Great Books of the Western World ist eine 54-bändige Buchreihe, die 1952 in den Vereinigten Staaten von Encyclopædia Britannica, Inc. veröffentlicht wurde.[1]
Die in der Buchreihe enthaltenen Bücher wurden nicht aufgrund ihrer ethnischen und kulturellen Zugehörigkeit, ihres historischen Einflusses oder der Übereinstimmung der Herausgeber mit den Ansichten der Autoren ausgewählt. Die Redakteure der 1. Auflage des Werkes nahmen ein Buch dann in die Great Books of the Western World auf, wenn es alle folgenden Kriterien erfüllte:
Die anfänglichen Verkäufe der Buchreihe waren schlecht, so dass die Verkaufsstrategie auf einen Haustürverkauf umgestellt wurde, der wesentlich erfolgreicher war.[3]
Eine zweite Ausgabe der Great Books of the Western World wurde 1990 in 60 Bänden veröffentlicht. Für diese Ausgabe wurden einige der Buchübersetzungen aktualisiert, einige Werke wurden entfernt und es erfolgten wichtige Ergänzungen von Autoren aus dem 20. Jahrhundert.[1]
Das Projekt für die Erstellung der Buchreihe Great Books of the Western World begann an der University of Chicago. Der Präsident der Universität, Robert Hutchins, arbeitete gemeinsam mit Mortimer Adler an einem für Geschäftsleute bestimmten Lehrgang, der deren Lücken in den „sieben freien Künsten“ schließen sollte. Die Hörer des Lehrgangs sollten zu umfasst gebildeten Menschen gemacht werden, die mit den „bedeutenden Büchern des westlichen Bildungskanon“ vertraut sind und die die großen Menschheitsideen kennen, die im Laufe von drei Jahrtausenden entwickelt wurden.[1] Einer der Schüler des Projektes war William Benton (später US-Senator und Geschäftsführer des Verlages Encyclopædia Britannica, Inc.). Benton schlug den beiden Professoren vor, die besten Bücher des westlichen Kanons auszuwählen und ungekürzte Ausgaben dieser Werke bei Encyclopædia Britannica, Inc. zu veröffentlichen.[1]
Nachdem entschieden war, welche Themen und Autoren in die Buchreihe einbezogen und wie die Materialien präsentiert werden sollten, wurde das Projekt mit einem Budget von zwei Millionen US-Dollar gestartet. Am 15. April 1952 konnten die Great Books of the Western World bei einer Veröffentlichungsparty im Waldorf-Astoria Hotel in New York City vorgestellt werden. In seiner Rede sagte Hutchins[1]:
“This is more than a set of books, and more than a liberal education. Great Books of the Western World is an act of piety. Here are the sources of our being. Here is our heritage. This is the West. This is its meaning for mankind.”
„Das ist mehr als eine Buchreihe und mehr als Erziehung in den ‚sieben freien Künsten‘. Great Books of the Western World ist ein Akt der Frömmigkeit. Die Bücher enthalten die Quellen unseres Seins. Sie enthalten unser kulturelles Erbe. Dies ist der Westen. Das ist seine Bedeutung für die Menschheit.“
Die ersten beiden Ausgaben der Buchserie wurden an Elizabeth II., Königin des Vereinigten Königreichs, und Harry S. Truman, den amtierenden US-Präsidenten übergeben.
Die anfänglichen Verkäufe der Buchreihe waren schlecht. 1952 wurden nur 1.863 Stück verkauft und 1953 weniger als ein Zehntel dieser Anzahl.[3] Ein Finanzdebakel zeichnete sich ab, bis Encyclopædia Britannica Inc. die Verkaufsstrategie änderte und die Buchreihe durch erfahrene Haustür-Verkäufer vertreiben ließ. 1961 wurden durch diese Verkaufsmethode 50.000 Buchreihen verkauft.
1963 veröffentlichten die Herausgeber zur Verkaufsunterstützung das Werk Gateway to the Great Books, eine zehnbändige Reihe von Leseproben, dazu gedacht, die Autoren und die Themen der Great Books of the Western World vorzustellen. Außerdem veröffentlichten die Herausgeber von 1961 bis 1998 das Buch The Great Ideas Today, eine jährliche Aktualisierung über die Anwendbarkeit der Great Books auf das zeitgenössische Leben.[3][4]
Im Internet und auf E-Book-Readern sind einige der Great Books of the Western World verfügbar.[1]
Ursprünglich in 54 Bänden veröffentlicht, enthält Great Books of the Western World Werke der Kategorien Belletristik, Geschichte, Lyrik, Naturwissenschaften, Mathematik, Philosophie, Schauspielkunst, Politik, Religion, Wirtschaftswissenschaften und Ethik. Robert Hutchins verfasste den ersten Band der Buchserie mit dem Titel „The Great Conversation“ als Einleitung und Diskurs über die „sieben freien Künste“. Mortimer Adler und ein Team von Indizierern steuerten mit „The Great Ideas: A Syntopicon“ den zweiten und dritten Band bei, um die Einheit der Buchreihe und damit des westlichen Denkens im Allgemeinen zu betonen.[1] Die Indizierer verbrachten Monate damit, Bezüge zu Themen wie zum Beispiel „Die Freiheit des Menschen in Bezug auf den Willen Gottes“ zu sammeln. Sie gruppierten die Themen in insgesamt 102 Kapiteln, für die Adler Einführungen schrieb.[3]
Vier Farben kennzeichnen jeden Band der Buchserie nach den Fachgebieten Belletristik, Mathematik und Naturwissenschaften, Geschichte und Sozialwissenschaften sowie Philosophie und Theologie.
Die Bände der ersten Ausgabe der Great Books of the Western World enthalten die folgenden Werke:[5]
Band 1
Band 2
Band 3
Band 4
Band 5
Band 6
Band 7
Band 8
Band 9
Band 10
Band 11
Band 12
Band 13
Band 14
Band 15
Band 16
Band 17
Band 18
Band 19
Band 20
Band 21
Band 22
Band 23
Band 24
Band 25
Band 26
Band 27
Band 28
Band 29
Band 30
Band 31
Band 32
Band 33
Band 34
Band 35
Band 36
Band 37
Band 38
Band 39
Band 40
Band 41
Band 42
Band 43
Band 44
Band 45
Band 46
Band 47
Band 48
Band 49
Band 50
Band 51
Band 52
Band 53
Band 54
Die zweite Ausgabe der Great Books of the Western World, erschienen 1990, verzeichnete eine Erweiterung der Buchreihe von vierundfünfzig auf sechzig Bände mit aktualisierten Übersetzungen. Die sechs neuen Bände beinhalten Werke des 20. Jahrhunderts, in der Erstausgabe war Sigmund Freud für diesen Zeitraum der einzige Vertreter gewesen. Die ursprünglichen vierundfünfzig Bände der Buchreihe wurden neu arrangiert, mit mehr Zusatzmaterial aus dem 20. Jahrhundert versehen und es wurden vier Texte gelöscht und zwar: On Conic Sections (im Deutschen: Über Kegelschnitte) von Apollonius, Tristram Shandy (im Deutschen: Leben und Ansichten von Tristram Shandy, Gentleman) von Laurence Sterne, Tom Jones (im Deutschen: Tom Jones: Die Geschichte eines Findelkindes) von Henry Fielding und Analytical Theory of Heat (im Französischen: Théorie analytique de la chaleur) von Joseph Fourier.[1]
Später bedauerte Mortimer Adler, dass er On Conic Sections und Tom Jones fallen gelassen hatte. Adler war auch mit der Aufnahme von Voltaires Candide (im Deutschen: Candide oder der Optimismus) unzufrieden und bemängelte, dass das Syntopicon keine Verweise auf den Koran enthielt. Außerdem kritisierte er, dass die Buchreihe zu stark westeuropäisch geprägt sei und zu wenig Frauen und Minderheiten als Autoren hatte.[6]
Die Bände der zweiten Ausgabe der Great Books of the Western World enthalten die folgenden Werke:[5]
Band 1 – Band 19
Band 20
Band 21 – Band 22
Band 23
Band 24 – Band 30
Band 31
Band 32 – Band 33
Band 34
Band 35 – Band 42
Band 43
Band 44
Band 45
Band 46
Band 47
Band 48
Band 49 – Band 51
Band 52
Band 53 – Band 54
Band 55
Band 56
Band 57
Band 58
Band 59
Band 60
Die Auswahl der in den Great Books of the Western World enthaltenen Autoren wurde kritisiert, einige lehnten das Projekt als „Feier für tote europäische Männer“, die die Werke von Frauen und außereuropäischen Autoren ignorieren, ab.[7][8] Die diesbezügliche Kritik wurde lauter im Gleichklang mit dem Anwachsen der feministischen und Bürgerrechtsbewegung.[1][9] In ähnlicher Weise kritisiert Norman Davis in seinem Buch Europe: A History die Zusammenstellung der Buchreihe, da bestimmte Teile der westlichen Welt, vor allem das Vereinigte Königreich und die USA, überrepräsentiert seien, während andere Teile, insbesondere Osteuropa, fehlen. Nach seiner Berechnung enthält die Buchreihe 151 Autoren in beiden Ausgaben, davon 49 englische oder amerikanische Autoren, 27 Franzosen, 20 Deutsche, 15 „alte“ Griechen, 9 „alte“ Römer, 4 Russen, 4 Skandinavier, 3 Spanier, 3 Italiener, 3 Iren, 3 Schotten und 3 Osteuropäer. Vorurteile und Präferenzen, so schließt er, sind augenscheinlich.[1]
Die Herausgeber der Great Books of the Western World bezeichneten diese Kritiken als argumentum ad hominem. Solche Kritiken würden die Bedeutung von Büchern allein aufgrund von generischen, ungenauen und möglicherweise irrelevanten Merkmalen der Autoren der Bücher bewerten und nicht wegen ihres Inhalts selbst.[1][10]
Andere Kritiker meinten, dass zwar die ausgewählten Autoren würdig für die Aufnahme in die Buchserie seien, dass aber zu viel Gewicht auf die Vollständigkeit ihrer Werke gelegt worden sei, anstatt eine größere Anzahl von Autoren mit ihren repräsentativsten Werken aufzunehmen. Zum Beispiel seien alle Stücke von Shakespeare in der Buchreihe enthalten.[1]
Die zweite Auflage des Gesamtwerkes enthielt daher bereits 130 Autoren und 517 Einzelwerke. Die Herausgeber wiesen außerdem darauf hin, dass das Syntopicon mit seinen weiterführenden Literaturhinweisen zu jedem Thema den interessierten Leser auf viele weitere Autoren verweist.[11]
Die Auswahl der naturwissenschaftlichen und mathematischen Werke wurde kritisiert, weil sie für den Durchschnittsleser unverständlich sei, vor allem, weil es keinen textkritischen Apparat gebe.
Die zweite Ausgabe hat zwei wissenschaftliche Arbeiten von Apollonius und Fourier fallen lassen, teilweise wegen der wahrgenommenen Schwierigkeiten für den Durchschnittsleser. Gleichwohl meinen die Herausgeber standhaft, dass Durchschnittsleser weit mehr verstehen, als die Kritiker vermuten.[1]
Da die große Mehrheit der in den Great Books of the Western World enthaltenen Werke noch von anderen Verlagen gedruckt wurde, meinte ein Kritiker das Unternehmen hätte zwei Millionen Dollar sparen und einfach eine Liste der „großen Bücher“ veröffentlichen können. Ein weiterer Kritikpunkt bemängelte die dichte Formatierung der Buchreihe, die die Lesbarkeit erschwere.
Der aggressive Vertrieb der Buchreihe durch Encyclopædia Britannica, Inc. brachte trotz dieser Mängel solide Verkäufe.[12] Die zweite Ausgabe wählte Übersetzungen aus, die allgemein als Verbesserung angesehen wurden, die beengte Typografie blieb jedoch bestehen. Durch Lesepläne und das Synopticon versuchten die Redakteure die Leser strukturiert durch die Buchreihe zu führen.[1][13]