Heorhij Narbut

Kyrillisch (Ukrainisch)
Георгій Іванович Нарбут
Transl.: Heorhij Ivanovyč Narbut
Transkr.: Heorhij Iwanowytsch Narbut
Kyrillisch (Russisch)
Георгий Иванович Нарбут
Transl.: Georgij Ivanovič Narbut
Transkr.: Georgi Iwanowitsch Narbut
Heorhij Narbut etwa 1920

Heorhij Iwanowytsch Narbut (* 25. Februarjul. / 9. März 1886greg. in Narbutiwka, Gouvernement Tschernigow, Russisches Kaiserreich; † 23. Mai 1920 in Kiew, Ukrainische SSR) war ein ukrainischer Maler, Buchillustrator und Grafiker.[1]

Heorhij Narbut kam 1886 auf einem Bauernhof, im heute nach ihm benannten Dorf Narbutiwka in der ukrainischen Oblast Sumy, als eines von sieben Kindern einer verarmten Adelsfamilie zur Welt. Seine Mutter war eine Priestertochter und sein Vater, unter dessen Vorfahren sich Saporoger Kosaken befanden, war Absolvent der Fakultät für Physik und Mathematik der Universität Kiew.[2] Sein jüngerer Bruder Wolodymyr Narbut (1888–1938) wurde ein bekannter Dichter.

Nachdem er 1906 das Gymnasium in Hluchiw abgeschlossen hatte[3] zog Narbut nach Sankt Petersburg, um dort an der Universität Orientalistik zu studieren. Er wechselte jedoch umgehend an die historisch-philologische Fakultät und verließ die Universität bereits wieder im November 1907.[3]

In Sankt Petersburg lernte er die Maler Iwan Bilibin und Mstislaw Dobuschinski[4] kennen, welche sich seiner annahmen und in die Petersburger Kunstwelt einführten.[5] Er wurde Schüler Bilbins und wohnte zwischen 1906 und 1912 in dessen Wohnung.[3] Zwischen 1907 und 1908 war er zudem Schüler von Léon Bakst und Mstislaw Dobuschinski an der Schule von Jelisaweta Swanzewa.

1907 stellte Narbut erstmals Illustrationen für Kinderbücher aus, was ihm umgehend Erfolg und Bekanntheit brachte. Seine anfänglichen Werke trugen noch die Spuren des Einflusses von Iwan Bilibin.[5]

Im Herbst 1909 reiste er für etwa ein halbes Jahr nach München, um dort unter anderem die Techniken von Albrecht Dürer zu studieren.[6] Dort besuchte er auch für kurze Zeit das Atelier von Simon Hollósy.[3] Nach seiner Rückkehr nach Sankt Petersburg wurde er Mitglied der Vereinigung Mir Iskusstwa (Die Welt der Kunst) und gewann durch das illustrieren von Buchumschlägen und Buchillustrationen, wie für das Fabelbuch von Iwan Andrejewitsch Krylow von 1912 und Märchen von Hans Christian Andersen, aber auch durch seine neoklassischen und symbolistischen Aquarelle an Bedeutung. Nachdem Narbut mit der Illustration von Kinderbüchern bekannt wurde, gestaltete er auch erfolgreich Bücher für Erwachsene.[5]

Gründer der Ukrainischen Staatlichen Akademie der Künste, 1917: Sitzend: Abram Manewitsch, Oleksandr Muraschko, Fedir Krytschewskyj, Mychajlo Hruschewskyj, Iwan Steschenko, Mykola Buratschek. Stehend: Heorhij Narbut, Wassyl Krytschewskyj, Mychajlo Bojtschuk.

Nach der Februarrevolution 1917 siedelte Narbut nach Kiew über und beteiligte sich an der Gründung der ukrainischen staatlichen Akademie der Künste, an der er nach deren Eröffnung im September 1917 Professor und im Februar 1918, in Nachfolge von Fedir Krytschewskyj, deren Rektor wurde. An der Akademie legte er den Grundstein für moderne Kunsterziehung und förderte junge Grafiker wie Robert Lisovsky.[4] Während des Ersten Weltkrieges war er Mitglied der Kriegsbeutekommission.[3] Außerdem war er Mitglied des Kollegiums und Vorsitzender der Kunst- und Industrieabteilung des Allukrainischen Komitees der bildenden Künste sowie Leiter einer Kommission zur Schaffung eines Museums auf Grundlage einer Kunstsammlung. Zudem war er Mitglied einer Kommission zur Schaffung eines neuen ukrainischen Wappens.[3] Narbut schuf eine Markenzeichen der modernen Ukraine, die die altslawischen Schriften der Kiewer Rus mit den symbolischen Farben und Merkmalen des ukrainischen Kosakenbarocks kombiniert.[7]

Nach der Oktoberrevolution arbeitete Narbut für viele ukrainische Zeitschriften und begann eine neue Version des ukrainischen Alphabetes zu entwerfen. Er starb am 23. Mai 1920 in Kiew an Typhus und wurde auf dem dortigen Baikowe-Friedhof beerdigt.[8]

Der 1977 von Nikolai Tschernych entdeckte Asteroid (3448) Narbut wurde nach ihm benannt.[9]

Die Nationalbank der Ukraine gab zu seinem 120. Geburtstag im Jahr 2006 eine Zwei-Hrywnja-Gedenkmünze[10] und die ukrainische Post 2008 eine Briefmarke zur Erinnerung des 90. Jahrestages der ersten Briefmarken der Ukraine mit Narbuts Konterfei sowie von ihm entworfenen Briefmarken heraus.

  • Myroslava M. Mudrak: Narbut / The Imaginative World of Heorhii Narbut and the Making of a Ukrainian Brand. Rodovid Press, Kyiw, 2020, ISBN 978-617-7482-42-9 (englisch)
  • Sasha Bychenko: NARBUT. Studii. Spohady. Lysty [A Supplemented Reproduction of the „Narbut Anthology“, destroyed in 1933]. Rodovid Press, Kyiw, 2020, ISBN 978-617-7482-41-2 (ukrainisch)
  • Українська абетка. Малюнки Георгія Нарбута. Verleger Oleksandr Sawtschuk, Charkiw 2022, ISBN 978-617-7538-35-5[11]
Commons: Heorhij Narbut – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Stella Rollig, Konstantin Akinsha, Katia Denysova (Hrsg.): The Eye of the Storm. Modernismen in der Ukraine. König, Walther, Wien 2024, ISBN 978-3-7533-0616-2, S. 38–45.
  2. Biografie Heorhij Narbut auf ikleiner.ru; abgerufen am 9. Mai 2016 (russisch)
  3. a b c d e f „Russische Malerei“ von Peter Leek, Seite 265; abgerufen am 9. Mai 2016 (deutsch)
  4. a b Eintrag Narbut, Heorhii in der Encyclopedia of Ukraine; abgerufen am 9. Mai 2016 (englisch)
  5. a b c Biografie Heorhij Narbut auf graphic.org.ru; abgerufen am 9. Mai 2016 (russisch)
  6. Biografie Heorhij Narbut auf ukrainians-world; abgerufen am 9. Mai 2016 (ukrainisch)
  7. Myroslava M. Mudrak: Avant-Garde. Art & Theatre. 1890-1939. In: Treasures of Ukraine: A Nation's Cultural Heritage. Thames & Hudson, London 2022, ISBN 978-0-500-02603-8, S. 170.
  8. Webseite über den Baikowe-Friedhof auf kiev-necropol; abgerufen am 9. Mai 2016 (russisch)
  9. IAU Minor Planet Center (3448) Narbut; abgerufen am 10. Mai 2016 (englisch)
  10. Gedenkmünze Heorhij Narbut auf der Webseite der Nationalbank der Ukraine; abgerufen am 10. Mai 2016 (ukrainisch)
  11. “Українська абетка. Малюнки Георгія Нарбута” і “НАРБУТ. Студії. Спогади. Листи”. In: UCU Center. Abgerufen am 28. Oktober 2024 (ukrainisch).