Johann Christian war ein Sohn des bis 1762 als Geheimer Kanzlist und später als Geheimer Registrator in Hannover tätigen Johann Hermann Kestner[3] und dessen am 26. April 1736 in Wiebrechtshausen geheirateter zweiter Ehefrau Dorothea Gertrud,[4] Tochter des Kurfürstlich Braunschweig-Lüneburgischen Amtsmannes im Kloster Fredelsloh Johann Christian Tolle. Ähnlich wie zuvor seine drei älteren Brüder, darunter der spätere Kammersekretär Otto Christian Kestner (* 1731), studierte auch Johann Christian Kestner ab dem 23. Oktober 1762 Rechtswissenschaften an der Georg-August-Universität in Göttingen. In der dortigen Historischen Akademie hörte er unter anderem Anfang 1765 Vorträge des nur zehn Monate jüngeren Georg Christoph Lichtenberg.[3] Der literarisch gebildete Kestner stand während seines Studiums in Kontakt zu verschiedenen Mitgliedern des Göttinger Hainbunds. Aus gesundheitlichen Gründen brach er sein Studium dann jedoch ab.[1]
Von 1767 bis 1773 wirkte Kestner als Sekretär des kurhannoverschen Hofrats Johann Philipp Conrad Falcke. Während eines dienstlichen Aufenthaltes in Wetzlar tätig, lernte er Charlotte Buff kennen, die Tochter des Amtmanns am dortigen Deutschordenshof, und verlobte sich mit ihr. Der junge Johann Wolfgang Goethe war 1772 Praktikant am Reichskammergericht in Wetzlar und wurde mit beiden bekannt.[1] Er verliebte sich in die anmutige und lebensfrohe 19-jährige „Lotte“, als jene bereits versprochen war. Diese Liebe und der Suizid eines jungen Juristen-Kollegen mit Kestners geliehener Pistole wegen einer unglücklichen Liebe bildeten den Anlass und „Rohstoff“ für Goethes berühmten Brief-Roman Die Leiden des jungen Werthers, erschienen 1774. Die Lotte im Roman trägt Züge der wirklichen Charlotte; für die Leser war auch der Albert im Roman eine Charakterisierung ihres Ehemannes Kestner.
Nachdem Johann Christian Kestner am 19. März 1773 eine Festanstellung am Calenberger Archiv erhalten hatte, heiratete er kurz darauf am 4. April 1773 in Wetzlar Charlotte Buff, mit der er dann zwölf Kinder bekommen sollte.[1] Der älteste Sohn Georg (1774–1867) war Goethes Patenkind. Der 1777 geborene Sohn August wurde Diplomat und Kunstsammler, der zwei Jahre später geborene Theodor Mediziner.
Die Familie wohnte zuerst in der Aegidienstraße, zuletzt in der Großen Wallstraße, dem heutigen Georgswall, wo später auch eine Gedenktafel für Charlotte angebracht wurde: Zahlreiche bekannte Persönlichkeiten verkehrten in dem hannoverschen Haus[1] unter der – heutigen – Adresse Georgswall 3.[5] Zu den Gästen zählten der Schriftsteller Heinrich Christian Boie, der Jurist Ernst Brandes, der Diplomat Basilius von Ramdohr, der Staatsmann und Philosoph August Wilhelm Rehberg oder der Mediziner und Gelehrte Johann Georg Zimmermann.[1]
Wilhelm Georg Konrad Arnold Kestner (* 2. Mai1775 in Hannover; † 22. November1848 in Bremen), Richter in Osterode am Harz, kgl. hann. Amtmann mit Sitz in der Burg Hagen im Bremischen (Kr. Cuxhaven); ⚭ Johanna Dorothea Friederike Sophie Luise Iffland (* 29. Juli1784 in Hannover; † 8. April1871)
Alfred Schröcker (Hrsg.): Die wahre Brunnenfreiheit. Das Kurtagebuch des Johann Christian Kestner vom 9. bis 30. Juli 1765 in Bad Rehburg. Wehrhahn, Laatzen 2005, ISBN 3-86525-023-8.
Alfred Schröcker (Hrsg.): „Du bist ein Sterblicher!“. Gedichte des jungen Johann Christian Kestner (1760/61). Wehrhahn, Laatzen 2006, ISBN 3-86525-044-0.
Alfred Schröcker (Hrsg.): „Reise auf den Harz“. Tagebuch vom 24. Dezember 1763 bis 3. Januar 1764. Mit einem Nachwort von Alfred Schröcker. Wehrhahn, Hannover 2013, ISBN 978-3-86525-336-1.
Johann Christian Kestner: Die Brockenreise. Tagebuch vom 10. bis 16. August 1789. Herausgegeben und kommentiert von Alfred Schröcker. Hannoversche Geschichtsblätter NF 69 (2015), S. 162–177.
Ruth Rahmeyer: Werthers Lotte. Goethes Liebe für einen Sommer. Die Biographie der Charlotte Kestner (= Insel-Taschenbuch, Bd. 2272), Frankfurt am Main; Leipzig: Insel-Verlag, 1999, ISBN 978-3-458-33972-4 und ISBN 3-458-33972-8
Rüdiger R. E. Fock: Die Kestner. Eine deutsch-französisch-schweizerische Familie macht Geschichte(n). Schnell Buch und Druck, Warendorf 2009, ISBN 978-3-87716-706-9.
Alfred Schröcker: Johann Christian Kestner. Der Eigendenker. Eine Jugend in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Wehrhahn, Laatzen 2011, ISBN 978-3-86525-184-8.
↑ abcdefghiHugo Thielen: Kestner, (6), Johann Georg Christian sowie Kestner, (1) Charlotte Sophie Henriette, in: Hannoversches Biographisches Lexikon, S. 196, 197
↑ abAlfred Schröcker: Johann Christian Kestner erlebt Lichtenbergs Vortragin der Historischen Akademie zu Göttingen, in: Lichtenberg-Jahrbuch, herausgegeben im Auftrag der Lichtenberg Gesellschaft; ohne Datum, S. 165ff.: als PDF-Dokument auf der Seite der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt