Im Ersten Weltkrieg wurde Franz Philipp als Soldat des 5. Badischen Infanterie-Regiments Nr. 113 an der Front in den Vogesen verschüttet und erlitt dabei einen irreversiblen Hörschaden. Noch während des Kriegs wurde 1916 in der Berliner Philharmonie seine von Kriegsbegeisterung geprägte Kantate Deutschlands Stunde uraufgeführt.
1919 bis 1924 war Franz Philipp als Kirchenmusiker in der Freiburger St.-Martins-Gemeinde tätig und hatte ab 1923 einen Lehrauftrag für Orgel, Gesang, Theorie und Musikgeschichte am Lehrerseminar. 1924 heiratete er Sophie Hummel und wurde zum Direktor des Badischen Konservatoriums für Musik in Karlsruhe berufen, das unter seiner Führung 1929 zur Staatlichen Hochschule erhoben wurde und von ihm bis 1942 geleitet wurde.
Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten gehörte er seit dem 1. Mai 1933 der NSDAP an (Mitgliedsnummer 3.463.967).[1] Während der Zeit des Nationalsozialismus komponierte Franz Philipp verschiedene NS-Feiermusiken zu Thingspielen und anderen Gelegenheiten, Volkskantaten und Gesangswerke mit Texten im Sinne der NS-Machthaber.[2] Philipp wurde von den Machthabern als Musiker sehr geschätzt. Sein Orchesterwerk „Heldische Feier“ Op. 35 wurde vom Völkischen Beobachter gefeiert als vorbildlich nationsozialistische Komposition, weil der Geist unseres Kampfes und die gestaltenden Mächte dieser Musik als zwei gültige Zeugen der inneren Wahrheit dieses neuen Weltbildes vor uns stehen.[3] Sein Fahnenlied op. 38, 2 wurde zum SA-Lied der SA-Gruppe Südwest.[4]
Trotz seiner Anbiederung an das nationalsozialistische Regime brachte ihm seine starke Verwurzelung in der katholischen Kirchenmusik scheinbar Schwierigkeiten und persönliche Konflikte ein, er trat 1942 von seinem Amt als Direktor der Musikhochschule Karlsruhe zurück. Seit seinem Rücktritt war er in Freiburg im Breisgau als freischaffender Komponist tätig. Herbert Haag gibt in einer Kurzbiographie als Grund für seinen Rücktritt gesundheitliche Gründe und das Jahr 1941 an.[5] Nach dem Krieg gelang es ihm anscheinend auch, seine tragende Rolle in der nationalsozialistischen Musik herunterzuspielen. Die Opusnummern der nationalsozialistischen Kompositionen versuchte er nach Kriegsende, als ihm sein Bekenntnis zum Nationalsozialismus peinlich war und er sich wieder intensiver der Komposition von kirchenmusikalischen Werken widmete, durch neue Kompositionen mit derselben Opuszahl zu tilgen.[6] In der zu seinem 70. Geburtstag erschienenen Festschrift kommt das Dritte Reich nicht vor. 1960 wurde er in Freiburg als erster Künstler mit dem Reinhold-Schneider-Preis ausgezeichnet und erhielt das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse.[1] Er starb 1972 in seiner Heimatstadt und wurde auf dem Freiburger Hauptfriedhof beigesetzt.
Franz Philipp versuchte, als Komponist nicht auf den ausgetretenen Pfaden des Cäcilianismus zu wirken, und setzte sich hingegen für die Neuorientierung der katholischen Kirchenmusik ein. Nur oberflächlich betrachtet erscheint er als ein Epigone von Anton Bruckner. Sein musikalisches Schaffen hat, von seinem Orgelwerk abgesehen, Bezüge zum Gregorianischen Gesang und zum deutschen Volkslied, ist somit von der sogenannten „Liturgischen Bewegung“ geprägt und umfasst Kinderlieder genauso wie groß angelegte sinfonische Chorwerke.
Trotz seiner umfangreichen Tätigkeit als Organist, bei der er sich besonders durch seine Improvisationskunst hervortat, hat Franz Philipp nur wenige Orgelkompositionen hinterlassen. Philipps Orgelopus ist im Gegensatz zu seinem sonstigen Schaffen sehr am spätromantischen Stil von Max Reger orientiert.
Sein Werk, das vorwiegend aus Chorkompositionen besteht, ist nach seinem Tod weitgehend in Vergessenheit geraten. Seine Kompositionen für den NS-Kult und Philipps Versuch einer späteren Kaschierung werden von Musikwissenschaftlern und Historikern nach wie vor kritisch beleuchtet und machen eine heutige Rezeption seines geistlichen Werks sicherlich nicht einfach.
Von 1960 bis 1979 bestand in Freiburg die Franz-Philipp-Gesellschaft, die das Mitteilungsblatt Vox herausgab.
Franz Philipps Opus umfasst offiziell 98 Titel, daneben existieren allerdings noch etwa 20 Werke ohne Opuszahl. Der Nachlass des Komponisten befindet sich in der Badischen Landesbibliothek und wurde dort verzeichnet.[7] Recherchen in Bibliotheken ergeben aber weitere Drucke seiner Stücke mit variierenden Angaben. Werke, die mit derselben Opuszahl aber eindeutig anderem Inhalt identifiziert werden konnten, sind durch eine angehängte -2 markiert und durch eine Fußnote erläutert.
Lenaulieder-Zyklus, op. 1 (1908)
Toccata für Klavier D-Dur, op. 2. Karlsruhe, F. Müller, 1927
Zwei Frauenchöre a cappella, op. 3. Karlsruhe, F. Müller, 1928
Deutsche Volkshymne zum Lob d. Arbeit für gem. Chor u. gr. Blasorchester mit Fanfaren. Dichtung von Heinrich Lersch. Komp. für Aufführungen im Freien mit Massenchören. op. 33. Augsburg, Böhm, 1934.
Es sungen drei Engel, Oberrheinisches Triptychon für 3stg. Frauen- oder Knabenchor a cappella, op. 43. Augsburg, Böhm, o. J. (UA Nürnberg 1949)
Lieder op. 44. Lieder für 1 Singstimme u. Klavier. Augsburg, Böhm, o. J.
Ewiges Volk, Volkskantate zu einer deutschen Chorfeier, op. 45. Augsburg; Wien, Böhm, o. J.
Festliche Andacht zur Heiligen Eucharistie, op. 45-2 (UA Freiburg i Br. oder Köln 1948). Düsseldorf, Schwann, o. J.[8]
Eine Folge von Hermann-Burte-Liedern : für eine mittlere Singstimme und Klavier, op. 46. Augsburg, Böhm, 1940
Jugendmusik, Marschlied der Baukompanien (Ged. von Wilhelm Schwarz), op. 47. Augsburg; Wien, Böhm, o. J.
Jugendmusik für 3 Geigen, (Triangel u. kleine Trommel nach Belieben), op. 47-2. Augsburg; Wien, Böhm,o. J.[8]
Als Herre Christ geboren ward. Eine Folge von Weihnachtsgesängen, op. 48 (UA Freiburg i. Br., St. Urban, 30. Dezember 1945). Augsburg; Wien, Böhm, um 1943.
Musik für eine deutsche Feier (Orgelwerke), op. 49. Heidelberg, Willy Müller, 1943.
Musik für eine deutsche Feier. Vorspiel, Choraldoppelfuge und Choral, Opus 49 a (Fritz Kaiser zugeeignet)[9]
Präludium, Tripelfuge und Choral g-Moll op. 49 a-2[8]
Aus dem Kinderland. Kinderlieder mit Klavierbegl., op. 53. Augsburg, Böhm, [Nachdr. 1968].
Hymne für eine Priesterfeier, op. 54. Frankfurt (Main) C. F. Peters. o. J (1990?)
Ecce sacerdos magnus, op. 55. Düsseldorf, Schwann, o. J.
Crucifixus etiam pro nobis, eine Folge von 10 Passions-Motetten op. 56[8]
Freiburger Psalter, op. 57
Freiburger Psalter. Eine Slg. von 31 Chorälen (nach d. gleichnam. Originalwerk für Volksgesang u. Orgel), op. 58,1. Düsseldorf, Schwann, 1948
Messen op. 59. Missa pax vobis für gemischten Chor a cappella. Düsseldorf, Schwann, 1945.
Mater Dei, ein Marienleben in lateinischen Gesängen, für Bariton solo (Evangelist) und gemischte Chor a cappella, op. 60. Freiburg im Breisgau, Christophorus-Verl. (1 Schallplatte).
Feierlicher Einzug, Präludium u. Choral, op. 62. Augsburg, Böhm, o. J.
Symphonische Kantate Zwischen Zeit und Ewigkeit’, op. 65
Trost der Nacht. 4 Madrigale für gem. Chor, op. 68. Augsburg, Böhm, o. J.
Klaviersonate G-Dur, op. 69
Geistliche Hymnen für gemischten Chor a cappella, op. 71
Neue Männerchöre, op. 73. Augsburg, Böhm, o. J.
Sanctus-Kantate, aus op. 74
Ernste und frohe Kanons, op. 76. Augsburg, Böhm, o. J.
Über aller Nacht ist Licht, Motette in drei Sätzen. Gedichte von Emil Gött. Augsburg, Böhm, 1954
Neue Chorlieder, op. 82. Augsburg, Böhm, o. J.
Symphonische Kantate De profundis, op. 83
Missa Symphonica Credo in unum Deum, op. 85
Symphonie d-moll, op. 97
Drei Motetten Cantica nova, op. 98. Augsburg, Böhm, 1962.
Orgelbuch zum Magnifikat. Freiburg i. Br., Herder, 1929. 2. Auflg. 1954
Wallfahrtslied zur schmerzhaften Mutter Maria in Todtmoos auf dem Schwarzwald (1935); Ged. von Paul Körber. Augsburg; Wien, Böhm, o. J.
Sankt-Nikolauslied (Text Heinrich Gassert (1937)). Augsburg; Wien, Böhm, o. J.
Drunten im Unterland. Ged. von G. Weigle. Augsburg; Wien, Böhm, o. J.
Zur heiligen Mutter vom guten Rat. 1stg. Volksgesang mit Orgel- oder Harmonium-Begl. Augsburg; Wien, Böhm, 1935.
Sankt Martins Hausherrenlied. Text von Wilhelm Fladt. Augsburg; Wien, Böhm, o. J.
Alte deutsche Weihnachtslieder für vierstimmigen gemischten Chor A-Cappella. Düsseldorf, Schwann, o. J.
Wallfahrtslied zur Heiligen Notburga. Augsburg, Böhm, o. J.
Zwei Volkslieder. In: Singendes Volk, Liederblätter für d. Bad. Jugend im Auftr. d. Ministeriums des Kultus u. Unterrichts Karlsruhe, Kunstdr. Künstlerbund, 1934
Ludwig Andersen: Franz Philipp. In Zeitschrift für Musik, 100, 1933, S. 561–562.
Theodor Ritte: Franz Philipp. Ein alemannischer Tonkünstler voll Herzblut, in: Mein Heimatland (Badische Heimat) 23, 1936, S. 141–143.
Hugo Ernst Rahner: Franz Philipp. In Zeitschrift für Musik, 107, 1940, S. 449–453
Franz-Philipp-Gesellschaft (Hrsg.): Franz Philipp. 70 Jahre. Das Bild eines deutschen Musikers in Zeugnissen von Zeitgenossen. Freiburg, 1960
Franz Ruh: Der Freiburger Komponist Franz Philipp 80 Jahre. In: Das Markgräflerland, Heft 2/3 1970, S. 141–145 Digitalisat der UB Freiburg
Michael Gerhard Kaufmann: ... im Südwesten des Reichs Träger und Künder deutschen Geistes .... Die „Staatliche Hochschule für Musik Karlsruhe am Rhein“ und ihr Direktor Franz Philipp. In: Musik in Baden-Württemberg. Jahrbuch. Bd. 6 (1999), S. 27–48.
Jean Christophe Prümm: Franz Philipp und die Erneuerung der katholischen Kirchenmusik., Magisterarbeit, Marburg, Universität, 2002
Judith Marcinczak: Nachlass Franz Philipp [in der Musikabteilung der Badischen Landesbibliothek]. Karlsruhe, Badische Landesbibliothek, 2003.
↑ abFred K. Prieberg: Handbuch Deutsche Musiker 1933–1945, CD-Rom-Lexikon, Kiel 2004, S. 5.249
↑Beispiele bei Fred K. Prieberg: Handbuch, S. 5.249 bis 5.256.
↑ abTheodor Ritte: Franz Philipp. Ein alemannischer Tonkünstler voll Herzblut, in: Mein Heimatland, Hrsg.: Landesverein Badische Heimat, Freiburg i. Br., Band 23, 1936, S. 141–142.
↑Der Kirchensänger, 37. Jg., Nr. 3, März 1937, S. 58
↑Judith Marcinczak: Nachlass Franz Philipp [in der Musikabteilung der Badischen Landesbibliothek]. Karlsruhe, Badische Landesbibliothek, 2003.
↑ abcdefghijklmnoFranz Philipp. 70 Jahre. Das Bild eines deutschen Musikers in Zeugnissen von Zeitgenossen. Freiburg, 1960. Werkverzeichnis A, nach Opus-Zahlen, S. 165–173
↑Herbert Haag: Oberrheinisches Orgelbuch. Willy Müller, Süddeutscher Musikverlag, Heidelberg, 1943. S. 9–28. Laut Einleitung ist das Choralthema der Kantate Ewiges Volk entnommen.
↑Herbert Haag: Oberrheinisches Orgelbuch. Willy Müller, Süddeutscher Musikverlag, Heidelberg, 1943. S. 71–76. Widmung: Meinem lieben Neffen Benhard Philipp gewidmet, gefallen am 5. März 1943 am Kubanbrückenkopf.