Lockheed F-104 Starfighter | |
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F-104A „Starfighter“ der USAF | |
Typ | Abfangjäger |
Entwurfsland | |
Hersteller | Lockheed Corporation |
Erstflug | 4. März 1954 |
Indienststellung | 20. Februar 1958 |
Produktionszeit | 1956 bis 1975 |
Stückzahl | 2578 |
Die Lockheed F-104 „Starfighter“ ist ein einstrahliges Kampfflugzeug der Zeit des Kalten Krieges aus US-amerikanischer Produktion. Hergestellt wurde der „Starfighter“ durch die Lockheed Corporation in Burbank. Ab 1956 bauten Lockheed und später auch kanadische und europäische Lizenznehmer das Modell in großer Stückzahl. Die F-104 gehörte zur sogenannten Century-Reihe (F-100 bis F-110) und war als reiner Tag- und Abfangjäger konzipiert, optimiert für hohe Geschwindigkeiten und Steigleistung. Es hielt als erstes Flugzeug überhaupt die Rekorde für Höchstgeschwindigkeit (Mach 2,2), maximale Flughöhe (31.513 m) und maximale Steigrate (244 m/s) zusammen.[1]
Von der United States Air Force, die den Starfighter ursprünglich in Auftrag gegeben hatte, wurde er nur bis zum Ende der 1960er-Jahre verwendet, während sie später größeren und vielseitigeren Typen den Vorzug gab. Die Luftstreitkräfte mehrerer NATO-Staaten setzten die F-104 dagegen bis in die 1990er-Jahre ein, die italienische Aeronautica Militare sogar bis 2004. Ursprünglich als Abfangjäger konzipiert, wurde der Starfighter in verschiedenen Einsatzrollen verwendet. Hauptsächlich und zuletzt war er bei der Bundeswehr als Allwetter-Jagdbomber im Einsatz.
Bestechungsvorwürfe bei der Beschaffung führten in der Bundesrepublik Deutschland zum Lockheed-Skandal. Eine Absturzserie von F-104 bei der Bundeswehr in den 1960er-Jahren ist als Starfighter-Affäre bekannt, wobei innerhalb von 18 Monaten 44 Maschinen abstürzten.[1] Von den 916 von der Bundeswehr beschafften F-104 stürzten insgesamt ein Drittel ab, wobei 116 Piloten ums Leben kamen.[1] Dies brachte dem Flugzeugtyp sarkastische Bezeichnungen wie Witwenmacher, Erdnagel, fliegender Sarg oder Sargfighter ein.[2]
Im Dezember 1951 reiste Clarence Johnson, Chefingenieur der Lockheed Advanced Development Projects Unit auf den koreanischen Kriegsschauplatz und befragte Jägerpiloten zu ihren Erwartungen an ein neues Jagdflugzeug. Dort trafen die gut ausgebildeten US-Piloten mit ihren North American F-86 auf sowjetische MiG-15. Die MiG-15 war der größeren und komplexeren F-86 in vielen Eigenschaften überlegen. Deshalb gingen die Anforderungen der befragten Piloten in Richtung eines kleinen und einfachen, aber dennoch leistungsfähigen Typs.
Zurück in den USA, begann Johnson mit dem Entwurf eines solchen Flugzeugs. Knapp ein Jahr später war der Prototyp Lockheed L-246 startbereit, der dem späteren Starfighter schon sehr ähnlich sah.
Der Entwurf wurde der Air Force im November 1952 präsentiert und weckte das Interesse der Verantwortlichen, so dass eine entsprechende Ausschreibung auch anderen Herstellern zugeleitet wurde. Drei zusätzliche Designs wurden evaluiert – die Republic AP-55, eine verbesserte Version des Prototyps XF-91 Thunderceptor, die North American NA-212, aus der später die YF-107 wurde, und die Northrop N-102 Fang, ein neues Design mit dem General Electric J79-Nachbrennertriebwerk. Lockheed gewann die Ausschreibung und erhielt im März 1953 einen Entwicklungsvertrag. Bereits Ende Mai konnte mit dem Bau von zwei neuen Prototypen begonnen werden. Da das J79-Triebwerk noch nicht fertig war, benutzten beide Prototypen stattdessen das Wright J65. Der Erstflug eines Starfighters fand am 4. März 1954 statt. Die Gesamtzeit zwischen Auftragserteilung und Erstflug betrug nur etwa zwei Jahre. Eine kürzere Entwicklungszeit gab es nur bei der He 162, bei der der Zeitraum zwischen Auftragserteilung und Erstflug nur 69 Tage betrug. Heute ist bei neuen Jets eine Entwicklungszeit von etwa 10 bis 15 Jahren üblich.
Am 16. Mai 1958 stellte eine F-104A mit 2259,538 km/h einen Geschwindigkeits-Weltrekord auf. Am 14. Dezember 1959 erreichte eine F-104C die Weltrekordhöhe von 31.513 m (=103.389 Fuß).[3] Der Starfighter war das erste Flugzeug, das gleichzeitig die Rekorde für Geschwindigkeit, Höhe und Steigrate hielt.
Um die geplante Flugleistung zu erreichen, entwickelten die Lockheed-Ingenieure für die Tragflächen des Starfighter ein radikal neues Konzept: Sie waren so dünn wie möglich ausgelegt und relativ kurz, um den Luftwiderstand im Überschallbereich zu vermindern. Eine solche Auslegung reduziert die Änderungsrate der Luftströmung über die Tragfläche und vermindert den Wellenwiderstand, den die Schallmauer verursacht.
Die meisten anderen schnellen Düsenflugzeuge jener Zeit hatten nach hinten gepfeilte Tragflächen, die selbst bei geringer Spannweite eine lange Profilsehne ermöglichten und Platz für die Steuerelemente, das Fahrwerk und interne Tanks boten. Die Tragflächen des Starfighter waren dagegen trapezförmig und so dünn, dass in ihnen kein Platz für Fahrwerk und Tanks blieb. Diese Komponenten wurden stattdessen im hinteren Teil des Rumpfes untergebracht.
Die Kanten der Tragflächen waren so scharf, dass das Bodenpersonal nach der Landung sofort Gummileisten an ihnen anbringen musste, damit sich niemand verletzte. Der Vorteil dieser Konstruktion war ein exzellentes Verhältnis von Steigrate zu Luftwiderstand unter den meisten Bedingungen. Allerdings konnten im Luftkampf auf kurze Distanz auf Grund der hohen Flächenbelastung keine engen Kurven geflogen werden. Für den geplanten Einsatz als Abfangjäger zum Einsatz gegen in großer Höhe einfliegende sowjetische Bomber war dies jedoch unerheblich.
Ein weiterer Nebeneffekt eines kleinen Flügels ist eine hohe Landegeschwindigkeit. Zu deren Verringerung bekam der Flügel zwei sehr große, einteilige Landeklappen. Diese wurden durch einen über die gesamte Flügellänge gehenden nach unten abklappenden Vorflügel (System Bölkow[4]) massiv im Wirkungsgrad erhöht. Die ursprüngliche Forderung nach einer Unterstützung der Landeklappen durch das ebenfalls um 10–15° nach unten schwenkende Querruder wurde zugunsten einer Beeinflussung der Grenzschichtströmung („boundary layer“) verworfen.[5] Um einen Strömungsabriss an der Oberseite der Landeklappen an den bis zu 45,3° ausgelenkten Klappen zu verhindern, erhielt der Flügel eine relativ aufwendige Grenzschichteinblasung („boundary layer control“, BLC). Dabei wird dem Triebwerk beidseitig am Ende des Niederdruckverdichters Zapfluft entnommen und über eine Ventilklappe, ein Rohrsystem und ein der Länge nach geschlitztes Auslassrohr im voll ausgefahrenen Zustand vor den Landeklappenanlenkungen ausgeblasen. Es war aerodynamisch überzeugend, setzte aber voraus, dass das Triebwerk beim Landeanflug lief. Vorflügel- und Landeklappen wurden elektrisch gefahren und verriegelt. Die Landeklappen waren bei der späteren F-104G und -S mechanisch synchronisiert, bei den Vorflügelklappen war es nicht zwingend notwendig. Die US-Marine griff viele Jahre später die Idee, die Landegeschwindigkeit durch Unterstützung der Landeklappen über zusätzliche gemeinsame Querruderausschläge nach unten wirksam zu verringern, bei ihrem Trägerflugzeug F/A-18 wieder auf.[6] Das BLC-System wurde in späteren Kampfflugzeugen wegen des hohen Aufwands nicht mehr verwendet; zweiteilige Landeklappen waren im Bedarfsfall weniger aufwendig.
Zur zusätzlichen Schubregulierung waren bewegliche Lamellen an der Nachbrennerdüse (nozzle) angebracht, über die der Austrittsquerschnitt verändert werden konnte. Die Hydraulikbetätigung dieser „nozzle control“ der anfangs verwendeten J-79-Triebwerke der „A“-Reihe erforderte wie die BLC-Anlage einen erheblichen Wartungsaufwand und waren oft ein Teil der Absturzursache. Beim späteren von MTU in München modifizierten J79-J1K-Triebwerk wurden die Nozzle-Probleme gelöst und der Wartungsaufwand dadurch erheblich reduziert.
Der lange, schlanke Rumpf des Starfighter trug zu seiner hohen Leistung im Überschallbereich bei. Aufgrund der geringen internen Treibstoffkapazität hatte das Flugzeug ohne Außentanks jedoch nur eine beschränkte Reichweite. Mit Zusatztanks dagegen wurden die ohnehin bescheidenen Möglichkeiten zum Tragen von Waffen und Ausrüstung weiter eingeschränkt. Das wurde bei der Beschaffung der „G“ durch die Bundesluftwaffe angesprochen. Lockheed schlug zwei weitere Unterflügelstationen als Lösung vor. Dazu hätte aber die Flügelstruktur erheblich überarbeitet werden müssen. So wurde die Idee bei der Beschaffung der „G“ wieder verworfen. Die italienische Luftwaffe nahm sie bei der Konzeption der „S“-Version wieder auf und bestellte ihre Maschinen mit zwei zusätzlichen Unterflügelstationen. Durch die zusätzliche Waffenlast relativ weit außen am Flügel veränderte sich jedoch die Längsstabilität, weshalb dann die italienische „S“ am Heck zwei zusätzliche Flossen rechts und links neben der zentralen Finne zur Stabilisierung erhielt.
Im Luftkampf erwies sich die F-104 im horizontalen Kurvenkampf als unterdurchschnittlich: Ihre hohe Tragflächenbelastung erzeugte einen zu hohen Geschwindigkeitsverlust in engen Kurven und schränkte die Manövrierbarkeit ein. Aus diesem Grund wurden die Piloten in der Ausbildung der NATO-Luftwaffen dazu angehalten, möglichst vertikale Kurvenkämpfe zu suchen, da hier die enorme Steigfähigkeit der 104 ausgenutzt werden konnte. Außerdem zeigten sich Probleme bei schlechtem Wetter. Das wurde vor allem während der diversen indisch-pakistanischen Konflikte deutlich, als pakistanische Starfighter auf indische MiG-21 trafen. In Luftgefechten auf kurze Distanz in niedriger Höhe, für die das Flugzeug konstruktiv nicht ausgelegt war, war es anderen Maschinen unterlegen. Starfighterpiloten versuchten daher immer, den Gegner in die Höhe zu zwingen, während MiG-21-Piloten genau das Gegenteil versuchten.
Die Maschine verfügte über das damals hochmoderne Radargerät NASARR F-15-A (North American Search and Ranging Radar) der US-Firma Autonetics. Erst in den 2000er-Jahren wurde bekannt, dass Wartungstechniker durch von diesem Gerät ausgehende Röntgenstrahlung teils gravierende Gesundheitsschäden erlitten haben. Ein Infrarot-Zielgerät mit Schussbereichsrechner ist ebenfalls vor der Cockpitfrontverglasung bündig eingesetzt. Weiter ist ein IFF (Freund-Feind-Erkennung)-Empfänger, TACAN und ein UHF-Funkgerät eingebaut.
Kenngröße | Daten |
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Typ | Jagdbomber |
Besatzung | 1 |
Länge | 16,66 m |
Spannweite | 6,68 m |
Flügelfläche | 18,22 m² |
Flügelstreckung | 2,22 |
Tragflächenbelastung 1 | 349 kg/m² minimal (Leermasse) 514 kg/m² nominal (normale Startmasse) 723 kg/m² maximal (maximale Startmasse) |
Höhe 2 | ca. 4,09 m |
Leermasse | 6.350 kg (je nach Rüststand) |
normale Startmasse | 9.365 kg |
max. Startmasse | 13.170 kg |
Höchstgeschwindigkeit | Mach 2,0 bzw. ca. 2.200 km/h (in 36.000 ft) |
Marschgeschwindigkeit[9] | ca. 810 km/h in Bodennähe
Mach 0,92 in großer Höhe |
Anfangs- Steiggeschwindigkeit |
244 m/s |
Dienstgipfelhöhe | 15.240 m |
Einsatzradius 3 | 1.740 km mit Zusatztanks | 670 km ohne Zusatztanks
Überführungsreichweite | 2.623 km |
Triebwerk | bis 1970: 1 × Strahltriebwerk General Electric J79-GE-11A ab 1970: 1 × Strahltriebwerk GE-MTU J79-J1K (verbesserter Lizenzbau von MTU) |
Schubkraft J79-GE-11A | 44,50 kN ohne Nachbrenner 69,42 kN mit Nachbrenner |
Schubkraft J79-J1K | 46,48 kN ohne Nachbrenner 70,95 kN mit Nachbrenner |
Schub-Gewicht- Verhältnis |
1,11 maximal (Leermasse) 0,76 nominal (normale Startmasse) 0,54 minimal (maximale Startmasse) |
Stückpreis | 1,42 Millionen US-Dollar (1961: 6 Millionen DM 4) |
Die Gatling-Maschinenkanone ist unter dem Cockpit links rumpfbündig eingebaut. Sie hat eine Kadenz von 4000 Schuss/min. Die Kanone wurde bei den Aufklärerversionen durch einen Kamerasatz ersetzt. Spätere Kampfwertsteigerungsprogramme ersetzten die T171 durch die modernere M61A1.
Der Starfighter wurde in mehreren Versionen produziert, darunter auch Trainingsflugzeuge (TF-104) in zweisitziger Ausführung. Die US Air Force bestellte nur 296 Starfighter in ein- und zweisitzigen Versionen.
Das Flugzeug schien für die NATO-Partner nützlicher zu sein, und so wurden 2578 Stück (teilweise im Rahmen eines Militärhilfe-Programms der USA) in verschiedene Länder geliefert bzw. dort gebaut. Im Wesentlichen: Kanada, Bundesrepublik Deutschland, Italien, Norwegen, Niederlande, Belgien, Dänemark, Griechenland, Türkei, Spanien, Republik China (Taiwan) und Japan. In Europa wurde die Maschine in Lizenz von mehreren Arbeitsgemeinschaften in Deutschland, den Niederlanden und Belgien als F-104 G (für Germany – deutsche Version) und von Fiat/Italien als F-104 S (für die Verwendung von „Sparrow“-Luft-Luft-Raketen) hergestellt.
Zur Abstimmung der umfangreichen europäischen Fertigung mit über 140.000 Beschäftigten wurde eigens im Mai 1960 die ODC (Organisme de Direction et de Controle) mit Sitz in Koblenz gegründet. Um die Entscheidungswege weiter zu verbessern, wurde dann fünf Monate später die ODC in die NASMO (NATO Starfighter Management Office), ebenfalls mit Sitz in Koblenz, umgewandelt. Darin waren etwa 30 Techniker und Ingenieure von Lockheed und den amerikanischen Lizenzgebern aus der Zulieferindustrie und gut 130 Mitarbeiter der europäischen Lizenznehmer und Betreiber vertreten. Zwei permanent besetzte Gremien aus den vier beteiligten Ländern bestehend aus Mitarbeitern der Beschaffungsbehörden und der Industrie koordinierten die umfangreiche europäische Produktion. Die ebenso in Koblenz angesiedelte LAAO (Lockheed Aircraft Advisory Office) arbeitete eng mit der NASMO zusammen und überwachte wiederum deren Entscheidungen.
Die Baugruppen wurden in den verschiedenen Fertigungsstätten in einer so hohen Qualität montiert, dass bei Ausfall einzelner Standorte (so z. B. geschehen bei der Sturmflut 1962 in Hamburg) die von anderen Unternehmen gelieferten Teile problemlos eingebaut werden konnten. Das war bei dem technischen Stand zur damaligen Zeit bei weitem nicht selbstverständlich.[15]
Die einzelnen Arbeitsgemeinschaften (ARGE):
ARGE USA:
(auch komplette europäische Baugruppen wurden in den USA endmontiert)
ARGE Nord (Deutschland/Niederlande):
ARGE West (Belgien):
ARGE Süd (Deutschland):
ARGE Italien:
Das Trägheitsnavigationssystem Typ LN3 der US-Firma Litton wurde in Deutschland (Freiburg) hergestellt, das NASARR-Radargerät in Lizenz bei Telefunken in Ulm – ebenso die Sidewinder Luft‑Luft‑Lenkflugkörper bei der Bodenseewerk Gerätetechnik GmbH (Überlingen).
Canadair (Kanada) war Zulieferer für verschiedene Komponenten der europäischen Fertigung und an Lockheed selbst.
Die F-104 wurde im Rahmen des Military Assistance Program (MAP) an verschiedene Nationen geliefert. Die USAF beschaffte 140 F-104 von Canadair als Offshore Procurement.
Abnahme der F-104 durch die USAF:[16]
Version | 1955 | 1956 | 1957 | 1958 | 1959 | 1960 | 1961 | 1962 | 1963 | 1964 | 1965 | 1966 | SUMME |
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XF-104 | 1 | 1 | 2 | ||||||||||
YF-104A | 17 | 17 | |||||||||||
F-104A | 43 | 110 | 153 | ||||||||||
F-104B | 4 | 22 | 26 | ||||||||||
F-104C | 28 | 49 | 77 | ||||||||||
F-104D | 4 | 17 | 21 | ||||||||||
F-104F Germany | 1 | 29 | 30 | ||||||||||
F-104G MAP | 15 | 24 | 18 | 57 | |||||||||
F-104G MAP Canadair | 2 | 80 | 54 | 4 | 140 | ||||||||
TF-104G MAP | 1 | 23 | 4 | 28 | |||||||||
TF-104G Belgium | 1 | 2 | 3 | ||||||||||
TF-104G Germany | 11 | 47 | 14 | 72 | |||||||||
TF-104G Italy | 12 | 12 | |||||||||||
TF-104G Spain | 1 | 1 | |||||||||||
RF-104G MAP | 24 | 24 | |||||||||||
RF-104G | 15 | 1 | 16 | ||||||||||
SUMME | 1 | 17 | 48 | 164 | 67 | 29 | 0 | 27 | 135 | 130 | 57 | 4 | 679 |
Die Luftwaffe der Bundeswehr hatte 1957 bei der Suche nach einem modernen überschallschnellen Abfangjäger die Wahl zwischen den US-amerikanischen Maschinen Lockheed F-104 „Starfighter“ (Höchstgeschwindigkeit der Rekordversion etwa 2260 km/h), der Grumman F-11F „Tiger“ (Höchstgeschwindigkeit etwa 1170 km/h), der französischen „Mirage III“ (Höchstgeschwindigkeit etwa 2150 km/h) und der sich in der Planungsphase befindlichen britischen Saunders-Roe SR.177 (P177) (Höchstgeschwindigkeit etwa 2400 km/h). Laut Generalleutnant Josef Kammhuber, dem Inspekteur der Luftwaffe, sollte ein Allwetterjäger idealerweise mit einer sehr kurzen Startbahn auskommen und eine Mach-Zahl von über 2 erreichen können, um überschallfähige sowjetische Bomber wie die Mjassischtschew M-50 wirksam bekämpfen zu können. Ein derartiges Flugzeug existierte Ende der 1950er-Jahre allerdings noch nicht.[17] Im Auftrage Kammhubers führte Walter Krupinski im Dezember 1957 Vergleichsflüge der beiden US-amerikanischen Muster in den USA durch. Das Vergleichsfliegen wurde im Mai 1958 in Villaroche mit der Mirage abgeschlossen.[18] Krupinski empfahl im Ergebnis dieser Tests die Beschaffung der F-104. Auch Kammhuber favorisierte nach anfänglichen Zweifeln[19] den „Starfighter“.[20] Daraufhin schlug der damalige Verteidigungsminister Franz Josef Strauß die Einführung des modernen amerikanischen Waffensystems Starfighter vor, obwohl dieses Waffensystem die von deutscher Seite politisch gewünschte Reichweite nicht ermöglichte. Das ermöglichte es einerseits, die verschiedenen bisherigen Kampfflugzeugtypen wie F-86K Sabre, F-84F Thunderstreak und RF-84F Thunderflash durch ein modernes Mehrzweckkampfflugzeug zu ersetzen, andererseits verhalf es der Bundeswehr in Europa zum nötigen politischen Gewicht, um an der festgelegten NATO-Strategie Massive Vergeltung beteiligt zu sein und durch die nukleare Teilhabe ein Mitspracherecht in der atomaren Einsatzplanung zu erhalten.[21]
Die nukleare Teilhabe galt als unverzichtbarer Bestandteil der bundesdeutschen Sicherheitspolitik und ließ nur ein US-amerikanisches Waffensystem als nukleares „Trägermittel“ in Frage kommen, um mit einem eigenen Beitrag unter dem atomaren Schutzschirm der Vereinigten Staaten zu stehen und mit dem neuen Waffensystem militärische Operationen gegen das zu befürchtende offensive Potenzial des Warschauer Paktes führen zu können.[21]
Allerdings wurde das Waffensystem F-104G selbst bald nicht mehr dafür benötigt, um sowjetische Bomber mit Luft-Luft-Raketen in großer Höhe anzugreifen, da ein Großteil der Bomber durch Interkontinentalraketen ersetzt wurde.
Die Bundeswehr setzte von Sommer 1960 bis zur Ausmusterung am 22. Mai 1991 insgesamt 916 Starfighter ein (30 F-104F, 586 F-104G, 163 RF-104G und 137 TF‑104G, davon 35 in den USA). Davon ging knapp ein Drittel, nämlich 269 Maschinen, durch Abstürze verloren. Insgesamt mussten durch Unfälle 300 Maschinen abgeschrieben werden. Einschließlich des letzten tödlichen Unfalls im Jahre 1984 verunglückten 116 Piloten tödlich (108 Deutsche und acht US-Amerikaner).
Am 18. Juli 1966 stürzte Oberleutnant Siegfried Arndt bei einer Schießübung über der Nordsee ab. Er konnte mit dem Schleudersitz rechtzeitig aussteigen. Obwohl der Zerstörer Bayern und das Minensuchboot Düren in der Nähe waren, erfolgte keine sofortige Rettung. Arndt ertrank in der unruhigen See infolge erheblicher Ausrüstungsmängel. Die Düren überfuhr beim Bergungsversuch seinen noch mit dem Fallschirm verbundenen Körper. Vier Wochen später wurde sein Leichnam auf der Nordseeinsel Langeneß geborgen. Nach Strafanzeige seines Vaters wegen Verdachts der fahrlässigen Tötung stellte die Staatsanwaltschaft in Oldenburg das Ermittlungsverfahren bald wieder ein, da Arndt am Absturz selbst schuld und schon am Fallschirm hängend gestorben sei. Erst ein Untersuchungsausschuss des Bundestages, der auf Antrag der sozialdemokratischen Mitglieder des Verteidigungsausschusses eingesetzt worden war, deckte die Mängel der Rettungsaktion und der Ausrüstung auf. Die Ausrüstungsmängel waren schon vor dem Absturz bekannt, wurden aber als Einzelfall abgetan. Nach scharfer Kritik der Bundestagsabgeordneten an der Rettungsaktion und der Verharmlosung der Ausrüstungsmängel durch das Verteidigungsministerium entließ Verteidigungsminister Kai-Uwe von Hassel den Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Werner Panitzki. Ihm folgte Johannes Steinhoff nach, der, mit umfassenden Befugnissen ausgestattet, die Luftwaffe und die Ausbildung reorganisierte.[22][23]
Am 10. März 1970 stürzte der Marineflieger Oberleutnant zur See Joachim von Hassel, Sohn des damaligen Bundestagspräsidenten Kai-Uwe von Hassel, tödlich ab.[24]
Als Jäger wurde der Starfighter in den Jagdgeschwadern 71 und 74, als Jagdbomber in den Jagdbombergeschwadern 31, 32, 33, 34 und 36, als Aufklärer in den Aufklärungsgeschwadern 51 und 52 sowie zur Seezielbekämpfung in den Marinefliegergeschwadern 1 und 2 (auch Aufklärer) eingesetzt. Die Ausbildung erfolgte bei der USAF in den USA sowie bei der Waffenschule der Luftwaffe 10 in Nörvenich (später Jever). Von Mai 1984 bis in den Herbst 1988 existierte darüber hinaus das Kommando F-104 beim Luftwaffenversorgungsregiment 1 in Erding, bei dem all die Flugzeugführer ihre Berechtigungen auf dem Starfighter erhielten, deren Verbände zwar schon auf den Panavia Tornado umschulten, die aber noch nicht die Musterschulung auf dem Nachfolger der F-104 absolvieren konnten.[25] Das Jagdbombergeschwader 31 war am 20. Juni 1962 als erster Verband der deutschen Luftwaffe auf dem Starfighter einsatzbereit.
Die Bundeswehr nutzte dabei die Versionen F-104G in unterschiedlichen Rüstzuständen als Jäger, konventionellen Jagdbomber, Nuklearwaffenträger und zur Seekriegsführung. Daneben wurde die Version RF-104G eingesetzt, die als Aufklärungsversion („Reconnaissance“) mehrere Kameras anstelle der M61-Vulcan-Maschinenkanone an Bord hatte. Zur Ausbildung wurde in den ersten Jahren die F-104F genutzt – ein zweisitziger Trainer auf Basis der F-104D der USAF –, weil die eigentlich vorgesehene TF-104G als ebenfalls zweisitziger Trainer auf Basis der F-104G noch nicht fertig war. Die F-104F wurden schrittweise durch die TF-104G ergänzt bzw. ersetzt und bis April 1971 ausgemustert. Einige F-104 verschiedener Ausführungen waren in den USA mit US-amerikanischen Hoheitszeichen für Ausbildungszwecke stationiert (siehe weiter unten Details zu den Stationierungsorten in Deutschland und den USA).
Nachdem es innerhalb der Luftwaffe bereits einige Kunstflugteams mit verschiedenen Flugzeugmustern in den Flugzeugführerschulen A und B gegeben hatte, die breites Interesse bei der Bevölkerung fanden, und Formationsflüge von bis zu vier F-104F im normalen Übungsflugbetrieb wie auch bei der ersten öffentlichen Vorstellung des Flugzeuges im September 1961 in Fürstenfeldbruck ohne Probleme verliefen, entschied die Bundeswehr, ein Kunstflugteam mit F-104 aufzustellen. Dieses sollte die Fähigkeiten der F-104 demonstrieren. Die erste Darbietung war für den 20. Juni 1962 angesetzt, den Tag der Indienststellung des Starfighters beim JaboG 31. Einen Tag vorher stürzte jedoch die Formation aufgrund eines Pilotenfehlers ab, vier Flugzeugführer fanden den Tod.[26] Die Luftwaffe löste daraufhin alle Kunstflugteams auf.
Bei den Marinefliegern der Bundeswehr wurde ab den 1970er-Jahren ein Display-Team aus zwei Maschinen bei diversen Flugtagen vorgeführt, zum Ende des Jahrzehntes wurden diese Vorführungen wieder eingestellt. Für den Flugtag auf dem Fliegerhorst Eggebek im Jahr 1983 plante man erneut eine einmalige Vorführung mit zwei Starfightern, wobei aber keine Kunstflugmanöver mehr geflogen werden sollten, sondern lediglich Demonstrationen der Taktik. Durch parallelen Flug zu den Zuschauern wurden Risiken im Falle eines Absturzes verringert. Das Konzept erwies sich als überaus erfolgreich, und die Maschinen führten von da an unter dem Namen „Vikings“ weitere Schauflüge durch. Die „Vikings“ erlangten auch im Ausland eine große Popularität und unternahmen eine Abschiedstour quer durch die USA, wobei sogar die Golden Gate Bridge in San Francisco im Tiefflug überflogen werden durfte. Im Inland sorgte dieses Team dafür, den Ruf der F-104 zu verbessern. Den letzten Auftritt auf dem Starfighter hatten die Vikings am 27. September 1986 beim Flugtag des JG 74 in Neuburg.[27]
Der Starfighter wurde in der Bundeswehr bei insgesamt 15 Geschwadern eingesetzt. Von Februar 1962 bis Mai 1991 wurden dabei insgesamt 1.975.646 Stunden erflogen, 269.750 Stunden davon entfielen auf die Ausbildung auf der Luke AFB.[28] Die geringe Anzahl an Flugstunden bei den Aufklärungs- und Jagdgeschwadern sowie beim Jagdbombergeschwader 36 erklärt sich mit der frühen Umrüstung dieser Verbände auf die RF-4E/F-4F Phantom II im Laufe der 1970er-Jahre.
Flugstunden der deutschen Starfighter-Verbände | ||
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Verband | Flugstunden | |
JaboG 31 | 211.412 | |
JaboG 32 | 204.986 | |
JaboG 33 | 231.900 | |
JaboG 34 | 242.785 | |
JaboG 36 | 82.722 | |
JG 71 | 83.182 | |
JG 74 | 81.840 | |
AG 51 | 61.390 | |
AG 52 | 56.571 | |
MFG 1 | 131.915 | |
MFG 2 | 173.070 | |
WaSLw 10 | 123.728 | |
ErpSt/WTD 61 | 10.500 | |
LVR 1 | 9.895 |
Im Zuge der Einführung des Starfighters in die Bundeswehr waren alle Piloten der betroffenen Geschwader auf das neue Flugzeug umzuschulen. Dafür wurde im Januar 1960 in Nörvenich eine vierte Staffel der Waffenschule der Luftwaffe 10 neu aufgestellt. Insgesamt sechs erfahrene Piloten, die als Nukleus des Starfighter-Fluglehrpersonals vorgesehen waren, wurden Anfang 1961 beim Hersteller Lockheed in Palmdale in den USA auf dem Starfighter ausgebildet.[31]
Aus Gründen wie Wetter, unzureichendem technischen Klarstand der Flugzeuge und Mangel an qualifiziertem Personal wurde die erforderliche Anzahl an Umschulungen in Nörvenich nicht erreicht. In dieser Lage boten die USA freie Ausbildungskapazitäten zur Unterstützung bei der Lösung der akuten Probleme an. Von 1962 bis 1963 wurden daher deutsche Piloten bei der 479th Tactical Training Wing der US Air Force auf der George Air Force Base in Kalifornien auf dem Muster F-104D ausgebildet.[32][33][34]
Ohnehin plante Deutschland eine Verlegung des Gros der fliegerischen Ausbildung in die USA, da Wetter, der enge Luftraum, ein Mangel an geeigneten Schießplätzen sowie die Lärmbelastung der Bevölkerung eine Ausbildung im erforderlichen Umfang in Deutschland verhinderten. Ein entsprechender Vertrag mit den USA wurde am 4. April 1963 unterzeichnet.[31]
Die Starfighter-Ausbildung deutscher Piloten direkt aus dem Undergraduate Pilot Training (UPT) begann ab Oktober 1964 auf der Luke Air Force Base (Luke AFB) in Arizona. Deutschland stellte dafür die Flugzeuge. Aus statusrechtlichen Gründen wurden diese von der US Air Force betrieben, erhielten eine amerikanische Zulassung und US-Hoheitsabzeichen. Darüber hinaus übernahm Deutschland alle der USAF entstehenden Kosten. Für die Wartung und Instandhaltung der Flugzeuge wurde ein separater Vertrag mit Lockheed geschlossen.[35]
Die 4510th Combat Crew Training Wing in Luke AFB wurde beauftragt, die deutschen Piloten auszubilden. Deutschland stellte dazu auch einige Fluglehrer ab, die in die USAF Struktur integriert waren. Die Verantwortung für die Ausbildung lag jedoch ausschließlich in der Hand der US Air Force, ohne direkten deutschen Einfluss z. B. auf den Lehrplan. Für die administrative Betreuung und militärische Unterstellung des deutschen Personals in Luke AFB stellte die Luftwaffe die Ausbildungsgruppe F-104 auf, aus der später die 2. Deutsche Luftwaffenausbildungsstaffel USA (2. DtLwAusbStff USA) hervorging. Diese Einheit war nicht in die amerikanische Hierarchie eingegliedert, sondern unterstand dem Deutschen Luftwaffenausbildungskommando USA in El Paso.[31][32][36]
Die F-104-Ausbildung endete mit der Außerdienststellung der 69. TFTS im März 1983.
Teile einer F-104 bildeten – umgebaut zu einem Fahrzeug mit vier Rädern – die Basis für das North American Eagle Project,[37] mit dem der Landgeschwindigkeitsrekord der ThrustSSC aus dem Jahr 1997 gebrochen werden sollte. Am 27. August 2019 verunfallte die Fahrerin Jessi Combs mit der North American Eagle in der Alvord Desert im US-Bundesstaat Oregon schwer und verstarb noch an der Unfallstelle.[38]
Auf Anregung von Verteidigungsminister Franz Josef Strauß komponierte Gerhard Winkler 1961 den Starfighter-Marsch.
Die Elektro-Musikgruppe Welle: Erdball veröffentlichte 2002 das Lied Starfighter F-104G auf ihrem Album Die Wunderwelt der Technik, zu dem auch ein Videoclip existiert.