Das Orchester wurde 1937 und damit drei Jahre nach dem Orchestre National de France als Orchestre Radio-Symphonique durch Radiodiffusion Française in Paris gegründet. Das Dirigat wurde Rhené-Baton anvertraut.[3] Die Radiosinfonie war kleiner besetzt, außerdem spielten einige Musiker parallel auch in anderen Klangkörpern wie in Colonne, Lamoureux und Pasdelou. Im Gegensatz zum französischen Nationalorchester trat es weniger öffentlich in Erscheinung und verzeichnete anfangs keine Auslandskonzerte. Allerdings sendete es häufiger als das Orchestre National de France.[4] Wegen des Kriegsausbruches 1939 zog der Sender ins nordwestfranzösische Rennes, wo er seine Tätigkeit fortsetzte. Nachdem Rhené-Baton im September 1940 verstorben war, übernahm Eugène Bigot fortan die Leitung des desorganisierten Ensembles.[3] Aufgrund der zeitgenössischen französischen Schwerpunktsetzung, bot der Klangkörper deutschen Exilanten in den 1930er und 1940er Jahren keine Möglichkeit zur Aufführung.[5] Mit der Befreiung von Paris 1944 wurde Henry Barraud Musikdirektor beim Rundfunk und reformierte das Orchester.[3]
Im Jahr 1976 ging das Orchester mit anderen Ensembles des Hörfunksenders Radio France, der 1975 gegründet wurde, im Nouvel Orchestre Philharmonique de Radio-France auf, das in verschiedene Gruppen mit unterschiedlichen Schwerpunkten wie Sinfonien, konzertante Aufführungen, Kammermusik und geistliche Musik sowie Neue Musik unterteilt werden kann. Gilbert Amy wurde Musikdirektor, Emmanuel Krivine war zunächst erster Gastdirigent und dann Stellvertreter des Chefdirigenten (1981–1983). Mitte der 1980er Jahre wurde der deutsche Dirigent Marek Janowski zu seinem Nachfolger bestimmt; ab 1988 fungierte er als Musikdirektor. Er pflegte das deutsch-österreichische Repertoire u. a. brachte er 1984 WagnersRheingold nach 27 Jahren Abstinenz in Paris, namentlich dem Théâtre du Châtelet und dem Théâtre des Champs-Élysées, zur Wiederaufführung. Außerdem wurden dem Orchester zahlreiche neue Kompositionen zuteil. Als Pianist diente dem Orchester in dieser Zeit Jean-François Heisser (1976–1985).[6] Seit 1989 trägt das Orchester seinen heutigen Namen Orchestre Philharmonique de Radio France.[3]
Sein Nachfolger wurde der Südkoreaner Chung Myung-whun (2000–2015). In dieser Zeit dirigierte auch Pierre Boulez das Orchester zum ersten Mal. Außerdem nahm es mehrere CDs für die Deutsche Grammophon auf. 2004/05 dirigierte Chung einen Mahler-Zyklus am Théâtre des Champs-Élysées. Gustavo Dudamel und Waleri Gergijew standen 2005 erstmals am Pult des Orchesters. 2006 wurde die Spielstätte Salle Pleyel wiedereröffnet. Ferner ging das Orchester mit France Télévisions eine Kooperation beim von Jean-François Zygel präsentierten Programm Les clefs de l'orchestre ein. 2007 wurden das Orchester und sein Dirigent zum nationalen UNICEF-Botschafter ernannt. 2008 feierte das Orchester den 100. Geburtstag von Olivier Messiaen. Mit Arte Live Web erfolgte zur monatlichen Übertragung eine Vereinbarung. 2010 gastierte das Orchester in Nord- und Südamerika, China, Taiwan und Russland. Im Rahmen des Festival Présences 2011 dirigierte Esa-Pekka Salonen wiederholt den Klangkörper. Überdies gab es Gastkonzerte in Deutschland und dem Vereinigten Königreich (BBC Proms). 2012 wurde ein außergewöhnliches Konzert mit dem nordkoreanischen Unhasu Orchestra veranstaltet. Außerdem dirigierte Dudamel alle Brahms-Sinfonien. 2013 trat das Orchester eine Konzertreise nach China, Südkorea und Japan an. Ein Jahr darauf dirigierte Dudamel Berlioz’ Requiem in der Kathedrale Notre-Dame de Paris und Salonen SchönbergsGurre-Lieder im Salle Pleyel. Im Moskauer Konservatorium trat Chung auf. 2015 gastierte das Orchester in mehreren deutschsprachigen Städten u. a. im Wiener Musikverein und der Berliner Philharmonie.[3]
2015/16 trat der finnische Dirigent Mikko Franck sein Amt an. Unter seiner Leitung gastierte das Orchester mit PuccinisMadama Butterfly beim Festival Chorégies d'Orange 2016. In der Saison 2016/17 tourte das Orchester durch Europa, Südkorea und China. Unter Franck begann eine Erweiterung der Diskographie.[3]
Das Orchester ist Partner der französischen Vermögensgesellschaft Amundi und der Fondation musique et radio.[3]
Das Orchester verfügt über ein ausgefeiltes musikpädagogisches Konzept: In den 2000er Jahren entwickelte es ein eigenes Programm für Jugendliche. 2015 begann das Orchester seine Zusammenarbeit mit der Agentur für das französische Auslandsschulwesen AEFE. Es wurde Tutor des Orchestre des lycées français du monde. Außerdem besteht eine Kooperation mit dem Conservatoire national supérieur de musique et de danse de Paris.[9]
Am 9. September 2007 gab Jacques Hintzy, Präsident des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF) Frankreich, bekannt, dass das Orchester und dessen Musikdirektor Chung zu UNICEF-Botschaftern ernannt wurden; 2008 wurde Chung UNICEF-Sonderbotschafter. Mehrere Musiker begleiteten den Chefdirigenten Ende desselben Jahres zu einer ersten Mission nach Benin. 2018 wurde Chungs Nachfolger Franck UNICEF-Botschafter.[10]
Wiederholt gab das Orchestre Philharmonique de Radio France Konzerte mit und für Kinder u. a. den Petits concerts entre amis.[11]
Alain Pâris: Klassische Musik im 20. Jahrhundert: Instrumentalisten, Sänger, Dirigenten, Orchester, Chöre. 2. erweiterte, völlig überarbeitete Auflage, dtv, München 1997, ISBN 3-423-32501-1, S. 979–981.
↑Alan Pedley: radio (state owned). In: Alex Hughes, Keith Reader (Hrsg.): Encyclopedia of Contemporary French Culture. Routledge, London 1998, ISBN 0-415-13186-3, S. 452 f.
↑Vgl. Alain Pâris: Klassische Musik im 20. Jahrhundert: Instrumentalisten, Sänger, Dirigenten, Orchester, Chöre. 2. erweiterte, völlig überarbeitete Auflage, dtv, München 1997, ISBN 3-423-32501-1, S. 979 f.
↑ abJoseph E. Potts: European Radio Orchestras-III. In: The Musical Times 96 (1955) 1353, S. 584–586, hier: S. 585.
↑Beate Angelika Kraus: Exilmusik auf Frankreichs Bühnen? Musiktheater in Paris von 1933 bis 1944. In: Peter Petersen, Claudia Maurer Zenck (Hrsg.): Musiktheater im Exil der NS-Zeit: Bericht über die internationale Konferenz am Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Hamburg, 3. bis 5. Februar 2005 (= Musik im "Dritten Reich" und im Exil. Bd. 12). v. Bockel, Hamburg 2007, ISBN 3-932696-68-9, S. 89–115, hier: S. 110.
↑Vgl. Alain Pâris: Klassische Musik im 20. Jahrhundert: Instrumentalisten, Sänger, Dirigenten, Orchester, Chöre. 2. erweiterte, völlig überarbeitete Auflage, dtv, München 1997, ISBN 3-423-32501-1, S. 980.
↑Vgl. Alain Pâris: Klassische Musik im 20. Jahrhundert: Instrumentalisten, Sänger, Dirigenten, Orchester, Chöre. 2. erweiterte, völlig überarbeitete Auflage, dtv, München 1997, ISBN 3-423-32501-1, S. 980 f.
↑Karsten Steiger: Opern-Diskographie: Verzeichnis aller Audio- und Video-Gesamtaufnahmen. 2., vollständig aktualisierte und erweiterte Ausgabe, Saur, München 2008, ISBN 978-3-598-11784-8, S. 62.
↑Karsten Steiger: Opern-Diskographie: Verzeichnis aller Audio- und Video-Gesamtaufnahmen. 2., vollständig aktualisierte und erweiterte Ausgabe, Saur, München 2008, ISBN 978-3-598-11784-8, S. 260.
↑Karsten Steiger: Opern-Diskographie: Verzeichnis aller Audio- und Video-Gesamtaufnahmen. 2., vollständig aktualisierte und erweiterte Ausgabe, Saur, München 2008, ISBN 978-3-598-11784-8, S. 109.
↑Karsten Steiger: Opern-Diskographie: Verzeichnis aller Audio- und Video-Gesamtaufnahmen. 2., vollständig aktualisierte und erweiterte Ausgabe, Saur, München 2008, ISBN 978-3-598-11784-8, S. 30.
↑Karsten Steiger: Opern-Diskographie: Verzeichnis aller Audio- und Video-Gesamtaufnahmen. 2., vollständig aktualisierte und erweiterte Ausgabe, Saur, München 2008, ISBN 978-3-598-11784-8, S. 261.
↑Karsten Steiger: Opern-Diskographie: Verzeichnis aller Audio- und Video-Gesamtaufnahmen. 2., vollständig aktualisierte und erweiterte Ausgabe, Saur, München 2008, ISBN 978-3-598-11784-8, S. 92.
↑Karsten Steiger: Opern-Diskographie: Verzeichnis aller Audio- und Video-Gesamtaufnahmen. 2., vollständig aktualisierte und erweiterte Ausgabe, Saur, München 2008, ISBN 978-3-598-11784-8, S. 63.
↑Karsten Steiger: Opern-Diskographie: Verzeichnis aller Audio- und Video-Gesamtaufnahmen. 2., vollständig aktualisierte und erweiterte Ausgabe, Saur, München 2008, ISBN 978-3-598-11784-8, S. 346.
↑Karsten Steiger: Opern-Diskographie: Verzeichnis aller Audio- und Video-Gesamtaufnahmen. 2., vollständig aktualisierte und erweiterte Ausgabe, Saur, München 2008, ISBN 978-3-598-11784-8, S. 110.
↑Karsten Steiger: Opern-Diskographie: Verzeichnis aller Audio- und Video-Gesamtaufnahmen. 2., vollständig aktualisierte und erweiterte Ausgabe, Saur, München 2008, ISBN 978-3-598-11784-8, S. 43.