Das Zürcher Kammerorchester (ZKO, international Zurich Chamber Orchestra) ist ein 1945 gegründetes, in Zürich beheimatetes Kammerorchester. Das ZKO besteht heute aus 28 festen Mitgliedern (Streicher, Flöte, Oboe, Horn, Cembalo), gelegentlich spielt es in erweiterter Besetzung mit zusätzlichen Streichern sowie Holzbläsern, Blechbläsern, Harfe und Schlagzeug.
Das Kammerorchester wurde 1945 kurz nach dem Zweiten Weltkrieg von Edmond de Stoutz gegründet, der es bis 1996 leitete. Anfangs nannte sich das Orchester «Hausorchester-Vereinigung Zürich», seit 1951 spielt es unter seinem heutigen Namen. 1996 übernahm Howard Griffiths die Leitung, anschliessend 2006 bis 2011 Tang Muhai, von 2011 bis 2016 war Roger Norrington Chefdirigent. Seit 2016 hat Daniel Hope die Leitung inne.[1]
Das ZKO ging mehrmals auf Welttournee. Von den bisher über 6000 Konzerten fanden 1800 im Ausland statt. 1951 gab das ZKO sein erstes Auslandskonzert im Mailänder Piccolo Teatro, es folgten Reisen durch ganz Europa. Als erstes Schweizer Orchester absolvierte das ZKO 1956 eine Tournee durch die Vereinigten Staaten und Kanada sowie 1954 und 1985 durch die UdSSR. Weitere Tourneen unternahm das Orchester durch Nord- und Südamerika, Asien (z. B. China, Südkorea, Singapur), Ozeanien und Israel.[2]
Das Orchester hat zahlreiche Werke zur Uraufführung gebracht und eine umfangreiche Diskografie veröffentlicht. 2017 wurden zwei Aufnahmen mit je einem Echo Klassik in der Kategorie «Klassik ohne Grenzen» ausgezeichnet: For Seasons mit Daniel Hope (Violine) und ÜberBach mit Sebastian Knauer (Klavier).[10]
Seit 2002 sind Musiker und Administration im ZKO-Haus in der Nähe des Bahnhofs Zürich Tiefenbrunnen zuhause.[3] Dort finden sämtliche Proben des Orchesters sowie Kammermusik- und Kinderkonzerte, CD-Aufnahmen und private Konzerte statt. Der Konzertsaal bietet Platz für ca. 200 Besucher.[11] Grössere Konzerte mit bis zu 1200 Besuchern finden in der Tonhalle, im Schauspielhaus Zürich und in verschiedenen Kirchen statt.
In den letzten Jahren führte das Orchester zahlreiche Crossover-Projekte durch, auch mit dem Ziel, ein jüngeres Publikum für klassische Konzerte zu gewinnen. Bei diesen Projekten kam es zur Zusammenarbeit mit Künstlern wie der Sitar-Spielerin Anoushka Shankar, der Hard-Rock-Band Gotthard, dem Liedermacher Pippo Pollina und der Band Lunik,[12] klassische Musik verschmolz mit Rock, Pop oder World Music. 2017 spielte das ZKO an der Eiskunstlaufgala Art on Ice in Zürich[13] und vereinte im selben Jahr beim Digital Festival 2017 klassische Musik mit den Techno-Beats von Pantha du Prince, Tanz und 3D-Videoprojektionen.[14] Im Rahmen einer Zusammenarbeit mit dem Schauspieler Klaus Maria Brandauer als Artist in Residence (2016/17) war der Schwerpunkt die Verbindung von klassischer Musik mit dem gesprochenen Wort,[15] in der darauffolgenden Saison wurden Kunstformen wie beispielsweise Action Painting oder Fotografie in die Konzerte integriert.[16]
Von seiner Gründung 1945 bis 1963 war das Orchester finanziell weitgehend selbsttragend. Einzig durch eine hohe Anzahl an Konzerten im In- und Ausland[17] und einer auf Solidarität beruhenden Lohnstruktur konnte das Orchester finanziert werden. Edmond de Stoutz verzichtete jahrelang auf ein Honorar, und die Musiker akzeptierten familiensituationsbedingte Gagen.[18] Im Jahr 1963 initiierten Urs Schwarz und Edmond de Stoutz die Gründung der Gesellschaft der Freunde des Zürcher Kammerorchesters (GFZKO), um private Mäzene zu gewinnen.[19] Zu den Mitgliedern zählen heute unter anderem Elisabeth Kopp, Walter Bechtler, Sigmund Widmer, Walter Haefner, Hans Heinrich Coninx und Fred Luchsinger.[18] Seit 1969 erhält das Orchester auch Subventionen von der Stadt Zürich.[20]
1961 – Ernst Widmer: Hommages à Frank Martin, Béla Bartòk et Igor Strawinsky pour hautbois solo, timbales ad libitum et orchestre à cordes. Dirigent: Edmond de Stoutz (Tonhalle Zürich)
2010 – Heinz Spoerli: Ballett: Der Tod und das Mädchen. Dirigent: Willi Zimmermann (Tonhalle Zürich)
2013 – Tobias Krebs: ...Cuando el fuego abrasa...für Gitarre und Streichorchester. Dirigentin: Graziella Contratto (Hochschule Musik und Theater Zürich)
Bartók, Paul Müller-Zürich: Divertimento for strings (Sz113), Sinfonia no. 2 for strings and flute op. 53. Mit André Jaunet, Flöte; Dirigent: Edmond de Stoutz (Decca; 1954)
Wiener Moderne Schule. Werke von Schönberg, Webern, Berg. Dirigent Edmond de Stoutz (Amadeo; 1963)
Barockmusik aus England. Werke von Purcell, Locke, Stanley, Dowland. Dirigent: Edmond de Stoutz (Amadeo; 1964/65)
Die virtuose Viola da Gamba. Werke von Tartini und Telemann: Mit Eva Heinitz, Viola da Gamba; Dirigent: Edmond de Stoutz (Amadeo; 1965)The Bravura Bach. Mit Adolf Scherbaum, Trompete; Ulrich Lehmann, Violoncello; André Jaunet und André Lardrot, Oboe; Dirigent: Edmond de Stoutz. (Vanguard Records; 1965)
Mozart: Symphonien 25, 15 und 36. Dirigent: Howard Griffiths (Novalis; 1997)
Camille Saint-Saëns: Le Carnaval des Animaux / Beethoven Variations op. 35 / Introduction et Rondo capriccioso op. 28. Mit Ferhan & Ferzan Önder, Klavier; Dirigent: Howard Griffiths (Schweizer Radio DRS/Christophorus; 1997)
Ferdinand Ries: Sinfonien 1 bis 8. Dirigent: Howard Griffiths (cpo; 1999–2002)
Sharon Isbin plays Baroque Favorites for Guitar. Werke von Albinoni/Bach/Vivaldi. Mit Sharon Isbin, Gitarre; Dirigent: Howard Griffiths (Warner Classics; 2003)
Fazil Say: Mozart. Klavierkonzerte Nr. 12, 21 und 23. Mit Fazil Say, Klavier; Dirigent: Howard Griffiths (Naive classique; 2004)
Hommage à Mozart. Werke von Mozart. Dirigent: Muhai Tang (Universal Music Group/Philips Classics Records; 2006)
Bach & Sons. Werke von J. S. Bach, C. P. E. Bach. J. Chr. Bach. Mit Sebastian Knauer, Klavier; Dirigent: Sir Roger Norrington (Berlin Classics; 2011)
Mozart: Serenade No. 5, K. 204/213a, Divertimento No. 10, K. 247 «Lodronische Nachtmusik». Dirigent: Sir Roger Norrington (Sony Classical; 2014)
Ave Maria / Rejoice / Hallelujah. Werke von Händel, Mozart, Bach u. a. Mit Jonah Schenkel, Chor: Zürcher Sängerknaben. Dirigent: Alphons von Aarburg (Tudor; 2015)
For Seasons. Werke von Vivaldi, Bach, Frahm, Gonzales u. a. Mit Daniel Hope, Violine (Deutsche Grammophon; 2017) Ausgezeichnet mit einem Echo Klassik 2017
Journey to Mozart. Werke von Mozart und Zeitgenossen. Mit Daniel Hope, Violine (Deutsche Grammophon; 2018)
↑ abcSilvano Berti: Über Tourneen des Zürcher Kammerorchesters. In: Peter Marschel/Peter Révai (Hrsg.): Das Zürcher Kammerorchester. Mit Musik stromaufwärts. NZZ Libro, Zürich 2018, S.127–139.
↑ abSilvano Berti: Zu Hause in Zürich. In: Peter Marschel/Peter Révai (Hrsg.): Das Zürcher Kammerorchester. Mit Musik stromaufwärts. NZZ Libro, Zürich 2018, S.159–163.
↑ abPeter Marschel: Aus dem Glauben an Qualität. In: Peter Marschel/Peter Révai (Hrsg.): Das Zürcher Kammerorchester. Mit Musik stromaufwärts. NZZ Libro, Zürich 2018, S.11–13 (nzz-libro.ch).
↑Lorenz Stucki: Unser Freund, das Zürcher Kammerorchester. In: GFZKO (Hrsg.): 25 Jahre Zürcher Kammerorchester. Ein Portrait. Zürich 1978, S.7–8.
↑Jean-Pierre Hoby: Streichorchester im Spiegel der Zürcher Kulturpolitik. In: Peter Marschel/Peter Révai (Hrsg.): Das Zürcher Kammerorchester. Mit Musik stromaufwärts. NZZ Libro, Zürich 2018, S.199–203 (nzz-libro.ch).
↑Peter Marschel/Peter Révai: Das Zürcher Kammerorchester. Mit Musik stromaufwärts. NZZ Libro, Zürich 2018, S.234–236 (nzz-libro.ch).