriz y Marcelo Montecino, Zeichnungen des deutschen Künstlers Arestizábal; Ediciones Minga, Santiago; online verfügbar über das Portal Memoria Chilena (2004: Ediciones UDP con prólogo de Alejandro Zambra y dos poemas añadidos)
1986 – Pena de extrañamiento, Sin Fronteras, Santiago
1987 – Mester de juglaría, Hiperión
1987 – La aparición de la Virgen, mit Zeichnungen und Texten von Lihn
1988 – Antología de paso, LOM Ediciones, Santiago
1989 – Diario de muerte, herausgegeben und transkribiert von Pedro Lastra und Adriana Valdés, Universitaria, Santiago; online verfügbar über das Portal Memoria Chilena (2010: UDP con prólogo de Christopher Domínguez Michael)
2012 – La efímera vulgata, mit Fotografien von Luis Poirot; UDP, Santiago
1964 – Agua de arroz, Ediciones del Litoral, Santiago
1972 – Diez cuentos de bandidos, Anthologie mit einem Vorwort von Lihn; Quimantú, Santiago. Enthält:
«Quilapán», de Baldomero Lillo; «Complot», de Olegario Lazo Baeza; «Los dos», de Rafael Maluenda; «El cuarto de las garras», de Fernando Santiván; «El aspado», de Mariano Latorre; «Pat'e cabra», de Víctor Domingo Silva; «Cuesta arriba», de Luis Durand; «El último disparo del Negro Chávez», de Óscar Castro; y «La espera», de Guillermo Blanco
1989 – La República Independiente de Miranda, Editorial Sudamericana
2005 – Huacho y Pochocha, contiene 10 textos de sus dos anteriores libros de cuentos; Sudamericana, Santiago
2017 – Cuentos reunidos, enthält 12 Texte aus dem Band Agua de arroz und aus La República Independiente de Miranda, mit einem Vorwort von Roberto Careaga; Ediciones UDP, Santiago
Las gallinas, geschrieben in den 1970er Jahren; uraufgeführt unter der Regie von Pedro Vicuña am 22. März 2007 in der Sala Agustín Siré (Morandé 750, Santiago)
La Mekka, uraufgeführt unter der Regie von Gustavo Mezaen im Dezember 1984 im Theater „Imagen“, Santiago
Niu York, cartas marcadas, uraufgeführt 1985 vom Autor und der Theatergruppe Paseo Ahumada in der Casa Larga, Santiago
La radio, 1987
La comedia de los bandidos, uraufgeführt 1994 unter der Regie von Aldo Parodi