Henry Marie Joseph Frédéric Expedite Millon de Montherlant wurde in eine wohlhabende, katholisch-royalistische Familie hineingeboren, in der er nur zu Mutter und Großmutter ein inniges Verhältnis entwickelte. Die Adelsfamilie stammte aus der Picardie und hatte seit Generationen hohe militärische Posten inne.[1] Er hatte Hauslehrer und besuchte dann verschiedene Schulen, zuletzt ab Januar 1911 das katholische Collège Sainte-Croix in Neuilly. Diese Schule musste er im März 1912 wegen einer intimen Freundschaft mit einem jüngeren Schüler kurz vor dem Abitur verlassen. Bei Kriegsausbruch 1914 meldete er sich als Freiwilliger zur Armee und wurde schwer verwundet.[1] Den Ersten Weltkrieg verarbeitete er in der autobiografischen Erzählung Traum und dem Lied Chant funèbre pour les morts de Verdun („Totengesang für die Gefallenen von Verdun“). Beide Werke würdigen den Heroismus im Ersten Weltkrieg.
Erste literarische Versuche unternahm Montherlant schon als Zehnjähriger, teils zusammen mit seinem Jugendfreund Jacques-Napoléon Faure-Biguet. Nach dem Krieg wandte er sich endgültig dem Schriftstellerberuf zu. Seine Themen waren zunächst Jugend, Krieg und Stierkampf. Von 1920 bis 1924 war er Generalsekretär des Soldatenfriedhofes von Douaumont. Ab 1925 lebte er auf Reisen in Spanien und Nordafrika, um in den dreißiger Jahren wieder nach Paris zurückzukehren. Er hatte seinen größten Erfolg mit der Romantetralogie Les jeunes filles (dt. Titel: Erbarmen mit den Frauen) (1936–1939). Im Jahr 1940 war er als Kriegskorrespondent für die Zeitschrift Marianne und von 1942 bis 1945 beim Internationalen Komitee vom Roten Kreuz tätig. Während der Besatzungszeit war er weder Kollaborateur der Deutschen noch expliziter Anhänger der Résistance.
Nach dem Krieg wandte er sich dem Theater zu. Im Jahr 1960 wurde Montherlant in die Académie française gewählt.[2] Seine Gesundheit begann sich zu verschlechtern; er nahm nun nach einer Pause von mehr als zwanzig Jahren die Arbeit an Romanen wieder auf und veröffentlichte unter anderem La rose de sable und Les garçons, die auf jahrzehntealte Vorarbeiten zurückgehen.
Montherlant starb 1972 im Alter von 77 Jahren in seiner Wohnung in Paris, 25 Quai Voltaire, durch Suizid, indem er eine Zyankali-Kapsel zerbiss und sich gleichzeitig in den Kopf schoss.[3] Seinem Freund Jean-Claude Barat hinterließ er einen Zettel mit den Worten Je deviens aveugle. Je me tue („Ich werde blind. Ich töte mich“). In seinem Abschiedsbrief zitierte er Ernst Jünger. Der Brief gelangte in den Besitz des deutschen Schriftstellers, der ihn öfter herzeigte.[4]
Zu den prägenden Einflüssen seiner Jugend gehörten, neben seiner Familie, Sport, Literatur und Stierkampf. In seinen Anfangswerken sind Ich-Kult, Männlichkeit und der Kampf ums Dasein von ihm idealisierte Themen. Montherlant war vor allem von D’Annunzio, Nietzsche und Barrès beeinflusst. Erst später setzte er sich mit den Geschehnissen und der Gesellschaft seiner Zeit kritisch auseinander. Seine Stilsicherheit und sein gutes Vermögen, Menschen psychologisch zu analysieren, brachten ihm schon früh den Ruf eines Klassikers ein.
Montherlant war bekannt für antifeministische und frauenfeindliche Ansichten, die Simone de Beauvoir in einem Kapitel von Das andere Geschlecht behandelte.[5]
Les jeunes filles (dt. Die Liebschaften des Herrn Costals). 1977
La ville dont le prince est un enfant (dt. Die Stadt, deren König ein Kind ist). Fernsehfilm (La sept/Arte) 1997. Regie und Darsteller des Abbé de Pradts: Christophe Malavoy.[6]
Pierre Sipriot: Montherlant sans masque. Laffont, Paris:
L'enfant prodigue 1895–1932 ersch. 1982
Ecris avec ton sang 1932–1972 ersch. 1990. Biographie & Register für beide Bände
Album Montherlant. Iconographie réunie Commentée par Pierre Sipriot. Gallimard, Paris 1979 (Bibliothèque de la Pléiade)
Jacques Napoléon Faure-Biguet: Les enfances de Montherlant Plon, Paris 1941; ² Lefebvre, ebd. 1948 (Erinnerungen eines Jugendfreundes)
Patricia O’Flaherty: Henry de Montherlant (1895–1972). A Philosophy of Failure Reihe: „Modern French Identities“ Bd. 22 Lang, Oxford u. a. (engl.) 2003, ISBN 0-8204-6282-9 / ISBN 3-03910-013-0
Hermann Hofer: Interpretationen literarischer Texte der Kollaboration in: Karl Kohut (Hg): Literatur der Résistance und Kollaboration in Frankreich Bd. 3: Texte und Interpretationen. Narr, Tübingen 1984, ISBN 3-87808-910-4 (S. 142ff. über „Le Solstice…“)