Die Gutenberg-Bibel, aufgrund der Zeilenanzahl von 42 Zeilen pro Seite auch „B42“ oder „B-42“ genannt, ist das erste mit beweglichen Lettern gedruckte Buch der westlichen Welt. Die lateinische Bibel entstand zwischen 1452 und 1454 in der Druckerwerkstatt von Johannes Gutenberg in Mainz. Mit Hilfe des Angestellten Peter Schöffer, des Geldgebers Johannes Fust und etwa 20 weiterer Mitarbeiter entstanden ca. 180 Exemplare. Neben den ca. 150 auf Papier gedruckten Bibeln gab es etwa 30 Ausgaben auf Pergament.[1] Die Gestaltung der Schrifttypen und des Drucks hält sich sehr eng an das Erscheinungsbild zeitgenössischer Handschriften. Aufgrund ihrer historischen Bedeutung und ästhetischen Qualität gilt die 42-zeilige Bibel als das wichtigste und wertvollste Buch der Druckgeschichte.
Als Vorlage für den Satz diente eine Handschrift der Vulgata, der auf Hieronymus zurückgehenden Übersetzung des Bibeltexts ins Lateinische, die zur Zeit Gutenbergs der Standardtext der lateinischen Bibel war.
Der Druck besteht aus zwei Bänden im Folio-Format. Der erste Band umfasst 648 Seiten, der zweite 634 Seiten.[2] Der erste Band enthält den ersten Teil des Alten Testaments, der zweite Band hauptsächlich die Propheten des Alten Testaments und das Neue Testament. Eine Ausnahme bildet das Exemplar der Library of Congress in Washington, das in drei Bänden gebunden ist.
Der Satzspiegel hat eine Größe von etwa 19,5 × 29 Zentimetern und besteht aus zwei Spalten (Kolumnen). Jede Kolumne enthält 42 Zeilen, die im Gesamtbild einen gleichmäßigen Blocksatz ergeben. Um einen gleichmäßigen Randausgleich zu erzielen, verwendete Gutenberg eine Vielzahl unterschiedlicher Letternformen, Ligaturen und Abkürzungszeichen. Insgesamt setzt sich der Text aus 290 Typenvariationen zusammen: 47 Großbuchstaben, 63 Kleinbuchstaben, 92 Abkürzungszeichen, 83 Ligaturen und 5 Interpunktionszeichen.
Als Schriftart wählte Gutenberg die Textura, eine Variation der gotischen Minuskel. Sie fand häufig Verwendung in liturgischen Büchern und zeichnete sich durch einen großen Schriftgrad aus. Dadurch war der Bibeltext auch bei schwachem Licht und aus einiger Entfernung lesbar und für den Gebrauch in der Kirche geeignet.
Auszeichnungen im Text entstanden im Anschluss an den Druck. Sie waren Aufgabengebiet des Rubrikators. Dieser erhielt neben dem Bibelexemplar eine tabula rubricarum, in der alle gewünschten Auszeichnungen aufgelistet waren.[3] Farbige Zeichnungen und Initialen wurden ebenfalls nach dem Druck individuell von Hand eingefügt. Diese Aufgabe übernahmen Illustratoren. Teilweise arbeiteten diese im Auftrag des Druckers, teilweise im Auftrag des Käufers. In der B42 finden sich keine Bilder auf Einzelseiten. Ausgeschmückt, meist durch Blumen- und Blätterranken, sind die freien Flächen um das Textfeld. Dadurch ist jede Ausgabe der Bibel ein Unikat.
Auf den Seiten 1 bis 9 und 257 bis 263 bestehen die Kolumnen nur aus 40 Zeilen, auf Seite 10 aus 41 Zeilen. Die übrigen Seiten, sofern es sich nicht um Kapitelenden handelt, wurden durchgehend mit 42 Zeilen gesetzt. Der Satzspiegel blieb allerdings unverändert, es wurde lediglich der Zeilenabstand (Durchschuss) verringert. Dies führte sicherlich zu einer Einsparung von Papier bzw. Pergament und somit zu einer Kostenvergünstigung.
Eine weitere Unregelmäßigkeit findet sich auf den Seiten 1, 7, 9, 257 und 258. Gutenberg versuchte, die roten Auszeichnungen ebenfalls in das Druckverfahren einzufügen. Dafür wurden zuerst die schwarzen Lettern gedruckt und in einem zweiten Arbeitsschritt die farbigen eingefügt. Das Ergebnis schien der gewünschten Optik allerdings nicht gerecht zu werden oder der Arbeitsaufwand wurde für zu hoch gehalten. Der Rotdruck wurde wieder eingestellt. Die genannten Abweichungen könnten ein Hinweis darauf sein, dass Gutenberg, noch während des Herstellungsprozesses der Bibel, an seinen Entwicklungen feilte und versuchte, Verbesserungen zu erreichen.
Über Entstehung und Herstellung der B42 gibt es keine gesicherten historischen Quellen. Um den Bibeldruck rekonstruieren zu können, führte die Forschung mehrere Untersuchungen an den erhaltenen Exemplaren durch. Neben Druckfarben- und Papieranalysen verglich sie die Exemplare genauestens miteinander. Daraus ergeben sich die Vermutungen, dass zu Beginn vier, später sechs Setzer an der Satzherstellung arbeiteten und auf zwei Pressen parallel gedruckt wurde. Für den kompletten Prozess von der Typenherstellung bis zu den ausgedruckten Seiten wird ein Zeitraum von zwei Jahren berechnet. Hinzu kommt die benötigte Zeit für Rubrizierung, Illuminierung, Bindung und Einbandgestaltung, welche externe Werkstätten übernahmen. Einen ähnlichen Zeitrahmen umfasste die Abschrift eines Bibelexemplars im Skriptorium. Gutenberg stellte mit Hilfe seiner Entwicklung des Drucks mit beweglichen Metall-Lettern in dieser Zeit um die 180 Exemplare her.[4]
Es gibt zwei Quellen, die Rückschlüsse auf Erscheinen und Auflagenhöhe der B42 zulassen. Zum einen ein handschriftlicher Vermerk im Papierexemplar der Bibliothèque Nationale in Paris, wonach Einband und Illumination im August 1456 fertiggestellt waren. Zu diesem Zeitpunkt musste der Druck also abgeschlossen sein.
Das zweite Dokument ist ein Brief von Enea Silvio Piccolomini (später Papst Pius II.), datiert auf den 12. März 1455. Dieser berichtete dem Empfänger Kardinal Juan Carvajal von einem Besuch in Frankfurt am Main. Bei dem Besuch traf er einen „erstaunlichen Mann“, der Bibelseiten „in höchst sauberer und korrekter Schrift ausgeführt, nirgendwo nachgemacht“ präsentierte. Piccolomini berichtete weiter, dass die Bibeln bereits vor ihrer Vollendung verkauft gewesen seien und er von 158 und 180 fertigen Büchern gehört hätte. Wenn er hier, wie in der Forschung vermutet, von Johannes Gutenberg und der B42 spricht, war der Bibeldruck vor Anfang 1455 vollendet. Die unterschiedlichen Zahlenangaben Piccolominis werden mit einer Änderung der Auflagenhöhe in der Druckphase erklärt. Unterstützt wird dieses Argument von der Tatsache, dass in einigen erhaltenen Exemplaren die 40-zeiligen Seiten durch neugesetzte 42-zeilige ersetzt wurden.
Die Münchner Bibliothekarin Ilona Hubay legte 1979 ein Verzeichnis aller existierenden Exemplare der 42-zeiligen Gutenbergbibel vor: Die bekannten Exemplare der zweiundvierzigzeiligen Bibel und ihre Besitzer, das sie erstmals im Kommentarband zur Faksimile-Ausgabe des Berliner Exemplars veröffentlichte. Sie identifizierte 47 Stücke und ihre Besitzer. Seit der Veröffentlichung des Hubay-Verzeichnisses wurden zwei weitere Exemplare identifiziert, so dass heute von der Gutenberg-Bibel weltweit noch 49 bekannte Exemplare existieren.[5] Diese sind teilweise nur noch einbändig oder in Fragmenten erhalten. 1987 ersteigerte das japanische Buchhandelsunternehmen Maruzen Co. Ltd. (Tokio) einen Band aus dem Besitz der amerikanischen Sammlerin Estelle Doheny für 4,9 Mio. US-$[6] (Die Frankfurter Rundschau nannte damals den Preis von 5,39 Mio. US-$.)[7]: Der Kaufpreis ist einer der höchsten, der je für ein Druckwerk bezahlt wurde.
Das Exemplar in der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen wurde 2001 von der UNESCO in die Liste des Weltdokumentenerbes „Memory of the World“ aufgenommen.[8]
Land | Besitzer | Hubay-Zahl | Umfang | Material | Anmerkungen |
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Belgien (1) | Bibliothèque municipale, Mons | 1 | 1. Band | Papier | unvollständig, Digitalisat |
Dänemark (1) | Dänische Königliche Bibliothek, Kopenhagen | 13 | 2. Band | Papier | |
Deutschland (13) | Hofbibliothek Aschaffenburg | 7 | 2 Bände | Papier | |
Staatsbibliothek zu Berlin | 3 | 2 Bände | Pergament | ||
Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, Frankfurt am Main | 6 | 2 Bände | Papier | ||
Hochschul- und Landesbibliothek Fulda | 4 | 1. Band | Pergament | ||
Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen | 2 | 2 Bände | Pergament | mit vielen Zusatzinformationen als Faksimile online[9] | |
Universitätsbibliothek Kassel | 12 | 1. Band | Papier | Immenhäuser Gutenberg-Bibel[10] | |
Universitätsbibliothek Leipzig | 14 | 4 Bände | Pergament | ||
Gutenberg-Museum Mainz | 8 | 2 Bände | Papier | ||
9 | 2. Band | Papier | |||
Bayerische Staatsbibliothek, München | 5 | 2 Bände | Papier | online | |
Schloss Gottorf, Schleswig | 47 | 1. Band | Papier | Fragment auf Papier aus der Marienkirche (Rendsburg) | |
Württembergische Landesbibliothek, Stuttgart | 10 | 2 Bände | Papier | [11] | |
Stadtbibliothek Trier | 11 | 1. Band | Papier | [12] | |
Frankreich (4) | Bibliothèque Nationale, Paris | 15 | 2 Bände | Pergament | |
17 | 2 Bände | Papier | |||
Bibliothèque Mazarine, Paris | 16 | 2 Bände | Papier | ||
Bibliothèque Municipale, Saint-Omer | 18 | 1. Band | Papier | ||
Großbritannien (8) | Universitätsbibliothek Cambridge | 22 | 2 Bände | Papier | |
National Library of Scotland, Edinburgh | 26 | 2 Bände | Papier | ||
Eton College Library | 23 | 2 Bände | Papier | ||
Lambeth Palace Library | 20 | 2. Band | Pergament | ||
British Library, London | 19 | 2 Bände | Pergament | ||
21 | 2 Bände | Papier | |||
John Rylands Library, Manchester | 25 | 2 Bände | Papier | ||
Bodleian Library, Oxford | 24 | 2 Bände | Papier | ||
Japan (1) | Keio University, Tokio | 45 | 1. Band | Papier | |
Österreich (1) | Österreichische Nationalbibliothek, Wien | 27 | 2 Bände | Papier | |
Polen (1) | Biblioteka Seminarium Duchownego, Pelplin | 28 | 2 Bände | Papier | |
Portugal (1) | Biblioteca Nacional de Portugal, Lissabon | 29 | 2 Bände | Papier | |
Russland (2) | Bibliothek der Lomonossow-Universität, Moskau | 49 | 2 Bände | Papier | Exemplar aus der Universitätsbibliothek Leipzig |
Russische Staatsbibliothek, Moskau | 48 | 2 Bände | Pergament | ||
Schweiz (1) | Bibliotheca Bodmeriana, Cologny | 30 | 2 Bände | Papier | |
Spanien (2) | Biblioteca Pública del Estado, Burgos | 31 | 2 Bände | Papier | |
Biblioteca Universitaria y Provincial, Sevilla | 32 | 2. Band | Papier | ||
USA (11) | University of Texas at Austin | 39 | 2 Bände | Papier | |
Indiana University Bloomington | 46 | 1 Band | Papier | Neues Testament, 116 Seiten[13] | |
Widener Library, Harvard University, Cambridge, Massachusetts | 40 | 2 Bände | Papier | ||
Beinecke Library, Yale University, New Haven, Connecticut | 41 | 2 Bände | Papier | Provenienz: Stiftsbibliothek Melk | |
Morgan Library & Museum, New York City | 37 | 2 Bände | Pergament | ||
38 | 2 Bände | Papier | |||
44 | 1. Band | Papier | |||
Public Library, New York City | 42 | 2 Bände | Papier | ||
Scheide Library, Princeton, New Jersey | 43 | 2 Bände | Papier | ||
Huntington Library, San Marino, Kalifornien | 36 | 2 Bände | Pergament | ||
Library of Congress, Washington D.C. | 35 | 3 Bände | Pergament |
Provenienz: Kloster St. Blasien bzw. das Nachfolgekloster Kloster St. Paul im Lavanttal. Durch diese 1926 unter Abt Richard Strelli verkauft durch Otto Vollbehr an die Library of Congress.[14] | |
Vatikanstadt (2) | Biblioteca Apostolica Vaticana | 33 | 2 Bände | Pergament | |
34 | 1 Band | Papier |
Vor allem ein japanisches Digitalisierungsteam hat Exemplare der Gutenberg-Bibel gescannt. Die meisten dieser Digitalisate sind online kostenfrei einsehbar.
Erfasst sind keine Digitalisate von Einzelblättern. Alle hier aufgeführten Exemplare sind vollständig digitalisiert und kostenfrei einsehbar. Die (inzwischen unvollständige) Liste ist alphabetisch nach Bibliotheksorten geordnet. Eine komplette Auflistung hält dagegen die Datenbank des Gesamtkatalogs der Wiegendrucke vor.