Norman Colin Dexter OBE (* 29. September 1930 in Stamford, Lincolnshire; † 21. März 2017 in Oxford)[1] war ein britischer Schriftsteller von Kriminalromanen, in denen seine Hauptfigur Inspector Morse auf zuweilen ungewöhnliche Weise seine Fälle löste. Motive aus seinen Romanen bilden die Grundlage für drei britische Fernsehserien: Inspektor Morse – Mordkommission Oxford, Der junge Inspektor Morse und Lewis – Der Oxford Krimi.
Dexter stammte aus einer gutbürgerlichen Familie. Der Besuch der Stamford School, eine der traditionsreichen englischen Public Schools, wurde ihm durch ein Stipendium ermöglicht. Nach Abschluss der Schule leistete er seinen Militärdienst beim Royal Corps of Signals ab. Danach studierte er die klassischen Fächer am Christ’s College der University of Cambridge. Das Studium beendete er 1958 mit einem Master-Abschluss. Er unterrichtete für einige Zeit am Wyggeston and Queen Elizabeth I College in Leicester. Ab 1957 unterrichtete er an der Loughborough Grammar School und ab 1959 am Tresham College of Further and Higher Education in den Midlands. 1966, als bei ihm Anzeichen einer beginnenden Taubheit auftraten, nahm er einen Posten an einem College in Oxford an, wo er in erster Linie für die Ausarbeitung von Prüfungsaufgaben und die Überprüfung ihrer Ergebnisse zuständig war und den er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1988 bekleidete. Ab November 2008 war Dexter maßgeblich an der Folge How to Solve a Cryptic Crossword der BBC-Serie Timeshift beteiligt.[2] Im September 2011 verlieh die University of Lincoln Dexter einen Ehrendoktor.[3]
Dexter war verheiratet mit Dorothy Cooper und hatte mit ihr zwei Kinder.
Dexter starb im März 2017 im Alter von 86 Jahren in Oxford.[4]
Die fast anekdotenhafte Geschichte, wie er zum Schreiben seiner Kriminalromane kam, wurde häufig kolportiert: 1972 weilte Dexter auf einem Familienurlaub in Wales, der komplett verregnet war, so dass der im Hotel gelangweilte Dozent zunächst zwei mittelmäßige Mystery-Storys schrieb. Daraufhin dachte er, dass er dies doch wohl noch besser könne, und schrieb „Der letzte Bus nach Woodstock“, in dem er die Figur des jungen Inspektor E. Morse einführte. Das Erlebnis, in einem Hotel festzusitzen, beschrieb Dexter schließlich humorvoll in „Eine Messe für all die Toten“.
Dexters Romane spielen alle in Oxford und Umgebung sowie dem kultivierten Oxbridge-Milieu. Morse löst seine Fälle stets unkonventionell und verfolgt gerne mehrere Theorien, wobei ihm sein umfassendes Allgemeinwissen stets zur Hilfe kommt, was er gerne beim rekordverdächtigen, allmorgendlichen Ausfüllen des Kreuzworträtsels aus der Times demonstriert. Leichten Lösungen misstraut er stets; wichtig ist ihm das Motiv des Täters. Auf die Ideen seiner Mitarbeiter verzichtet er nie, obwohl ihm selbst alles zu langsam geht. Selbst längst zu den Akten gelegte Fälle greift er erfolgreich wieder auf. Dabei zeichnet Dexter seinen Helden als höchst ambivalente Persönlichkeit: Morse, in frühen Jahren unglücklich verliebt, lebt einsam aber dank einer Erbschaft in guten Verhältnissen. Er wirkt stets auf verdächtige Frauen oder spätere Opfer, die seinem Charisma und dem Blick seiner stahlblauen Augen verfallen, merkwürdig attraktiv.
Da diese Liebe jedoch immer – bis auf kurze Momente („Eine Messe für all die Toten“) – unerfüllt bleibt oder sogar die Tragik der verpassten Chance beinhaltet, wie zum Beispiel in „Die Toten von Jericho“,[5] erklärt sich auch sein Hang zum Alleinsein und dem angeblich das Denken beschleunigenden Alkohol, was seinen Diabetes noch verschlimmert und schließlich auch zu seinem Tod führt, wobei Dexter zwar seinen Helden sterben, ihn aber dennoch den Fall lösen lässt. Außerdem ist Morse wohl neben Josephine Teys Inspektor Alan Grant, der als gelangweilter Krankenhauspatient in „Alibi für einen König“ (Daughter of Time, 1951) sogar den üblen Ruf Richards III. als mehrfacher Mörder rehabilitieren konnte, der einzige Held eines Krimis, der selbst vom Krankenbett aus einen mehr als 100 Jahre zurückliegenden Kriminalfall („Mord am Oxford-Kanal“) löst.
Romane
Erzählungen
Die Romane und Erzählungen sind – mit Ausnahme einer Handvoll von Kurzgeschichten – vollständig ins Deutsche übersetzt bei Rowohlt und als rororo-Taschenbuch erschienen. Der Schweizer Unionsverlag brachte die „altmodischen“ Kriminalromane Colin Dexters ab 2018 in überarbeiteter Übersetzung heraus.[7] Die Neuausgabe ist beständig in den Top 25 der Bestsellerliste Independent (Belletristik) des Börsenblatts des deutschen Buchhandels vertreten.[8]
Es gibt eine englische Fernsehserie Inspektor Morse, Mordkommission Oxford (produziert 1987–2000 von Carlton Television) um Inspector Morse (Darsteller: John Thaw, 1942–2002), deren 33 Folgen teilweise auf den Romanen Colin Dexters basieren. Thaw spielte – selbst von einer Krebserkrankung gezeichnet – seine letzte Rolle in der Episode The Remorseful Day, in der auch der von ihm verkörperte Morse sein Ende findet. In den Verfilmungen trat Colin Dexter, ähnlich wie Alfred Hitchcock, regelmäßig mit einem Cameoauftritt in Erscheinung, oft an der Theke eines Pubs sitzend oder im Umfeld der Colleges einem der Filmakteure begegnend.[5]
Von 2006 bis 2015 wurde mit Lewis – Der Oxford Krimi eine Spin-off-Serie produziert, die sich auf die Abenteuer von Morses Assistenten, dem mittlerweile zum Detective Inspector beförderten Robert Lewis, konzentriert, der nun selbst Mentor für einen jungen und relativ unerfahrenen Polizisten, James Hathaway, ist.
Seit 2012 läuft auf ITV die Prequel-Serie Endeavour. Sie erzählt von dem jungen Detective Constable Endeavour Morse (Shaun Evans). John Thaws Tochter Abigail spielt darin die Rolle der Journalistin Dorothea Frazil. Seit 3. September 2017 wird diese Serie unter dem Titel Der junge Inspektor Morse auf ZDFneo ausgestrahlt.[9][10]
Personendaten | |
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NAME | Dexter, Colin |
ALTERNATIVNAMEN | Dexter, Norman Colin |
KURZBESCHREIBUNG | britischer Krimi-Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 29. September 1930 |
GEBURTSORT | Stamford, Lincolnshire, England, Vereinigtes Königreich |
STERBEDATUM | 21. März 2017 |
STERBEORT | Oxford, Oxfordshire, England, Vereinigtes Königreich |