Porolissum wurde von den Römern 106 nach der Eroberung Dakiens gegründet. Da sich der OrtsnamePorolissum aus dem Lateinischen nicht erklären lässt, vermutet man, dass sich an dieser Stelle eine ältere dakische Siedlung mit einem ähnlich klingenden Namen befand. Die Römer errichteten vermutlich zuerst mehrere hölzerne, durch einen Limeswall verbundene Kastelle, in denen etwa 5000 Mann Auxiliartruppen stationiert waren.
Die Kastelle wurden später durch ein größeres Stein-Kastell auf dem Pomet-Hügel ersetzt. Dieses umfasste etwa 6,7 Hektar[1] und besaß vier Tore. Porolissum wurde 124 Verwaltungssitz der neu gebildeten Provinz Dacia Porolissensis, der sie den Namen gab. An den Abhängen des Pomet-Hügels entstand in den nächsten Jahrzehnten eine Zivilsiedlung (lat. vicus). Diese erhielt 157 ein steinernes Amphitheater, das Raum für etwa 5000 bis 8000 Zuschauer bot. Nachdem Septimius Severus (193–211) sie zum municipium erhob,[2] wurde sie in Municipium Septimium Porolissense umbenannt und das Amphitheater sowie mehrere Tempel wurden renoviert. 214 besuchte Caracalla die Stadt, zu diesem Zeitpunkt hatte diese inklusive der Auxiliartruppen etwa 20.000 Einwohner. Auch nach dem Abzug der Römer im Jahre 271 blieb die Stadt bewohnt, bis sie gegen Ende des 10. Jahrhunderts aufgegeben wurde und in Vergessenheit geriet. Im 19. Jahrhundert wurde sie wiederentdeckt.
In Porolissum waren unter anderem die cohors I Ulpia Brittonum civium Romanorum, die sich im Dakerkrieg ausgezeichnet hatte,[3] die cohors II Nervia Brittonum milliaria (seit 133 n. Chr. nachgewiesen[4]) und eine Einheit palmyrenischer Bogenschützen[5] (seit 120 n. Chr. nachgewiesen[4]) stationiert. Letztere sind seit der Regierungszeit Hadrians in der Provinz Dacia Superior nachgewiesen, entsprechende Militärdiplome wurden in den Kastellen Porolissum, Românași, Jibou, Cășei (Samum) und der Zivilsiedlung von Tibiscum gefunden.[6] Es wird angenommen, dass diese Einheit 114, in Vorbereitung auf die Partherkriege angeworben wurde.[7]
Die gesamte archäologische Stätte und das archäologische Ensemble mit allen zeitlichen Bauphasen, im Speziellen das Kastell, das Amphitheater und die antike Zivilstadt stehen nach dem 2001 verabschiedeten Gesetz Nr. 422/2001 als historische Denkmäler unter Schutz und sind mit dem LMI-Code SJ-I-s-A-04909 in der nationalen Liste der historischen Monumente (Lista Monumentelor Istorice) eingetragen.[8] Zuständig ist das Ministerium für Kultur und nationales Erbe (Ministerul Culturii și Patrimoniului Național), insbesondere das Generaldirektorat für nationales Kulturerbe, die Abteilung für bildende Kunst, die Nationale Kommission für historische Denkmäler sowie weitere dem Ministerium untergeordnete Institutionen.
Die Funde aus Porolissum befinden sich im Bezirksmuseum Zalău. Vor Ort sind Abgüsse einiger Bauelemente und Inschriften sowie Altäre zu sehen. Die Grundmauern einer Reihe von Gebäuden entlang der Römerstraße (Tempel und Tavernen sowie Privatgebäude) und im Innern der Stadtmauern (Praetorium) sind freigelegt und konserviert. Eine Beschilderung in Rumänisch und Englisch erschließt das Gelände. Das Amphitheater ist teilrekonstruiert, eine Linie aus Zement zeigt die ursprünglich erhaltene Höhe der Mauern an. Seit 2014 werden weitere Gebäude entlang der Römerstraße wieder freigelegt.
Jeden Sommer richtet das Museum Zalau ein Porolissum-Festival aus, in dem Mitarbeiter des Museums sowie anderer transylvanischer Museen und interessierte Laien römische, dakische und arpadzeitliche ungarische Ausrüstung, Bewaffnung und Taktik demonstrieren und Szenen aus der Geschichte der Stadt nachspielen. Das museumspädagogische Angebot führt in weitere Bereiche römischer Kultur, wie Ernährung und Handwerk ein.
Die ungarischen Archäologen Aladár Radnóti (1913–1972) und László Barkóczi führten im Kriegsjahr 1943 Ausgrabungen am Kastell durch. Erst seit den frühen 1970er Jahren finden erneut wissenschaftliche Untersuchungen statt. Damals kamen rumänische Archäologen erstmals zu anhaltenden Grabungskampagnen nach Porolissum. Während dieser Arbeiten sind sowohl Überreste von militärischen Einrichtungen, als auch Überreste der einstigen Stadt freigelegt worden – darunter öffentliche Bäder, ein Amphitheater und ein Tempel zu Ehren des Liber Pater. Eines der Kastelltore wurde als Besucherattraktion auf den antiken Fundamenten neu errichtet, zeigt jedoch unter anderem mit seinen zu eng gesetzten Zinnen und dem fehlenden umlaufenden Gesims an Tor und Mauer einen veralteten, ungenauen Rekonstruktionsstand.[9] Derzeit konzentriert sich ein rumänisch-amerikanisches Archäologenteam darauf, das Forum der Stadt freizulegen. Ein deutsch-ungarisch-rumänisches Forschungsprojekt widmete sich zudem dem Auxiliarkastell. Dabei wurden 2009 bis 2011 geophysikalische Prospektionen durchgeführt und im Zentrum des Kastells ein unterirdisches Gebäude untersucht, in denen anfangs ein Mithräum vermutet wurde, das sich letztlich aber als Zisterne zur Wasserversorgung des Kastells identifizieren ließ.
Nicolae Gudea: Porolissum. Der Schlußstein des Verteidigungssystems der Provinz Dacia Porolissensis (= Kleine Schriften aus dem Vorgeschichtlichen Seminar Marburg. Heft 29). Philipps-Universität Marburg, Marburg 1989.
Nicolae Gudea: Porolissum – Schlußstein der Verteidigung Dakiens. In: Hermann Vetters, Manfred Kandler (Hrsg.): Akten des 14. Internationalen Limeskongresses 1986 in Carnuntum. Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1990, ISBN 3-7001-1695-0, S. 833–842.
Nicolae Gudea: Porolissum. Ausschnitte aus dem Leben einer dakisch-römischen Grenzsiedlung aus dem Nordwesten der Provinz Dacia Porolissensis. Herausgegeben von Wolfgang Schuller, übersetzt von Kurt Schmidts (= Schwarzmeer-Studien. Band 6). Verlag Adolf M. Hakkert, Amsterdam 1998, ISBN 90-256-1127-3.
Grabungspublikationen und Fachmonographien
Gregor Döhner u. a.: Neue Forschungen im Kastell von Porolissum (Dakien, Rumänien). Bericht zur ersten Kampagne 2009. In: Kölner und Bonner Archaeologica. Band 1, 2011, S. 95–104.
Gregor Döhner u. a.: Forschungen im Kastell von Porolissum. Bericht zur Kampagne 2009. In: Marisia. Studii şi materiale. Band 30, 2010, S. 115–126.
Manuel Fiedler, Constanze Höpken, Szilamér-Péter Pánczél u. a.: Porolissum. Forschungen im Kastell auf dem Pomet von 2009 bis 2011. In: Kathrin Müller, Birgit Schiller, Fachschaftsrat des Winckelmann-Instituts der Humboldt-Universität zu Berlin (Hrsg.): Von Kreta nach Kuba. Gedenkschrift zu Ehren des Berliner Archäologen Veit Stürmer. Logos-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8325-4275-7, S. 449–468.
Nicolae Gudea: Porolissum. Un complex daco-roman la marginea de Nord a Imperiului Roman. Band 2: Vama romanǎna. Monografie arheologică, contribuṭii la cunoaṣterea sistemului vamal din provinciile dacice (= Biblioteca Musei Napocensis. Band 12). Muzeul naṭional de historie a Transivaniei, Cluj-Napoca 1996, ISBN 973-0-00252-5.
Nicolae Gudea, Dan Tamba: Porolissum. Un complex daco-roman la marginea de Nord a Imperiului Roman. Band 3: Despre templul zeului Iupiter Dolichenus din municipium Septimium. Muzeul Judetean de Historie si Artǎ, Zalău 2001, ISBN 973-8169-33-X.
Nicolae Gudea, Cristian Găzdac: Porolissum (= Coins from Roman sites and collections of Roman coins from Romania. Band 2). Editura Mega, Cluj-Napoca 2006, ISBN 973-7867-41-6.
Dumitru Gheorghe Tamba: Porolissum. Un complex daco-roman la marginea de Nord a Imperiului Roman. Band 4: Aşezarea civilă (vicus militaris) a castrului mare. Observaţii în legătură cu aşezările civile ale castrelor de trupe auxiliare din Dacia Porolissensis. Editura Mega, Cluj-Napoca 2008, ISBN 978-973-1868-45-5.
Endre Tóth: Porolissum. Das Castellum in Moigrad. Ausgrabungen von A. Radnóti, 1943. Ungarisches Nationalmuseum, Budapest 1978, ISBN 963-562-435-2.
Detailstudien
István Bajusz: Das Militäramphitheater von Porolissum in Dakien (Kreis Salaj, Rumänien). In: Limes XIX. Proceedings of the XIXth International Congress of Roman Frontier Studies held in Pécs, Hungary, September 2003. University of Pécs, Pécs 2005, S. 881–890.
Nicolae Gudea: Porolissum. Un focar al crestinismului timpuriu în provincia Porolissensis (secolele II–III p. Chr.) şi î epoca post aureliană (secolele IV–VI p. Chr) = Ein Zentrum des frühen Christentums in der Provinz Dacia Porolissensis (2.–3. Jahrhundert n. Chr.) und in der nachaurelianischen Zeit (4.–6. Jahrhundert n. Chr). Editura Mega, Cluj-Napoca 2016, ISBN 978-606-543-738-8.
Nicolae Gudea, Dumitru Gheorghe Tamba: Heiligtümer und Militär in Porolissum. In: Zsolt Visy (Hrsg.): Limes XIX. Proceedings of the XIXth International Congress of Roman Frontier Studies held in Pécs, Hungary, September 2003. University of Pécs, Pécs 2005, ISBN 963-642-053-X, S. 471–484.
Coriolan Horațiu Opreanu & Vlad-Andrei Lăzărescu: The province of Dacia. In: Dies. (Hrsg.): Landscape Archaeology on the Northern Frontier of the Roman Empire at Porolissum. An interdisciplinary research project. Mega Publishing House, Cluj-Napoca 2016, ISBN 978-606-543-787-6, S. 74–91, (Digitalisat).
Ioan Piso: Die Cohors III Campestris in Porolissum. In: Franziska Beutler, Wolfgang Hameter (Hrsg.): Eine ganz normale Inschrift … und ähnliches zum Geburtstag von Ekkehard Weber. Festschrift zum 30. April 2005. Österreichische Gesellschaft für Archäologie, Wien 2005, S. 325–332.
Ioan Piso: Zur Entstehung der Provinz Dacia Porolissensis. In: E. Weber, G. Dobesch (Hrsg.): Römische Geschichte, Altertumskunde und Epigraphik, Festschrift für Artur Betz zur Vollendung seines 80. Lebensjahres. (= Archäologisch-Epigraphische Studien 1). Wien 1985, 471–481.
Internationale Lehrgrabungin Porolissum – deutsch-ungarisch-rumänisches Ausgrabungsprojekt 2009–2011 auf der Webpräsenz der Humboldt-Universität zu Berlin, abgerufen am 26. März 2021.
www.porolissum.org (Memento vom 13. August 2012 im Internet Archive) (engl.) – amerikanisch-rumänisches Porolissum-Projekt 2004-2001 (englisch), abgerufen am 26. März 2021.
Porolissum Video (Youtube), bewegte Bilder und Musik ohne erläuternden Kommentar, abgerufen am 26. März 2021.
↑Carmen Ciongradi, Emilian Bota, Valentin Voișian: Eine Konstitution für die Hilfstruppen von Dacia Porolissensis aus dem Jahr 128 n. Chr. In: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik. Band 170, 2009, S. 212. jstor.org.
↑ abConstantin C. Petolescu: „Palmyreni sagittarii“ dans un nouveau diplôme militaire de la Dacie Supérieure. Latomus 34, 1975, 1021 jstor.org.
↑Ovidiu Tentea: Some Remarks on Palmyreni Sagittarii. On the first records of Palmyrenes within the Roman army. In: Ioan Piso, Viorica Rusu-Bolindeț, Rada Varga, Eugeia Beu-Dachin, Silvia Mustață, Ligia Ruscu (Hrsg.): Scripta Classica. Radu Ardevan Sexagenarii Dedicata. Babeș-Boyali University, Department of Ancient History and Archaeology, Centre for Roman Studies, Cluj-Napoca 2011, S. 371–378 (Volltext).
↑Ovidiu Tentea: Some Remarks on Palmyreni Sagittarii. On the First Records of Palmyrenes within the Roman Army. In: Ioan Piso, Viorica Rusu-Bolindeț, Rada Varga, Eugeia Beu-Dachin, Silvia Mustață, Ligia Ruscu (Hrsg.): Scripta Classica. Radu Ardevan Sexagenarii Dedicata. Babeș-Boyali University, Department of Ancient History and Archaeology, Centre for Roman Studies, Cluj-Napoca 2011, S. 6.
↑Ovidiu Tentea: Some Remarks on Palmyreni Sagittarii. On the First Records of Palmyrenes within the Roman Army. In: Ioan Piso, Viorica Rusu-Bolindeț, Rada Varga, Eugeia Beu-Dachin, Silvia Mustață, Ligia Ruscu (Hrsg.): Scripta Classica. Radu Ardevan Sexagenarii Dedicata. Babeș-Boyali University, Department of Ancient History and Archaeology, Centre for Roman Studies, Cluj-Napoca 2011, S. 7.